Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)
zurück.«
»Er hat nicht geklingelt.«
»Der Junge trug aber keinen Schlafanzug.«
»Er hatte einen an. Der Vater hat ihn umgezogen.«
»Er hat ihn gezwungen, sich wieder anzuziehen.«
»Nein, er hat es freiwillig getan.«
»Warum?«
»Lassen wir den Pyjama.«
»Er hat sein jüngstes Kind am Leben gelassen.«
»Das Baby ist der Schlüssel in dieser Geschichte«, sagte Winter.
»Er war der Vater von allen drei Kindern.«
»Er wusste es.«
»Er wusste es nicht.«
»Er hatte einen Verdacht.«
»Er hat schon seit mehreren Tagen nicht mehr mit seiner Frau gesprochen.«
»Behauptet er.«
»Wir haben kein Gespräch gefunden. Uns liegt eine Liste von allen Anrufen vor.«
»Wir haben Anrufe von Handys mit Kontaktkarte.«
»Genau drei.«
»Wer hat angerufen?«
»Er.«
»Das war nicht er, keiner der Anrufer«, sagte Winter.
»Wer dann?«
»Es war der Mörder.«
»Alle drei?«
»Zumindest ein Anruf.«
»Warum nur einer?«
»Der Mörder wollte den Hund kaufen. Er hat wegen der Annonce angerufen.«
»Warum ein Telefongespräch, das nicht gespeichert wird?«
»Weil er morden wollte«, sagte Winter.
»In dem Moment wusste er schon, dass er morden wollte?«
»Ja.«
»Er wusste, wie viele Personen sich im Haus befanden.«
»Er ist schon einmal dort gewesen.«
»Er ist mehrere Male dort gewesen.«
»Im Haus?«
»Nein. Davor.«
»Hat er sich in der Nachbarschaft bewegt? Sichtbar?«
»Ja.«
»Dann hängt es nicht mit der Hundeannonce zusammen«, sagte Winter.
»Er ist noch nie dort gewesen. Seine Chance war die Hundeanzeige.«
»Er hat auf eine Chance gewartet.«
»Er wollte jemanden umbringen. Irgendjemanden. Irgendwelche.«
»Er hat das kleine Kind gar nicht bemerkt.«
»Er hatte alle Hände voll zu tun.«
»Er glaubte, dass er nicht viel Zeit hatte.«
»Aus welchem Grund hat er das geglaubt?«
»Es wurde hell.«
»Wir sind mitten im Winter. Da wird es nie hell.«
»Es war Morgen. Vielleicht Nachmittag.«
»Die Sonne ging gerade unter.«
»Die war noch nicht einmal aufgegangen.«
»Es war schon dunkel.«
»Schlimmer, es dämmerte.«
»Er wurde erwartet.«
»Es war kein Problem für ihn, ins Haus zu gelangen.«
»Er ist nicht lange geblieben.«
»Er hat den Hund mitgenommen.«
»Den wollte er haben. Deswegen ist er gekommen.«
»Auf der Fahrt zum Haus hat er an nichts anderes gedacht als an den Hund.«
»Bis er in der Diele stand.«
»In dem Augenblick war er gezwungen, es zu tun. Als er sie das erste Mal sah, musste er es tun.«
»Manchmal tut man Dinge, die man nicht geplant hat.«
»Aber der Mörder hat die Morde geplant«, sagte Ringmar und stand auf. Er hatte die ganze Zeit in derselben Haltung dagesessen, leicht vorgebeugt, Kreuz und Schultern angespannt. Jetzt hatte er Schmerzen in der Schulter.
»Er hatte es schon lange geplant«, sagte er.
»Seit er sich mit Sandra angefreundet hat?«
»Nein.«
»Erst viel später?«
»Viel früher.«
»Es ist immer in ihm gewesen.«
»Es hängt also nicht mit Sandra und den Kindern zusammen?«
»Natürlich hing es zusammen.«
»Er hat eine Zeitlang ein Verhältnis mit Sandra gehabt, aber nicht lange.«
»Sie haben einige Tage vor dem Mord miteinander geschlafen.«
»Zwei, drei Tage vorher.«
»Es ist nicht im Zusammenhang mit dem Mord passiert.«
»Nichts dergleichen.«
»Er hat sich ungehindert im Haus bewegt.«
»Er war dort wie zu Hause.«
»Er hat es als sein Zuhause betrachtet.«
»Er wollte dort einziehen«, sagte Ringmar.
Winter stand ebenfalls auf. Er spürte die Feuchtigkeit zwischen den Schulterblättern, einen Schweißfilm auf der Kopfhaut. Es war lange her, seit sie zuletzt ihren Gedanken auf diese Weise freien Lauf gelassen, einige wieder eingesammelt, erneut Netze ausgeworfen hatten.
»Daraus ist nichts geworden«, sagte Winter.
»Sie hat ihm gesagt, dass er nicht mehr willkommen ist.«
»Aus und vorbei«, sagte Winter.
»Irgendetwas ist passiert.«
»Ich will dich nie wiedersehen, hat sie gesagt.«
»Das war nicht geplant.«
»Seine ganze Welt ist zusammengebrochen«, sagte Ringmar.
»Er wollte nicht allein zusammenbrechen«, sagte Winter.
»Das ist er aber«, sagte Ringmar.
Winter nickte schweigend. Er versuchte ein Gesicht vor seinem inneren Auge zu sehen. Irgendwo gab es ein Gesicht. Daneben stand ein kleines Kind und winkte.
»Das ist er«, sagte er.
»Sind wir uns einig?«
»Nein.«
»Sein eigenes Kind wollte er nicht umbringen.«
»Nein.«
»Der Wahnsinn hat eine
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