Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)
sie hier gewesen?«
Sie betrachteten wieder das Bild.
»Wie lange gibt es das Restaurant schon? Seit wann betreiben Sie es?«
»Viele Jahre«, sagte die Frau.
»Entschuldigung, ich habe Ihren Namen nicht verstanden«, sagte Winter.
»Peggy.« Die Frau lächelte.
»Okay, Peggy, können Sie etwas genauer sein?«
»Sechs Jahre haben wir das Lokal, wir haben viele Stammgäste.«
»Das kann ich gut verstehen. War die Frau eine von ihnen?«
Peggy sah erneut auf das Bild.
»Nein, kein Stammgast.«
Eine der anderen Frauen sagte etwas zu ihr in einer Sprache, die Winter nicht verstand, vermutlich Thai, weich und spitz zugleich. Er war noch nie in Thailand gewesen, das machte ihn unter Schweden zu einer Ausnahme. Peggy gab der anderen Frau das Bild. Sie schaute es an, sah auf, sagte wieder etwas.
»Sie sagt, sie erkennt die Frau«, übersetzte Peggy. »Sie kann sich nicht so gut auf Schwedisch ausdrücken, weil sie noch nicht lange hier ist. Sie ist meine jüngere Schwester und ist vor einem halben Jahr aus Chiang-M …«
»Erkennt sie?«, unterbrach Winter die Familienchronik. »Sie hat sie gesehen?« Er wandte sich an die Schwester. »Sie haben die Frau gesehen?«
Die Schwester zuckte zurück. Er musste drohend ausgesehen haben. Er versuchte zu lächeln.
»Sie war hier«, sagte die Schwester. Sie schaute zu einem Tisch am Fenster, einem von fünf Tischen des Lokals. An dem Tisch hat Sandra gesessen, dachte er.
»Erkennen Sie sie?«
Die Schwester schaute wieder auf das Bild, dann zu Winter, wieder auf das Bild. Sie sagte etwas zu Peggy.
»Sie erkennt das Haar«, sagte Peggy. »Und das Kleid.«
»Das Kleid?«
»Sie erkennt das Kleid«, wiederholte Peggy und wies mit dem Kopf auf das Foto in der Hand ihrer Schwester. »Sie trägt ein Kleid«, fügte sie hinzu, als wollte sie Winter erklären, was Sandra am Körper trug.
»Das Kleid?«, sagte Winter und sah Ringmar an und dann Peggy. »Es ist dasselbe Kleid.«
»Ich verstehe nicht«, sagte Peggy.
»Da gibt es nichts zu verstehen«, sagte Winter. »Aber Sie erkennen sie nicht? Oder …« Er deutete mit dem Kopf auf die dritte Frau.
»Ich erkenne sie nicht«, antwortete sie. »Es muss an einem Tag gewesen sein, als Lan serviert und kassiert hat, um es zu üben. Wir waren in der Küche und haben gekocht. Lan hat sie erkannt.«
Winter sah die Durchreiche zur Küche. Von dort war der Gastraum nicht einsehbar. Es war keine große Küche.
Winters Blick kehrte zu Lan zurück.
»Ist sie viele Male hier gewesen?«
Lan schüttelte den Kopf und sagte etwas.
»Nur einmal«, übersetzte Peggy.
»Können Sie sich erinnern, wann das war?« Winter ließ Lan nicht aus den Augen. Sie schien keine Angst mehr zu haben.
»Was ist mit ihr passiert?«, fragte Peggy.
»Das erzähle ich Ihnen gleich«, sagte Winter, »aber erst noch die Frage an Lan, wann sie diese Frau gesehen hat?«
Peggy übersetzte die Frage. Lan antwortete auf Thai.
»Daran kann sie sich nicht erinnern. Aber sie weiß, dass sie erst wenige Monate in Schweden war. Dann kann man es wohl ausrechnen?«
»Das kann man«, sagte Winter. »Ich habe nur noch eine Frage. War die Frau allein?«
»Nicht allein«, antwortete Lan auf Schwedisch.
»Sie war nicht allein?«
»Da saß einer mehr«, sagte Lan.
»Einer mehr?«
Lan sagte etwas zu Peggy.
»Es war ein Mann«, übersetzte Peggy.
»Hatten Sie ihn vorher schon einmal gesehen?«
»Nein«, sagte Lan.
»Haben die beiden zusammen gesessen?«
»Ja.«
»Sind sie zusammen hereingekommen?«
»Ja.«
»Haben Sie gehört, worüber sie gesprochen haben?«
»Nein.«
»Würden Sie den Mann erkennen, wenn Sie ihn sehen?«
»Ich weiß es nicht.«
»Wäre er schwer zu erkennen?«
Lan sagte wieder etwas auf Thai. Peggy fragte etwas auf Thai und bekam eine Antwort.
»Er hatte einen Bart«, übersetzte Peggy. »Lan sagt, den kann er ja abrasiert haben.«
Verdammter Bart, dachte Winter.
»Wie war er gekleidet?«, fragte er.
Peggy gab die Frage an Lan weiter. Sie sagte etwas und schüttelte den Kopf.
»Sie kann sich nicht erinnern.« Peggy sah Winter an.
»Aber an das Kleid der Frau kann sie sich erinnern.«
»Das ist leichter.«
»Warum ist das leichter?«
»Das würden Sie verstehen, wenn Sie eine Frau wären.«
»Vielleicht fällt es ihr wieder ein, wenn sie Zeit zum Nachdenken hat.«
»Ja. Wer ist diese Frau? Warum wollen Sie sie finden?«
»Wir wollen sie nicht finden. Sie ist ermordet worden.«
»Oh!« Peggy schlug die Hand vor den Mund.
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