Das dunkle Labyrinth: Roman
Keine schöne Art zu sterben.«
Monk sah, wie Rathbone angewidert seine Lippen verzog, und musste unwillkürlich grinsen. »Bestimmt nicht, Sergeant«, sagte er. »Das verspreche ich Ihnen.«
Orme nickte knapp, dann verschwand er hinter Runcorn in der Finsternis, die binnen Sekunden auch das Licht ihrer Lampe verschluckte.
Rathbone holte tief Luft, ehe er Crow mit steifen Schritten folgte, ohne auch nur ein Mal zurückzublicken. Vielleicht hatte er Angst, den Mut zum Weitergehen zu verlieren.
Fünfundzwanzig Minuten danach traf Sutton ein, wie immer in Begleitung seines kleinen Hundes. »Schlimme Sache, Mr. Monk«, stieß er grimmig hervor. »Wo wollen Sie anfangen?«
Die Entscheidung war schon vorher getroffen worden. »Die anderen vier wollen ermitteln, ob Sixsmith jemals mit dem Mörder gesehen wurde, und falls ja, wann und von wem. Ich selbst möchte mehr über die Gefahr eines Einsturzes erfahren, die Havilland so große Sorgen bereitet hatte, und darüber, wie viel Sixsmith davon wusste.«
»Sie meinen, ob er das letzte Unglück hätte verhindern können?« Sutton runzelte die Stirn. »Irgendwie ergibt das keinen Sinn, Mr. Monk. Wenn er was wusste, warum hat er seine Leute dann nich’ einfach vorsichtiger arbeiten lassen? Von so einem Einsturz hat doch auch er nix!«
Sie schickten sich an, tiefer in den Tunnel hineinzugehen.
»Als ich ihn noch für unschuldig hielt«, erklärte Monk, »nahm ich an, er würde nur Argylls Befehle ausführen und hätte keine Wahl. Ich ging davon aus, dass jede Befürchtung, die er Argyll mitgeteilt hätte, ignoriert worden wäre. Aber vielleicht stimmt auch das nicht. Ist er ein eiskalter Verbrecher oder einfach nur unfähig?«
»Aber warum hätte er Havilland überhaupt töten wollen?«, fragte Sutton. »Doch nur, um dafür zu sorgen, dass keiner von den Gefahren erfährt, oder?«
»Ja. Aber das heißt nicht notwendigerweise, dass er ihm glaubte. Er könnte gedacht haben, Havilland betreibe ein Geschäft mit der Angst.«
»Vielleicht«, brummte Sutton.
Als Erstes gingen sie zu den Navvys, die den neuen Tunnel aushoben, um dort ihre Fragen zu stellen. Sie beeilten sich. Nach dem strapaziösen Prozess rechneten sie nicht damit, dass Sixsmith bereits heute zur Baustelle zurückkehren würde, aber ganz ausschließen konnten sie das nicht. Laut Gericht war er zu Unrecht angeklagt worden, und seine Kollegen hielten ihn ohnehin für unschuldig. Wenn Monk und Sutton nun den Eindruck erweckten, dass sie ihn nur schikanieren wollten, würde die Situation hier unten für sie unangenehm werden – gelinde gesagt. Womöglich leitete Sixsmith daraus die Behauptung ab, sie würden ihre Befugnisse überschreiten. Dann müsste Monk am Ende um seine Stellung fürchten, und mit ihm auch Orme und Runcorn. Für Rathbones Ruf wäre es auch nicht unbedingt förderlich, wenn es hieße, er hätte sich auf eine Expedition in die Abwasserkanäle begeben, um einen Mann zu verfolgen, nachdem er ihn vor Gericht gezerrt und eine Niederlage erlitten hatte. Er würde nicht nur als schlechter, sondern als würdeloser Verlierer dastehen.
Von den Arbeitern erfuhren sie nichts. Nach etwa einer Stunde war Monk klar, dass er nur seine Zeit vergeudete. So hörte er auf Suttons Rat und ging mit ihm weiter zu zwei Toshern. Es handelte sich um Vater und Sohn, die sich verblüffend ähnelten, beide mit einfachen Gesichtern, von fröhlichem Wesen und mit einem Hang zum Galgenhumor.
Monk ließ Sutton die Fragen stellen. Was sie sagen würden, hatten sie schon vorab besprochen.
»Er hat Havilland gar nich’ umgebracht«, erzählte Sutton beiläufig den Männern. »Er glaubte wirklich, dass das Geld dafür gedacht wäre, Tosher zu bestechen, die dauernd Ärger machten.«
»Und ich bin die Feenkönigin«, spottete der Vater in ätzendem Ton.
»Heißt das, dass Sie nie Geld genommen haben?«, fragte Sutton mit ausdrucksloser Stimme.
»Sixsmith is’n verdammter Lügner«, knurrte der Sohn. »Wir haben nie Ärger gemacht! Und noch was, Mr. Sutton: Nur weil Sie Ratten für die feinen Leute fangen, haben Sie noch lange nich’ das Recht zu behaupten, wir würden solche Sachen machen! Das wissen Sie genau, Sie räudiger Hund!«
Sutton nickte. »Ich weiß, dass Sie persönlich so was nie gemacht haben. Aber gilt das auch für andere? Wie sieht’s zum Beispiel mit Big Jem, Lanky und ihren Freunden aus?«
»Wir sind nich’ dumm«, entgegnete der Vater. »Wenn ich was anstelle und ins Gefängnis komme, nützt das
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