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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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bestochen werden müssten. Ob das tatsächlich der Wahrheit entspricht, ließe sich nachprüfen. Wie viele Probleme bereiteten die Tosher wirklich? Das Geld strich ja offensichtlich der Mörder ein, nicht einer von ihnen. Und trotzdem sind die Arbeiten weitergegangen.« Er sah von einem zum anderen.
    »Was ist mit dem Einsturz?«, meldete sich Runcorn zu Wort. »Wissen wir, was genau ihn verursacht hat und ob er tatsächlich unvorhersehbar war? Hat sich das ereignet, was James Havilland befüchtet hatte? Hat das Unglück irgendwie mit Sixsmith zu tun?«
    »Und wusste Sixsmith davon?«, fügte Monk hinzu. »Und dann wäre da noch Mary...«<
    »Und noch etwas«, fiel ihm Rathbone ins Wort. »Welcher Zusammenhang bestand zwischen Sixsmith und Toby Argyll? Ich meine, Argyll mag technisch gesehen der Anwerbung des Mörders nicht schuldig sein, aber ist er an allem schuldlos? Ist das die Tat eines Einzelnen oder eine Verschwörung?«
    »Herumfragen, Sir«, sagte Orme an Monk gewandt. »Wir müssen Leute finden, die Sixsmith und den Mann mit den Zähnen zusammen gesehen haben, bevor Havilland erschossen wurde, und beweisen, dass sie sich kannten. Und dann müssen wir Navvys und Tosher finden, die wussten, dass Sixsmith klar war, was passieren kann, wenn sie mit den Maschinen zu schnell arbeiten oder einfach drauflos graben, ohne sich genügend über Bäche oder Quellen kundig zu machen.«
    »Genau!«, rief Rathbone. »Sie haben es auf den Punkt gebracht, Mr. Orme!« Und mit einem versonnenen Lächeln meinte er: »Vielleicht sind Sie gar nicht auf meine Anwesenheit angewiesen.«
    Monk erwiderte das Lächeln. »Ohne Sie würden wir es unmöglich schaffen, Rathbone.«
    Sie verbrachten noch einige Zeit damit, ihre jeweiligen Aufgaben festzulegen und zu vereinbaren, wo und wie oft sie sich treffen sollten, um ihre Ergebnisse zu vergleichen und einander auf dem Laufenden zu halten. Dann dösten sie noch eine Stunde auf den Küchenstühlen, um sich schließlich noch einmal mit heißem Tee und mehreren dicken Scheiben Toastbrot zu stärken, bevor sie aufbrachen. Um halb fünf waren sie auf dem Weg zur Hauptstraße, wo sie einen Hansom bis zur Tunnelöffnung nahmen.
    Unterwegs holten sie Crow ab. Er war noch schlaftrunken, aber sobald er die Sachlage begriffen hatte, schloss er sich ihnen bereitwillig an. Er schickte auch sofort einen Boten zu Sutton, der ihm ausrichten sollte, wohin sie gingen und dass sie in einer dringenden Angelegenheit auf seine Mithilfe zählten. Da die Zeit drängte und sie nicht warten konnten, verlie ßen sie sich darauf, dass er zum Treffpunkt kommen würde.
    Ein böiger Wind trug den Geruch von Regen heran, als sie in dem schlammigen Gelände den Abstieg zum Tunnel begannen. Aus den Wänden sickerte Wasser, das am Grund langsam zwischen zerbrochenen Ziegeln und Kies dahinfloss. Das Vorankommen auf den schmierigen Holzplanken war beschwerlich. Als Monk mit seiner Lampe einen Balken beleuchtete, fiel der Strahl durch einen feinen Sprühregen auf nasse Wände, die durch dazwischengeklemmte Balken vor dem Einstürzen bewahrt wurden, vermochte aber kaum noch, die höheren Balken zu erreichen, die sich kreuzweise einem unsichtbaren Himmel entgegenreckten. Die Luft roch nach Erde, Wasser und altem Holz.
    Monk rümpfte die Nase. Er war sich nicht sicher, ob er wirklich den säuerlichen Gestank der Kloake roch oder ob er ihn sich nur einbildete. Es kostete ihn mehr Selbstüberwindung, als er erwartet hatte, durch die mit Ziegeln eingemauerte Öffnung des Tunnels zu treten und ruhig unter dem ungeheuren Gewicht der Erde weiterzugehen. Ihre Schritte donnerten über die Holzplanken, und das Wasser schwappte um ihre Füße. Es war bitterkalt.
    Hinter sich hörte Monk Rathbone keuchen. Er fragte sich, ob der Anwalt die Dunkelheit als genauso erdrückend empfand, ob auch ihm der Schweiß aus allen Poren trat und er Augen und Ohren auf irgendwelche Signale konzentrierte, die ihm Anhaltspunkte über seine Umgebung vermittelten – etwas, das normalerweise eine Selbstverständlichkeit war. Nach etwa einer halben Meile trennten sie sich, um auf diese Weise mehr von dem Gelände abdecken zu können. Der Sicherheit halber gingen sie in Paaren: Runcorn mit Orme und Rathbone mit Crow. Monk sollte auf Sutton warten.
    »Gehen Sie bloß nich’ allein los, Sir!«, warnte ihn Orme mit vor Sorge lauter Stimme. »Ein Fehltritt, und es is’ vorbei! Wenn Sie mit dem Kopf gegen was stoßen und liegen bleiben, gehören Sie den Ratten.

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