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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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die entgegengesetzte Richtung – nicht weil es ihr Weg war, sondern weil es einfach nicht akzeptabel war, dass man den Hinterbliebenen folgte.
    Sie fanden einen Hansom und kehrten so zurück, wie sie gekommen waren – als für kurze Zeit Gleiche, wenn nicht sogar als Freunde.
     
    »Selbstmord«, erklärte Monks Vorgesetzter schroff, als Monk sich am frühen Nachmittag in seinem Büro einfand. »Herrgott noch mal, Mann! Sie ist vor Ihren Augen gesprungen und hat den armen Teufel, der sie retten wollte, mit in den Tod gerissen! Machen Sie es für die Familie nicht noch schlimmer, indem Sie ihr Leid in die Länge ziehen!« Farnham war ein bulliger Mann mit breiten Schultern und massigem Bauch. Unter seiner langen Nase konnte gelegentlich spontan ein Lächeln erscheinen, und es gab Leute, die ihn hatten Gutes tun sehen, doch Monk fühlte sich in seiner Gegenwart stets unbehaglich. Irgendwie hatte Monk nie das Gefühl, Farnham würde ihm gegenüber seine angenehmeren Seiten zeigen. Der Superintendent hatte nach Macht gestrebt, und jetzt, da er sie hatte, stellte er sie mit großem Behagen zur Schau.
    Wer diesem Mann gegenüber mit Glauben oder Intuition argumentierte, wurde lächerlich gemacht. Wenn Monk etwas vorbrachte, musste er es als den Interessen der Wasserpolizei dienlich präsentieren. »Wahrscheinlich war es wirklich Selbstmord«, gab er zu, »andererseits denke ich, wir sollten uns letzte Gewissheit verschaffen.«
    Farnhams Augenbrauen schossen nach oben. Er hatte Durban vertraut. Er hatte gewusst, woran er mit ihm war, oder es zumindest angenommen. Dass er nun die Stärken und Schwächen eines Neuen kennen lernen musste, passte ihm überhaupt nicht. Er wusste einigermaßen darüber Bescheid, was Durbans Tod tatsächlich vorausgegangen war. Das genügte ihm, um Monk die Schuld zu geben, unabhängig davon, dass Durban sich von seinem eigenen Pflichtbewusstsein hatte leiten lassen. Sein Mut und die tragischen Umstände seines Endes waren erst erkannt worden, als es zu spät war. Monk dagegen hatte überlebt, und das verübelte ihm Farnham.
    »In der Polizeiarbeit gibt es kaum je letzte Gewissheit, Monk«, erwiderte er säuerlich. »Ich dachte, Sie wissen das.« Die Kritik war nicht zu überhören.
    Monk schluckte seine Ungeduld hinunter. »Ich beziehe mich nicht auf das, was auf der Brücke geschehen ist, Sir, sondern auf das, was Miss Havilland in Hinblick auf die Abwassertunnel und deren Errichtung untersuchte.«
    »Geht uns nichts an!«, blaffte Farnham. »Das ist Sache der Metropolitan Police!«
    Den Namen der Kollegen spuckte er voller Abscheu aus. Monk hatte mit nichts anderem gerechnet, hatte er doch Farnham in den wenigen Wochen seiner neuen Tätigkeit schon öfter so reden hören. Die Tatsache, dass Monk früher der Metropolitan Police angehört hatte, war einer der Gründe, warum er ihn nicht mochte. Dass Monk andererseits dort gefeuert worden war, legte Farnham ein klein wenig zu seinen Gunsten aus.
    »Sehr wohl, Sir«, räumte Monk zähneknirschend ein. »Aber bedenken Sie nur, wenn Mary Havilland tatsächlich etwas auf der Spur war, und am Ende löst genau das ein Unglück aus – glauben Sie nicht, dass man es uns zur Last legen wird, wenn wir davon wussten oder zumindest die Möglichkeit gehabt hätten, es zu überprüfen?«
    Farnhams Augen verengten sich. »Sie bekommen noch zwei Tage, nicht mehr!«, erklärte er. »Wenn Sie etwas finden, das eine Ermittlung rechtfertigt, geben Sie es weiter, und zwar schriftlich. Und eine Kopie behalten Sie hier! Verstanden?«
    »Jawohl, Sir!« Monk bedankte sich und verließ das Büro, bevor Farnham es sich anders überlegen oder weitere Einschränkungen hinzufügen konnte.
    Er begann seine Untersuchung damit, dass er sich so umfassend wie nur möglich über die alten und die neuen Abwasserkanäle und deren Verbindungen untereinander informierte. Geplant war ein gewaltiges System, das den Zweck hatte, die Flut von Abfällen, die die drei Millionen Londoner Bürger verursachten, ostwärts außerhalb der Stadtgrenzen und der gegenwärtigen Ausgänge zu befördern und sie nahe beim Meer durch gewaltige Kläranlagen zu schleusen, bevor sie in die Themse geleitet wurden. Bis dahin waren das Abwasser verhältnismäßig rein und der feste Müll anderweitig entsorgt. Der Big Stink würde nie mehr wiederkehren. Das Ganze war ein Meisterwerk brillanter Ingenieure und verschlang Unsummen, doch für die Hauptstadt eines Weltreichs, das ein Viertel der Erde beherrschte,

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