Das dunkle Labyrinth: Roman
verspeiste die letzte Kastanie. »Kommen Sie.« Er wandte sich um und ging los.
Es überraschte Cardman, die zwei Polizisten wiederzusehen, aber er bat sie herein.
Er selbst war tadellos gekleidet, wohingegen die Vorhalle kahl und unfertig wirkte. Die schwarzen Stoffe und Bänder waren abgenommen worden, die Uhr stand noch immer still, und der Raum war nicht geheizt. »Was kann ich für die Herren tun?«
Diesmal war Monk derjenige, der das Gespräch eröffnete. »Sie haben vielleicht gehört, dass Mrs. Plimpton und das Dienstmädchen Lettie mir gegenüber einen Brief erwähnt haben, den Mr. Havilland in der Nacht, in der er getötet wurde, erhielt und nach dessen Lektüre er in die Remise ging. Das Dienstmädchen hat mir bestätigt, dass Mr. Havilland die Mitteilung vernichtet hat, aber es ist von größter Bedeutung, dass wir alles, was damit zu tun hat, untersuchen, und sei es auch nur den Umschlag, sofern er noch existiert.«
Cardmans Augen weiteten sich. Er hatte das Wort gehört, das ihm am wichtigsten war. »Sie sagen, dass er getötet wurde.« Seine Stimme zitterte leicht. »Heißt das, dass es doch einen Schuldigen gibt? Hatte Miss Mary Recht?« Er war bleich geworden, doch auf seinen Wangen prangten zwei Flecken, als wäre seine Hoffnung plötzlich zu neuem Leben erwacht.
Monk nickte. »Ja, Mr. Cardman, es sieht ganz danach aus.«
Cardman straffte sich. »Und wenn Sie den Brief nicht
finden, heißt das, dass Sie den Schuldigen dann nicht überführen können?«
»Jemand hat Mr. Havilland in den Stall gelockt«, erklärte Monk ernst. »Wir sind uns sicher, dass es jemand anderer war, der ihn letztlich umbrachte. Ob wir diese Person stellen können, wissen wir nicht, aber das ist unser größtes Bestreben.«
»Ja, Sir.« Jetzt war alle Farbe aus Cardmans Gesicht gewichen. Vielleicht dämmerte ihm endlich, dass es jemand sein musste, der Havilland gut gekannt und darüber hinaus sein Vertrauen genossen hatte, und dass somit alles auf die Argylls deutete. »Aber ich fürchte, wir haben den Abfall aus dem Arbeitszimmer schon längst beseitigt. Dort liegen jetzt nur noch Mr. Havillands Unterlagen und natürlich sämtliche Rechnungen und Quittungen. Miss Mary kümmerte sich um all das. Noch ist niemand oben gewesen, um … um nachzusehen, ob …« Seine Stimme erstarb. All diese banalen Aspekte des Verlusts hatten die Trauer zurückgebracht.
»Ich bin sicher, dass Mr. Argyll jemanden schicken wird«, meinte Monk. Doch kaum hatte er das gesagt, begriff er, wie dringend es war, das Büro sofort zu durchsuchen, falls sich tatsächlich noch etwas bei den Unterlagen befand. Mary müsste sie doch gewiss durchgesehen haben? Aber hätte sie die Bedeutung des Umschlags erkannt?
»Wo ist das Büro?«, fragte Runcorn.
Cardman führte sie hinauf. »Möchten Sie eine Kanne Tee, Sir?«, bot er an. »In dem Zimmer ist es leider extrem kalt.«
Beide akzeptierten dankend.
Zwei Stunden später wussten sie eine Menge über Havillands Art, seine häuslichen Angelegenheiten zu regeln, und darüber, wie beherzt Mary die Dinge nach seinem Tod fortgeführt hatte. Alles war sorgfältig und genau erledigt worden. Wie er hatte sie die Rechnungen geprüft und pünktlich bezahlt. Auch lagen weder überflüssige Papiere oder unbeantwortete Briefe herum, und nirgends fanden sich Umschläge oder Papierfetzen mit Notizen darauf.
»Vielleicht stand von Anfang an fest, dass wir unsere Zeit verschwenden würden«, seufzte Runcorn erschöpft, nur um unvermittelt zu explodieren: »Verflucht! Ich würde mein Leben darauf setzen, dass es Argyll war! Wie, zum Teufel, kriegen wir ihn bloß? Menschenskind, Monk! Sie haben genügend Grips, um einen Aal zu verknoten! Wie schnappen wir diesen Dreckskerl?«
Monks Gedanken überschlugen sich. Auch er war sich sicher, dass Alan Argyll der Schuldige war, ob mit oder ohne Tobys Hilfe. Doch genauso klar war ihm, dass sie die wahren Motive noch nicht kannten. Havilland hatte etwas entdeckt, das eine unmittelbare Gefahr bedeutete, die weit größer war als der Schaden, der drohte, wenn unbewachte Maschinen Erdrutsche auslösten oder ein nicht in den Karten verzeichneter Bach angebohrt wurde. Und es war etwas, worüber Havilland unvermutet gestolpert war – keine seit langem gehegte Überzeugung, die sich schließlich als richtig erwiesen hatte.
»Es müsste viel Blut auf Havillands Kleider gespritzt sein«, überlegte er laut.
Runcorn sah ihn verständnislos an. »Das ist ja wohl klar!«, rief
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