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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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trauerten seine Frau Beatrice und drei Kinder.
    Durban hatte viel Zeit und Energie für die Untersuchung aufgewandt und jede Spur verfolgt. Seine Hoffnung und Frustration gingen aus den Aufzeichnungen deutlich hervor. Doch nach drei Monaten ergebnislosen Ermittelns hatte er sich gezwungen gesehen, diesen Fall aufzugeben und seine Aufmerksamkeit anderen Aufgaben zu widmen. Roger Thorwoods Tod blieb ein Geheimnis. Der letzte Eintrag bestand aus fast unleserlichem Gekritzel.
    Heute zum letzten Mal mit Mrs. Thorwood gesprochen. Jetzt gibt es nichts mehr, was ich noch tun kann. Alle Spuren sind tot. Sie führen entweder nirgendwohin oder in einen hoffnungslosen Morast. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal von einem Mord sagen würde, dass man ihn besser auf sich beruhen lassen sollte. Aber hier trifft genau das zu. Und es ist falsch, von Orme zu erwarten, dass er die Verantwortung dafür auf sich nimmt. Es ist ja nicht so, als ob er eines Tages für seine Mühen und seine Ergebenheit belohnt würde. Nicht mir ist das geschuldet, sondern seiner Natur. Nichtsdestoweniger bin ich ihm zutiefst dankbar. Mehr gibt es nicht zu sagen.
    Monk starrte die Seite an. Er hatte beim Umblättern ein merkwürdiges Gefühl. Es fiel ihm schwer, einfach mit den Morden, Schlägereien und Unfällen fortzufahren, die noch folgten. Dieser Eintrag hatte etwas schmerzhaft Unerledigtes an sich, nicht nur wegen des Rätsels um Roger Thorwoods Tod, sondern auch wegen Durbans auffälliger Betroffenheit bei der Klärung – oder deren Ausbleiben. Der Fall war ihm zu Herzen gegangen. Seine Wut und Enttäuschung waren deutlich erkennbar, und noch etwas anderes, das zu benennen er zu vorsichtig war. Schützte er jemand anderen – oder sich selbst?
    Und dann gab es noch diesen verqueren Hinweis, dass Orme nie die angemessene Belohnung für seine Arbeit erhalten würde. Anscheinend hatte er Durban ebenso gedeckt wie jetzt ihn, Monk. Das wiederum warf die Frage auf, warum dem tüchtigen Orme die verdiente Beförderung versagt geblieben war. Durban hatte den Grund offenbar gekannt. Monk begriff, dass er ihn ebenfalls erfahren musste, wenn er Orme besser beurteilen wollte. Andererseits war er froh, dass er im Augenblick keine Zeit dafür hatte.
    Was er jetzt benötigte, war ein Plan zur Ergreifung der Diebe auf den Passagierbooten. Und wichtiger noch, er wollte ihre Spur zu dem wohlhabenden Hehler zurückverfolgen, der sie und wohl auch den Bandenführer kontrollierte.
    Um zwei Uhr nachmittags kehrte Orme zurück. Ohne Durban zu erwähnen, arbeiteten sie zusammen eine komplizierte Folge von riskanten Schritten aus, die eine absolut genaue zeitliche Abstimmung erfordern würden, aber eine gute Chance boten, neben den Handlangern auch die Drahtzieher zu schnappen.
    Orme machte ein besorgtes Gesicht, zögerte aber keinen Augenblick und erhob auch keinen Einwand gegen Monks Absicht, an der Aktion teilzunehmen.
    »Und Clacton«, fügte Monk hinzu.
    Orme sah ihn flüchtig an.
    Monk lächelte, sagte aber nichts weiter dazu.
    Orme presste die Lippen zusammen und nickte.
     
    Monk traf Runcorn am Maronenstand unterhalb der Westminster Bridge Road. Eine schwere Wolke türmte sich bedrohlich über der Stadt auf. In der Luft hing der Geruch von Kaminrauch, und der eisige Wind kündigte Schnee an. Flussabwärts trieben über der steigenden Flut Nebelschwaden, das Wasser strömte dunkel und ruhig dahin, und das Dröhnen von Nebelhörnern drang an Monks Ohren. Auch wenn es nur vereinzelte Laute waren, verbreiteten sie eine trostlose Stimmung. Dabei würden sie bald nicht mehr zu hören sein. Sobald sich der Nebel über die Stadt senkte, würde er sie wie jedes andere Geräusch schlucken, es mitten im Entstehen abwürgen wie einen in der Kehle erstickten Schrei.
    »Hab den Kutscher gefunden«, berichtete Runcorn und blies auf eine Kastanie, ehe er sie sich in den Mund schob. »Der hat den Mann, den Mr. Barclay und Mrs. Ewart bei den Stallungen gesehen haben, bis zum Piccadilly Circus gebracht. Er erinnert sich gut an ihn, weil der Mann etwas sehr Merkwürdiges tat. Er stieg aus, überquerte den Platz, wo es so früh am Morgen ruhig zuging, weil die Theater am Haymarket und in der Shaftesbury Avenue längst geschlossen waren. Und dann stieg er in die nächste Droschke und verschwand in der Coventry Street ostwärts in Richtung Leicester Square.« Er beobachtete Monk über seine Kastanien hinweg. »Warum wechselt ein Mensch die Droschke, wenn es mit der ersten keine

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