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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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er irritiert. »Was hat das jetzt noch zu bedeuten?«
    »Wahrscheinlich zu viel, um es wegzuwaschen. Und wer würde schon Sachen wollen, die ein Mann trug, als er Selbstmord beging?«
    »Niemand … Oh! Sie meinen, sie sind noch irgendwo! Es könnte was in den Taschen stecken!« Von neuem Tatendrang belebt, sprang Runcorn auf und lief zur Tür. Dann fiel ihm ein, dass es in jedem Zimmer eine Glocke gab, mit der man Bedienstete anfordern konnte. Darauf bedacht, Monks Blick zu meiden, kehrte er um und betätigte den Glockenzug.
    Cardman erschien prompt, und fünf Minuten später standen sie in James Havillands Garderobe. Die Kleider, in denen er gestorben war, lagen sorgfältig aufeinander gestapelt in einer Kommode. Es war nur zu verständlich, dass Mary es nicht über sich gebracht hatte, diesen Raum zu betreten, und dies auch den Bediensteten verboten hatte.
    Monk faltete die Kleider langsam auseinander. An der Hose klebten nur Staub und etwas Heu. Die Jacke war ziemlich schwer – eine gute Wahl, wenn man mitten in einer Winternacht in den Stall hinausging und darauf gefasst war, dort womöglich einige Zeit zu warten, bis eine bestimmte Person eintraf.
    Einmal mehr stellte sich die Frage: Warum war Havilland bereit gewesen, jemanden im Stall zu treffen? Wenn er ein Gespräch unter vier Augen wünschte, konnte er die Bediensteten schlafen schicken und den Besucher selbst ins Haus führen. Bei Monk verdichtete sich der Verdacht, dass es in dieser Sache einen bedeutsamen Umstand gab, der ihnen bisher entgangen war.
    Runcorn wartete und beobachtete ihn.
    Monk breitete die Jacke auf der Kommode aus. Am linken Revers und an der Schulter klebte dickes, dunkles Blut. Der Stoff war längst getrocknet und steif. Ein paar Tropfen Blut waren auf den Ärmel gefallen, aber nicht viele. Schließlich war es ein Schuss in den Kopf gewesen, und Havilland war vermutlich auf der Stelle tot gewesen.
    »Machen Sie schon«, forderte ihn Runcorn auf.
    Ohne große Hoffnung steckte Monk die Hand in die Brusttasche – und seine Finger schlossen sich um ein Stück Papier. Er zog es heraus. Es war zusammengefaltet, aber nicht bedruckt. Ein Umschlag. Auf der Rückseite standen ein paar hingekritzelte Notizen, »Tyburn«, mehrere Zahlen, der Vermerk »kein Name« und noch ein paar Zahlen. Er drehte den Umschlag um. Vorn drauf prangte Havillands Name. Eine Adresse fehlte. Natürlich, er war persönlich überbracht worden. Monk sah zu Runcorn auf.
    Die Augen des anderen blitzten auf. »Das ist es!«, rief er mit vor Aufregung zitternder Stimme. »Das ist der Umschlag, in dem die Nachricht steckte.« Er streckte die Hand danach aus.
    Monk reichte ihn ihm.
    »Die Handschrift einer Frau«, stöhnte Runcorn nach kurzem Betrachten enttäuscht. Er sah Monk verwirrt an. »War es am Ende ein heimliches Rendezvous? Wer, zum Teufel, hat ihn dann erschossen? Ein Ehemann? Hatte der angeblich Betrunkene in den zwei Kutschen vielleicht gar nichts damit zu tun?«
    Monk war nicht minder unglücklich, wenn auch aus einem ganz anderen Grund. »Jenny Argyll …«, murmelte er. »Wenn sie ihm geschrieben hätte, wäre er sicher bereit gewesen, mit ihr zu reden. Vergessen Sie nicht, dass Mary im Haus war. Wollte er vielleicht mit Jenny sprechen, ohne dass Mary es mitbekam? Oder Jenny mit ihm?«
    Diesmal griff Runcorn zielsicher nach der Glocke, und Cardman trat wenige Augenblicke später ein.
    Runcorn hielt ihm den Umschlag entgegen. »Wissen Sie, wessen Handschrift das ist?«
    Cardman erstarrte. Er sah den Polizisten bekümmert an, zögerte aber nicht mit der Antwort. »Ja, Sir. Das hat Miss Jenny geschrieben, ich meine Mrs. Argyll.«
    »Danke«, sagte Monk freundlich. Er ahnte, woran der Butler jetzt vielleicht dachte. Es konnte zwar sein, dass Runcorn das missbilligen würde, aber er hatte ohnehin vorgehabt, Cardman aufzuklären. »Ungefähr zu der Zeit, als Mr. Havilland erschossen wurde, wurde ein Mann beim Verlassen der Remise gesehen. Er lief an zwei Leuten vorbei, die gerade vom Theater zurückkehrten. Sie bestätigten, dass er nach Pulverdampf roch. Wir haben seinen Weg verfolgt. Er nahm eine Droschke zum Piccadilly Circus, wo er die Kutschen wechselte und in östlicher Richtung weiterfuhr. Es erscheint uns als wahrscheinlich, dass er derjenige war, der Mr. Havilland erschossen hat.«
    »Danke, Sir.« Cardmans Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern. Er blinzelte, Tränen der Dankbarkeit in den Augen.
     
    Jenny Argyll begrüßte sie weit kühler. Um

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