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Das dunkle Lied des Todes

Das dunkle Lied des Todes

Titel: Das dunkle Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bjarne Reuter
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du und Franz Malbeck. Bist du blind, Lars Bromsen? Oder hast du im Psychologieunterricht an der Uni geschlafen? Siehst du nicht, was er mit der Gruppe macht? Siehst du nicht, was er mit Julius und Betty und Gustav macht, der zu stottern anfängt, wenn Franz nur die Stimme hebt? Franz Malbeck ist ein fauler Apfel. Das ist er. Und er wird die ganze Tonne verpesten, wenn wir ihn lassen. Es ist ihm auch anzusehen: Er glaubt, er hat dich in der hohlen Hand.«
    »Wie ist sie gestorben?«
    »Was? Wer denn? Warum willst du das plötzlich wissen?«
    »Weil wir so viel über den Spruch geredet haben.«
    Eva starrte hinaus in den Regen, wo Gustav und Franz gerade aus dem Laden kamen. Auch Betty und Vanessa waren da. Gustav schlug nach Betty und die schlug zurück. Sie waren zu alt für solche Dinge, aber es war immer schon so gewesen. Wenn der Spott keine Wirkung zeigte, dann schlug man. Sogar Julius hackte auf Betty herum. Alle hatten es auf sie abgesehen. Egal, was sie machte, es war falsch. Selbst dass sie Tagebuch schrieb, war falsch. Denn so waren die Regeln. Nach Evas Erfahrung gab es in jeder Klasse eine Betty.
    »Sie ist ertrunken.«
    »Ertrunken?«
    »Auf einem Ausflug nach Sofienlund. Da gibt es einen Aussichtsfelsen über dem See. Ich weiß nicht, wie es passiert ist, aber sie ist über den Rand des Abgrunds gefallen, mit dem Kopf aufgeschlagen und ertrunken. Sie war ja auch nicht mehr die Jüngste.«
    »Aber war sie da draußen allein?«
    »Nein, sie waren alle dabei, alle, die jetzt im Laden stehen. Es ist zwei Jahre her. Man sollte meinen, dass ein solches Erlebnis sie zusammengeschweißt hätte. Das hat es vielleicht auch, aber nicht so, wie man sich das wünschen würde.«
    »Es muss ein schrecklicher Schock gewesen sein.«
    »Natürlich war es ein Schock. Auch für die Schule. Wagner hatte sie gegründet. Sie hatte immer von einer Privatschule für musikalisch hochbegabte Kinder geträumt. Das war in den Sechzigerjahren, damals haben sie und Helmut Bach die Mozartschule gegründet.«
    »Der hieß Bach?«
    Eva lächelte.
    »Sie haben ihre Namen zu Bach und Wagner ändern lassen. Sie waren da sehr entschieden.«
    Bromsen machte eine Handbewegung.
    »Wir können uns doch Lars Händel und Eva Chopin nennen, was sagst du dazu?«
    »Oder Schiøler.«
    Eva sah zu Franz und Gustav, die zusammen mit Vibe und Tineke herumliefen. Julius beobachtete sie aus der Entfernung. Kommentierte ihre Bewegungen, gekrümmt, übergewichtig und spöttisch, in sich gekehrt. In sein Überraschungsei. Die Zwillinge kamen mit Anders und Thomas aus dem Laden. Tropfen fielen wie Perlen von ihren Mützen. Ihre Konturen wurden in graugrünen Tropfen aufgelöst, verschleiert im dichten Regendunst.
    »Wer um alles in der Welt ist Schiøler?«
    Eva sah Bromsen an.
    »Ich habe gestern einen Zettel gefunden, oder genauer gesagt waren das Johan und Filip. In der Jolly Nigger Bank.«
    »Der Sammelbüchse?«
    »Der in der Halle.« Eva kurbelte das Fenster hinunterund warf die Kippe hinaus. »Der liegt jetzt auf meinem Zimmer. Er ist ziemlich interessant, wenn man Sinn für so was hat.«
    »Hast du Sinn für so was?«
    »Ich weiß nicht. Ich hatte nur ein seltsames Gefühl. Wie findest du das Haus?«
    Bromsen lächelte.
    »Das Haus gefällt mir gut.«
    »Natürlich gefällt das Haus dir gut. Mir gefällt das Haus auch gut.«
    »Sollte es das nicht?«
    »Der Zettel ist eine Liste von Leuten, die von Sansibar nach Dänemark reisen wollten. Und dann untergegangen sind. Offenbar wurden einige ihrer Habseligkeiten geborgen. Eine Handvoll Bücher, einige Möbelstücke, zwei Bilder, ein Kompass, ein Globus und dann diese Jolly Nigger Bank. In der ein Zettel lag. Sie waren dreizehn an Bord.«
    »Bist du abergläubisch?«
    »Kein bisschen.«
    »Was ist dann das Problem?«
    »Es gibt kein Problem, nur einen komischen Zufall.«
    Eva entdeckte den finnischen Kaufmann, der hinter dem Tresen stand und in den Regen hinausstarrte. Vielleicht starrte er auch nicht. Vielleicht sah er immer so aus. Vielleicht zählte er gerade zwei und zwei zusammen.
    Sie sah ihre Hände an.
    »Wir sind auch dreizehn an Bord, acht Männer und fünf Frauen. Genau wie sie.«
    »Wie großartig.« Bromsen musterte seine Finger.
    »Ja, schon, aber warte nur, wie sie heißen. Da gab es eine Lærke. Wir haben eine Vibe. Da waren zwei Brüder. Wir haben zwei Brüder. Da gab es eine Schwarze Limbo. Wir haben Betty.«
    »Ach, hör doch auf.«
    »Ja, du hast recht, konzentrieren wir uns lieber auf

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