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Das dunkle Lied des Todes

Das dunkle Lied des Todes

Titel: Das dunkle Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bjarne Reuter
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sagte sie.
    »Nein«, sagte Anders. »Ich meine, verschwunden.«
    »Wo ist der Unterschied?«, fragte Betty.
    Anders sah sie an.
    »Der Unterschied«, sagte er, »ist beängstigend.«
    Eva packte ihn.
    »Wir gehen jetzt, ich will nichts mehr hören.«
    »Denn wenn man verschwindet«, sagte Anders und lächelte Betty zu, »dann ist es nicht unmöglich   …«
    »Dass man wieder auftaucht«, flüsterte Betty.

12
    Ich sah ihn über die Straße nach Burgsvig gehen, einen von diesen Typen aus der Großstadt, die man lieber nicht im Auto haben will.
    Tove, Heimpflegerin
     
    Gegen Abend kam Wind auf. So sehr, dass Anders und Thomas die anderen zum Drachenbauen verlocken konnten. Sie hatten nicht viel Auswahl an Material, deshalb sahen alle Drachen gleich aus, konstruiert nach dem Prinzip der vorhandenen Requisiten: Segelgarn, Leisten aus Kiefernholz und blutrote Leinwand, von der Eva unter der Treppe eine Rolle gefunden hatte.
    Sie saßen in den letzten Sonnenstrahlen in ihren Korbsesseln, Bromsen, Kelberg und Eva, und beobachteten, wie die großen Kinder versuchten, die Drachen zum Fliegen zu bringen. Und als es dann richtig dunkel wurde, hingen drei dunkelrote Flecken am marmorierten Abendhimmel, der in braunen und gelben Farbtönen schwelte. Kelberg sagte, das erinnere ihn an seine Reise nach China. Er hielt einen Teebecher in der Hand und strahlte wie eine Sonne. Sie hatten ein wenig Probleme mit seiner Kammer gehabt, wo sich die Blenden nicht öffnen ließen. Der Beschlag hatte sich verklemmtund sie hatten die Sache aufgegeben. Kelberg hatte erzählt, die Blenden hätten sich plötzlich von selbst geschlossen, als der Wind aufgekommen war.
    »Ich habe noch nie so kräftige Blenden gesehen«, sagte er, »aber das liegt sicher an der Lage des Hauses, so dicht am Meer.«
    »Vermutlich«, sagte Eva und dachte an den Moment, als sie zum ersten Mal Pemba betreten hatte. Das Licht auf dem Teppich, als die Blenden aufgeglitten waren.
     
    Sie ließ sich in den Sessel sinken und konzentrierte sich auf die Kinder am Strand, das Stimmengewirr, getragen vom Wind. Diese Leichtigkeit tat ihr gut. Nichts auf der ganzen Welt ist so konzentriert wie ein spielender Mensch. Nichts ist so tiefernst.
    Eva schloss die Augen und versank im Jetzt. Träumte vom ewigen Nachmittagskanon. Den gurrenden Tauben auf dem Dachfirst, den Glocken der Schlosskirche, dem fernen Summen einer Stadt in Bewegung. Menschen, die etwas Vernünftiges unternehmen, die einkaufen, Kinder abholen, ins Café gehen, auf den Zug aufspringen, der sie nach Hause fährt.
    Bromsen sagte etwas.
    Eva öffnete die Augen.
    »Ich habe in ein bisschen Bier investiert«, sagte er. »Können wir uns das gestatten?«
    Kelberg stellte seinen Becher ab.
    »Ja, wieso denn nicht? Aber wir müssen Eva fragen.Was sagst du, Eva? Würde es dich stören, wenn Bromsen und ich ein Bier tränken? Ich gehe davon aus, dass du keins willst.«
    »Ich habe drei gekauft«, sagte Bromsen.
    »Dann nehme ich auch eins.« Eva lächelte Kelberg an, und der streichelte ihre Hand.
    »Ich weiß, dass du eine schwere Zeit hinter dir hast. Aber ich weiß auch, dass die überstanden ist. Und das freut mich. Die Mozartschule braucht gute Lehrkräfte.«
    »Wie lieb von dir, das zu sagen. Ich muss zugeben, es war schwer, zurückzukommen. Man ist ja ein wenig wehrlos.«
    »Glaub mir, die ganze Schulleitung steht hinter dir. Wir wissen, dass es nicht leicht war, auf Frau Wagner zu folgen.«
    Eva seufzte und zuckte mit den Schultern, freute sich im Grunde aber über diese Worte. Ob sie nun gut gemeint waren oder nicht.
    Sie sah Bromsen an.
    »Kelberg sagt, die Drachen sehen aus wie etwas aus China. Was meinst du?«
    Bromsen erhob sich.
    »Ich finde, sie sehen aus wie drei Blutlachen an einer Straßenkreuzung.«
    Kelberg schaute hinter ihm her.
    »Das war aber eine seltsame Bemerkung. Blutlachen an einer Straßenkreuzung. Wie kommt er auf die Idee? Hiersitzen wir in der Dämmerung und genießen die Stille, während die Schüler etwas Sinnvolles unternehmen, und er nennt das Blutlachen an einer Straßenkreuzung. Wie kommt er darauf?«
    Eva ließ sich in den Sessel sinken.
    »Wie denkst du über das Haus, Willy?«
    Kelberg schnalzte mit der Zunge und rückte seine Brille gerade.
    »Ich bin begeistert von dem Haus. Es hat alles, Atmosphäre, Gemütlichkeit, viel Platz und vor allem hervorragende sanitäre Verhältnisse. Ich glaube, ich habe noch nie so ein Haus gesehen. Was hier alles mitschwingt. Man spürt den

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