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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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den Weg gelaufen?
    «Was hattest du denn in dem Modesalon verloren?», fragte Weingart, als der Wirt ihnen das Bier hingestellt hatte.
    «Ich werde dort ab morgen arbeiten.»
    Weingart sah sie verblüfft an. «Geh, das ist nicht dein Ernst!»
    Zita beschloss, kein Wort über Hermann zu sagen. Wenn Weingart nicht wusste, dass er hier war, konnte sie ihn so vielleicht schützen. Wenn er dagegen wegen Hermann gekommen war, konnte sie immer noch so tun, als hätte sie keine Ahnung, dass er sich in Ruhrort befand.
    Sie erzählte, dass der Commissar sie eingeladen hatte, in seinem Haus zu übernachten. «Seine Frau hat meinen Rock bewundert – nein, nicht den Rock, aber die Näharbeit. Und als dann ihre Näherin überfallen worden ist   …» Sie hielt inne und schaute ihn an. «Du weißt darüber Bescheid», sagte sie fast tonlos.
    «Wenn du meinst, dass ich das gewesen bin, liegst du falsch, Zita.»
    Ja, Weingart langte gern selbst zu, aber wenn noch mehr Leute des Greifers hier waren, machte er sich die Hände nicht selbst schmutzig.
    «Da bist du uns aber ganz schön in die Quere gekommen.» Weingarts Augen wurden noch ein bisschen kleiner. «Kannst du wirklich so gut nähen?»
    «Ja.»
    Er überlegte. Dann sagte er plötzlich: «Dann machst eben du uns den Spitzel.»
    «Was?»
    «Na, wir sind grad ein bisserl auf Wanderschaft. In Preußen waren wir ja noch nicht oft, da ist noch viel zu holen für uns. In Wien wurde es schwierig in der letzten Zeit. Ich weiß zwar nicht, wie Mathis ausgerechnet auf dieses Kaff gekommen ist, aber hier gibt es tatsächlich viele reiche Männer, selbstin diesen Zeiten. Und alle ihre Frauen lassen ihre Kleider in diesem Salon machen.» Er rückte ein wenig von ihr ab, aber nur, um sie besser ansehen zu können. «Und schau, es wird viel erzählt in diesen Salons. Wir wollten die Saalbach Pepi dort einschleusen   …»
    «Und habt die Anna deswegen aus dem Weg geräumt», flüsterte Zita.
    Weingart zuckte die Schultern. «In diesen Zeiten stellt man nicht einfach so jemanden ein. Wir mussten, sagen wir mal, eine Notlage erzeugen. Aber dass die Alte so pietätlos ist und noch am Sterbetag eine Neue einstellt   …»
    Sie wissen nicht, dass Anna noch lebt, schoss es Zita durch den Kopf.
    «Das war nur Zufall», sagte sie schnell. «Sie wusste, dass ich ohne Arbeit morgen die Stadt hätte verlassen müssen.»
    «Na, und vielleicht war das auch für uns ein glücklicher Zufall. Ich weiß nämlich nicht, wie gut die Pepi näht. Und die Schlaueste ist sie auch nicht. Da sind wir mit dir besser dran.»
    «Aber ich bin froh, dass ich diese Stelle habe, endlich eine ehrbare Arbeit», protestierte Zita.
    Weingart prustete los. «Ehrbare Arbeit? Schmarrn. Einmal Flitscherl, immer Flitscherl. Und jetzt verkaufst du zur Abwechslung mal nicht deinen Körper, sondern Auskünfte. Immerhin schuldest du uns was, Zita.»
    «Was soll ich euch denn schulden?», fragte Zita resigniert. Es war mehr rhetorisch. Wenn man einmal mit der Bande des Greifers zu tun gehabt hatte, schuldete man ihnen immer etwas.
    «Na, dein Leben, Kleines.» Sie spürte etwas Spitzes in ihrer Seite, als er den Arm um sie legte. «Und wenn das nicht genügt, dann das Leben deiner Tochter.»
    «Resi   …», flüsterte Zita entsetzt. «Das kann nicht sein, das könnt ihr nicht wissen   …»
    Weingart lachte laut auf. «Ihr habt sie bei der Hasen Berti in Freiburg zurückgelassen. Glaubst du, das wüssten wir nicht?»
    Bei ihrer Flucht aus Wien war Zita hochschwanger gewesen, ihr Kind hatte sie in Freiburg zur Welt gebracht. Sie waren untergekrochen bei einer alten Freundin, der Hasen Berti, die zurück in ihre Schwarzwälder Heimat gegangen war, als sie zu alt für die Hurerei wurde. Damals waren sie sich sicher, dass die Häscher des Greifers ihre Spur verloren hatten, weil sie nicht nach Italien zu Zitas Familie gegangen waren, wie jeder vermutete. Ihr erstes Ziel war Straßburg, wo Tomasz einen Freund hatte. Auf dem Weg dahin machten sie halt bei Berti. Aber sie wussten, dass sie weiter fliehen mussten, der Arm des Greifers war lang, deshalb gab Tomasz Berti einen Teil des Geldes für eine Amme und bat sie, sich um die Kleine zu kümmern, bis sie sie holen konnten.
    «Die Berti war uns auch noch etwas schuldig», fuhr Weingart fort. «Und deshalb hat sie dem Greifer geschrieben. Wie, glaubst du, haben wir euch sonst gefunden?»
    Zita schloss einen Moment die Augen. Berti hatte sie also verraten, und deshalb war Tomasz jetzt

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