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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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den Kaufmeisters, führten. Seit der Krise hatte das Unternehmen kaum noch zu tun.
    «Das tut er bereits, Lina. Er hat Franz und Hugo überredet, Eisen aus der Gutehoffnungshütte dort verarbeiten zu lassen, bevor sie die eigenen Gießereien wieder ausweiten. Das spart Haniel eine Menge Geld und hilft Sannberg und deiner Familie.»
    Tusnelde war fertig angekleidet und kam herüber in den Salon, um sich in dem großen Spiegel zu betrachten. Lina stand auf, ging um sie herum und begutachtete die Arbeit kritisch.
    «Der Rock ist etwas zu lang», sagte Tusnelde.
    «Er wurde für die neuen Krinolinen zugeschnitten.»
    «Neu bedeutet wohl noch größer», sagte Tusnelde. «Muss ich denn jede Torheit mitmachen?»
    Lina lachte. «Es sieht nicht danach aus, dass die Röcke wieder schmaler werden, eher im Gegenteil.» Seit vor wenigen Jahren die Reifenkrinolinen die rosshaarverstärkten Unterröcke abgelöst hatten und die Frauen ein weitaus geringeres Gewicht mit sich herumschleppen mussten, war die Entwicklung zu immergrößeren Rockumfängen nicht mehr aufzuhalten. Diktiert wurde die Mode von der französischen Kaiserin Eugénie und ihrem englischen Kleidermacher Charles Frederick Worth.
    Lina wandte sich an Zita. «Lass dir von Christian bitte eine neue Krinoline mit fünf Ringen geben. Sag, es sei für Frau Cockerill, dann weiß er schon Bescheid.»
    Wenig später half Zita der Kundin aus Kleid und Unterröcken und zog ihr dann die Krinoline über, die um einiges ausladender war als die, die sie zurzeit trug. Nachdem man sie wieder angekleidet hatte, kehrte Tusnelde zurück in den Salon. Sie musste sich zwar an der Tür mehr in Acht nehmen als zuvor, aber nun saß der Rock tadellos.
    «Ich muss zugeben, es gefällt mir», sagte sie. «Obwohl die Weite geradezu skandalös ist.»
    Sie probierte das zweite Kleid an, an dem noch eine kleine Änderung notwendig war, die Zita gekonnt absteckte.
    «Ich reise morgen wieder heim nach Aachen, schaffst du das, Lina?», fragte Tusnelde, die wieder in ihren eigenen Kleidern mit der bescheideneren Krinoline steckte.
    «Sicher. Mein Gehilfe wird es morgen früh bei euch abliefern.»
    Die Damen verabschiedeten sich herzlich.
    «Danke, Zita, du hast deine Sache sehr gut gemacht», sagte Lina. «Und dabei gleich die reichsten Damen der Stadt kennengelernt.»
    Zita sah sie erstaunt an. Da hatte sie wohl noch viel zu lernen.
     
    Lina löste Finchen am frühen Abend bei Anna ab. Finchen begrüßte sie mit einer guten Nachricht. «Sie war eine ganze Weile bei Bewusstsein. Ich habe sie mit dünnem Grießbrei gefüttert, wie Sie es mir aufgetragen haben.»
    «Hat sie etwas gesagt?»
    Finchen schüttelte den Kopf. «Nein. Sie hat es nicht einmal versucht. Aber sie hat manchmal die Augen geöffnet. Ich habe ihr auch Pfefferminztee gegeben.»
    «Sehr gut. Und nun ab nach Hause zu Mann und Kindern, Finchen.»
    Einen Moment lang schien sich Finchens Miene zu verdüstern. «Simon ist sicher wieder im Wirtshaus. Er versäuft und verspielt unser ganzes Geld. Und wer weiß, wofür er es noch ausgibt.»
    Für Lina war das nichts Neues, aber dies war das erste Mal, dass Finchen sich beklagte. Hier, außerhalb des Hauses Borghoff, fiel es ihr wohl leichter, darüber zu reden.
    «Du bereust es, Simon geheiratet zu haben, nicht wahr?»
    «Ja, manchmal schon.»
    Lina seufzte. «Ihr wart beide so jung damals, als Oskar unterwegs war. Du vierzehn und er sechzehn Jahre, und jetzt ist er gerade zweiundzwanzig. Die meisten Männer sind in diesem Alter noch nicht verheiratet, geschweige denn Vater von vier Kindern.»
    «Seit Sophies Geburt habe ich ihn nicht mehr   … Ich wollte so schnell kein weiteres Kind.» Finchen sah auf den Boden. «Vielleicht ist er deshalb so   … so unzufrieden.»
    «Nun, er ist viel mit anderen jungen Hausknechten zusammen, aber die sind noch ungebunden und ohne Verpflichtungen. Sie sind alle nicht reich, aber sie müssen mit ihrem Geld keine Familie ernähren. Er sieht jetzt, wohin es geführt hat, dass er dich damals geschwängert hat. Kein Wunder, dass er unzufrieden ist.»
    «Ich weiß», sagte Finchen resigniert. «Aber es ist nun einmal, wie es ist. Doch egal, was ich ihm sage, er hört nicht auf mich. Er sagt, bei uns hätte er die Hosen an   …» Sie schwieg plötzlich und sah zu Boden, aber Lina begann zu lachen. «Im Gegensatz zu mir und meinem Mann, meint er.»
    Finchen nickte.
    «Mein Mann mischt sich nicht ein ins Geschäft und den Haushalt. Er sagt, er versteht davon

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