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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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Lächeln zu und kehrte dann zurück an Bord. Die kleine Lina hatte ihr nachgesehen, bis sie in der Kajüte verschwand.
    Später hatte sie Kätt noch oft gesehen. Zuerst schien sie immer traurig, mit verweinten Augen, und das Strahlen war verschwunden. Aber bald änderte sich das, und nun malte sie sich an wie die anderen Huren. Ein paar Jahre lang war sie die Begehrteste von allen, bis etwas passierte, das sie dazu brachte, mehr und mehr Branntwein zu trinken, und ihre Schönheit immer weiter verfiel. Aber niemand, der sie vorher kannte, hatte sie je vergessen können.
     
    «An dem Tag damals», erzählte Lina, «hatte sich Levin Heinzmann in Kätt verguckt. Aber es ist nie mehr daraus geworden als regelmäßige Besuche in Marthas Bordell.»
    «Der Schiffer hat sie also nicht geheiratet.» Robert nahm den letzten Schluck aus seinem Likörglas.
    «Nein, der nicht und die anderen später auch nicht. Einer war dabei, der muss ihr das Herz gebrochen haben. Deshalb der ganze Alkohol. Und als dann später ihr Kind ertrank   … Du weißt ja, was aus ihr wurde.»
    «Und deine Geschichte? Wie ging die aus?»
    «Levin lieferte mich in der Dammstraße ab, wo Mina schon ihre Tracht Prügel vom Vater erhalten hatte, weil sie weggelaufen war. Ich wurde nicht bestraft. Wie üblich ignorierte Vater mich.»
    «Er hat dich sehr geliebt, Lina.»
    «Ja, aber damals wusste ich das nicht.» Sie legte Kätts goldenes Kreuz zurück in das Kästchen. «Vielleicht finden wir ja noch heraus, woher sie das Geld hatte.»
    Robert lächelte. Er wusste, Lina würde nicht lockerlassen.
    Sie stand auf. «Ich gehe zu Bett. Morgen ist Annas Beerdigung, das wird ein schwerer Tag für alle.»
    «Ja.» Auch Robert erhob sich. «Ich hoffe, dass ist die letzte Beerdigung für eine lange Zeit.»

5. K apitel
    Es war der Tag, an dem man Anna zu Grabe getragen hatte. Am Nachmittag herrschte eine ungewohnte Stille im Haus Borghoff. Alle Bewohner und die Angestellten hatten an der Beerdigung teilgenommen, der Leichenschmaus fand danach in Linas Modesalon statt, dem einzigen Raum, der groß genug dafür war. Lina hätte nichts dagegen gehabt, den Salon und die Näherei den ganzen Tag über zu schließen, aber das hätte einen Tageslohn weniger für die Näherinnen bedeutet, und diesen Verlust konnte sich keine von ihnen leisten. Deshalb wurde ab zwei Uhr wieder gearbeitet.
    Doch nichts war an diesem Tag wie gewöhnlich, keine Scherze, keine Schwätzchen und Neckereien. Zita hatte sich nicht getraut, sich wie an den anderen Tagen an Annas Platz zu setzen und ihre Nähmaschine zu benutzen, stattdessen nähte sie mit der Hand.
    Als Lina auf dem Weg in ihr Büro nach dem Rechten sah, wollte sie Zita zunächst dafür rügen, aber dann besann sie sich anders. Sie trat neben sie und fasste sie an der Schulter.
    «Wir werden Anna sehr vermissen», sagte sie fest. «Aber das Leben und die Arbeit hier gehen weiter. Es ist gut, wenn Annas Platz heute frei bleibt. Aber ab morgen möchte ich, dass Susanna dort arbeitet. Zita gehört jetzt fest zu uns, sie wird Susannas Platz einnehmen.» Dann ging sie weiter in ihr Büro.
    «Es ist gut, dass du bleibst», sagte Grete und lächelte Zita an.
    «Ich wäre lieber unter anderen Umständen geblieben.» Zita sah zu Boden.
    «Das wissen wir, wir könnten es aber schlechter treffen», sagte Susanna, die Wangen noch gerötet von der Freude über das Vertrauen, das ihr die Chefin entgegengebracht hatte. «Du hast Anna schließlich nicht umgebracht.»
    Aber ich mache mich täglich mitschuldig, fuhr es Zita durch den Kopf. Sie beugte sich noch tiefer über ihre Arbeit.
     
    Am späten Nachmittag gab es Probleme in der Nähstube. Grete saß an einem Oberrock mit mehreren Längsnähten, aber die Nähte beulten sich oder waren an einzelnen Stellen zusammengerafft. Keine der Frauen hatte genügend Erfahrung mit den Maschinen, um diesen Fehler zu beheben.
    Man schickte Zita, um Lina zu holen. Sie war weder in ihrem Büro noch im Modesalon vorne, deshalb versuchte Zita es in dem kleinen privaten Salon. Doch dort fand sie nur Antonie vor, die den Staubwedel schwang.
    «Die Chefin ist zur Bank gegangen», erklärte Antonie. «Sie wird sicher gleich zurückkommen.»
    «Sagen Sie mir Bescheid, wenn sie wieder da ist?», bat Zita.
    «Das werde ich.» Antonie staubte weiter das zierliche Büfett ab. Als Zita die Tür schon fast geschlossen hatte, rief sie ihr hinterher. «Ich bin Dienstmädchen hier, Angestellte wie du. Du brauchst mich nicht

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