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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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anzusprechen wie die gnädige Frau!»
    Zita ging zurück in den Salon. «Die Chefin ist nicht im Haus. Grete, das Beste wäre, wenn du alles wieder auftrennst und dann eine andere Maschine nimmst.»
    Susanna nickte. «Aber bei dem Stoff sind vielleicht ein oder zwei Bahnen ruiniert. Ich sehe nach, ob wir noch etwas davon haben. Vielleicht müssen wir neu zuschneiden.»
    «Hast du schon einmal zugeschnitten?», fragte Grete zaghaft.
    Susanna schüttelte den Kopf.
    «Du musst nur entlang der alten Zuschnitte schneiden», meldete sich Maria zu Wort. Sie hatte die ganze Zeit ruhig in ihrer Ecke am Fenster über ihrer Stickerei gesessen. «Ich glaube, das können wir riskieren. Aber vielleicht ist Frau Borghoff bis dahin auch zurück.»
    Tatsächlich waren drei Bahnen des üppigen Rockes nicht mehr brauchbar, weil die Maschine sie ruiniert hatte. Susanna und Zita übernahmen es, den Stoff, von dem Christian noch einen knappen Rest gefunden hatte, auszubreiten und die zugeschnittenen Teile aufzulegen. Zita achtete genau auf den Fadenlauf, und es gelang ihr tatsächlich, alle Teile aus dem Stoffrest zu schneiden. Statt einer Schere benutzte sie dazu einen Messstab und ein Rasiermesser.
    Gerade als sie fertig waren, steckte Antonie den Kopf in die Näherei. «Die gnädige Frau ist gerade zurück», sagte sie nur und verschwand wieder. Draußen war ungemütliches Wetter, und Lina wollte ihre Schuhe wechseln, wobei Antonie ihr helfen sollte.
    Während Antonie sich beeilte, ein anderes Paar Schuhe von oben zu holen, kam Zita in den Flur, wo Lina gerade ihren Mantel abgelegt hatte. Ohne lange zu fragen, nahm Zita ihr das nasse Stück ab, ebenso den Stock und den Schirm. Sie hängte den Mantel an einen Haken und stellte Stock und Schirm in den Ständer neben der Tür. «Eine der Maschinen ist kaputt», erzählte sie dabei. «Den Rock für Frau Liebrecht mussten wir ganz auftrennen, ein paar Bahnen haben wir neu zugeschnitten.»
    «Wir?» Lina runzelte die Stirn.
    «Susanna und ich. Das war recht schwierig, weil nur noch wenig Stoff da war.»
    Antonie kam mit den Schuhen die Treppe herunter, und Lina setzte sich auf den Stuhl, der neben der Kommode mit dem Spiegel stand.
    Zita sah zu, wie Antonie Linas Stiefel aufschnürte.
    «Habt ihr auf den Fadenlauf geachtet?», fragte Lina. Der Stoff war eine schwere Atlasseide, es würde schwierig werden, etwas Ähnliches noch einmal zu bekommen, denn das leuchtende Türkisblau war keine sehr gängige Farbe.
    «Ja, natürlich, Frau Borghoff.» Zita konnte nicht verhindern, Linas unförmigen, erhöhten rechten Schuh anzustarren. Linas Hinken war ja nicht zu übersehen, aber die weiten Krinolinen verdeckten stets die Schuhe. «Man kann die neuen Teile nicht von den anderen unterscheiden, da habe ich sehr aufgepasst. Aber jetzt ist nichts mehr von der Seide da. Falls Sie noch Verzierungen vorgesehen hatten   …»
    Das hatte Lina tatsächlich. «Wir können ja sehen, was aus den ursprünglichen Bahnen noch herauszuholen ist.»
    Antonie hatte die Schuhe gut verschnürt. «Danke, Antonie.»
    In diesem Moment läutete die Glocke im Laden. «Guten Tag, Herr Baron», hörten sie Christian den Angekommenen begrüßen.
    «Ich sehe mir die kaputte Maschine später an», sagte Lina knapp. «Um Baron von Sannberg kümmere ich mich selbst.» Sie ging durch das Ankleidezimmer in den Laden.
    «Da hat Simon ganz schön was zu putzen.» Antonie hielt die verdreckten Stiefel hoch.
    «Was ist eigentlich mit der Chefin?», fragte Zita. «Ist sie von Geburt an verkrüppelt?»
    «Nein, sie hatte als Kind eine Hüfttuberkulose. Das Gelenk blieb steif, und das Bein wuchs langsamer als das andere.» Antonie zeigte auf den speziellen Schuh. «Ich möchte nicht mit solch einem Klotz herumlaufen müssen. Aber sie hat jatrotzdem einen Mann gekriegt. Und einen guten dazu.» Antonie kicherte ein wenig. «Obwohl ja manche sagen, dass es kein Wunder ist, wenn ein einäugiger Mann und eine hinkende Frau sich finden.»
    «Ich habe den Eindruck, dass die beiden sich sehr lieben», sagte Zita ernst.
    «Oh, das tun sie auch. Schließlich war er weit unter ihrem Stand, selbst als Offizier. Ich werde mal Simon suchen, damit er die Stiefel putzt.»
    Antonie verschwand im anderen Teil des Hauses, Zita kehrte in die Nähwerkstatt zurück. «Wir können erst einmal weitermachen. Frau Borghoff sieht sich die Maschine später an. Sie hat einen Kunden.»
     
    Im Modesalon umarmte Lina Cornelius von Sannberg herzlich. Er war einer ihrer

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