Das Dunkle Netz Der Rache
gesagt, dass ich keinen Mann im Pfarrhaus übernachten lassen kann. Um Himmels willen, Hugh, meine Kirche steht direkt nebenan.«
»Das erklärt nicht, warum du nie bei mir wohnen willst, wenn du in die Stadt kommst.«
Sie senkte den Blick. »Hat Jackie sich beschwert?« Clare hatte die drei Male, die sie in New York gewesen war, bei einer geschiedenen Kollegin von Hugh übernachtet.
»Natürlich nicht. Aber selbst wenn du so paranoid bist, zu glauben, dass deine Gemeinde davon erfahren könnte, wenn du in meiner Wohnung deine Zelte aufschlägst, kannst du mir nicht weismachen, sie wüssten es, wenn wir diskret einen Nachmittag oder Abend miteinander verbringen.«
»Ich wüsste es.« Sie schob die Ärmel ihres Bademantels hoch. »Ich spiele nicht das brave Mädchen, weil ich Angst habe, erwischt zu werden. Ich bin überzeugt, dass Sex einer ernsthaften, monogamen Beziehung vorbehalten sein sollte.«
»Und wie erklärst du dann Chief Vincent van Gogh in deinem Wohnzimmer?«
Sie trat auf ihn zu. »Ich schwöre im Namen des Herrn, dass ich niemals mit Russ Van Alstyne geschlafen habe.«
»Ach, aber Vikarin.« Hugh sah sie reumütig an. »Kannst du auch schwören, dass du es nie wolltest?«
Ihr Schweigen verriet sie. Sie wusste es, aber sie konnte sich nicht überwinden, den Petrus zu geben und dreimal zu leugnen. Endlich sagte sie: »Was ich will oder nicht will, ist ohne Bedeutung. Es zählt, was ich tue.«
»Er ist verheiratet, nicht wahr?« Hughs Stimme klang sanft.
»Ja.«
»Und seine Frau ist vermutlich ein wahres Prachtstück.«
Clare musterte die Küchenwand. »Seine Frau ist schön und dynamisch und liebt ihn innig. Ein Gefühl, das er erwidert.«
»Aha.« Er starrte auf die Weinflasche, die er seit seinem Eintreten in der Hand hielt. »Was meinst du, sollen wir die köpfen und ein Gläschen trinken, während wir uns unterhalten?«
17:05 Uhr
Randy Schoof war extrem vorsichtig. Dachte nach, ehe er handelte. Lisa wäre zufrieden. Er hatte darüber nachgedacht, seinen Geländewagen so gut wie möglich bei der alten Fabrik zu verstecken, dann aber beschlossen, dass es besser war, ihn ganz offen auf dem Angestelltenparkplatz abzustellen. Dort stand ständig eine Ansammlung von Fahrzeugen, und niemand, der zur Stechuhr hastete oder sich beeilte, nach Hause zu kommen, würde sich über ein Auto mehr wundern. Er hatte alles – Ruck-und Schlafsack, die Tüte mit Lebensmitteln – in einem Schwung mitgenommen, statt zwischen alter Fabrik und Parkplatz hin und her zu wandern. Er hielt sich im Schatten des verrottenden Bretterzauns, während er sich durch die Überreste des einst hüfthohen Unkrauts arbeitete. Und er bewegte sich leise, so leise wie möglich, auch wenn das Rauschen des Wassers seine Schritte übertönte. Vor dem kleinen Nebeneingang, der von einem Vordach geschützt wurde, angelte er nach seiner Scheckkarte. Die Tür war abgeschlossen, aber Mike, der sich hin und wieder auf einen Joint hineingeschlichen hatte, bevor er gefeuert worden war, hatte ihm den Trick erklärt: Das Schloss war billig. Man konnte es mit der Karte aufstemmen und von innen entriegeln.
Ein Ruckeln, ein Heben, und Mike behielt recht. Er steckte die Karte ein, schlüpfte hinein und schloss die Tür hinter sich. Er machte ein paar Schritte und kramte gerade in seinem Rucksack nach der kleinen Taschenlampe für Notfälle, als er über ein schmerzhaft massives Rechteck stolperte. »Scheiße«, fluchte er, als er auf den Boden knallte und die Beutel umherflogen, Gläser und Behälter klirrten und klapperten, sein Schlafsack in der Dunkelheit verschwand. »Scheiße! Scheiße!«
»Wer ist da?«
Er erstarrte.
»Wer ist da?«
Eine Frau. Schwach und anscheinend weit entfernt, aber eine Frau. Was, zum Teufel, hatte eine Frau hier zu suchen?
»Hören Sie, wer immer Sie sind.«
Himmel, sie hatten doch neuerdings keinen Wachdienst, oder?
»Mir ist egal, was Sie hier machen. Ich bin gefangen und brauche Hilfe.«
Er rappelte sich auf. Was sollte er jetzt tun? Leise bückte er sich, tastete nach seinem Rucksack. Er streifte ihn mit dem Handrücken und griff danach. Die Reißverschlüsse klimperten, ein leises Geräusch, das ihm wie ein Beckenschlag vorkam.
»Ich weiß, dass Sie hier sind. Ich habe gehört, wie Sie über etwas gefallen sind.«
Vielleicht konnte er einfach reglos stehen bleiben. Ganz leise neben der Tür. Vielleicht konnte er die Tür öffnen und schließen, so tun, als wäre er gegangen.
»Helfen Sie mir!
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