Das Dunkle Netz Der Rache
du deinem Kind sagen musst, dass es nicht auf das College seiner Wahl kann, weil du es dir nicht leisten kannst, wirst du anders darüber denken.«
Becky biss sich auf die Lippe. »Alex?«
Bonnie hob einen Stapel Vorhänge auf. »Cornell hat ihn angenommen. Aber die Beihilfen reichen nicht.« Sie wies mit dem Kopf auf einen weiteren Stapel. »Nimm den da, ja?«
»Wo geht er denn jetzt hin?«
»State University Plattsburgh. Mit den Krediten und dem Stipendium kriegen wir es hin. Hoffe ich. Wenn der Wagen noch vier Jahre hält und keine Arztrechnungen dazukommen.«
Becky folgte ihrer Schwester. Sie staunte, als sie Patrick vollständig angezogen im Wohnzimmer vorfand. Er hatte sogar daran gedacht, sich die Haare zu bürsten. »Hol deinen Gameboy, wenn du ihn zu Grandma mitnehmen willst«, sagte sie. »Ich bringe dich hin.«
»In Ordnung«, erwiderte er. »Können wir beim Supermarkt halten? Die haben ein Spiel, das ich mir gern anschauen würde.«
»Vielleicht«, sagte sie. Sie trug die Vorhänge zu Bonnies Wagen und verstaute sie neben den übrigen Stapeln und Kartons.
»Spiele und Zahnspangen und Schuhe und Klassenfahrten.« Bonnie lehnte sich mit der Hüfte gegen ihren bejahrten Taurus. »Es hört nie auf, Becky. Und wenn die Kinder aus dem Haus sind, musst du an dich selbst denken, ob du in Rente gehen kannst, ob du es dir leisten kannst, an einen Ort zu ziehen, wo du im Winter ohne die Angst nach draußen gehen kannst, dir die Hüfte zu brechen.«
»Du meinst, wie Mom und Dad.«
»Gott weiß, dass ich die Anziehungskraft dieser Wälder kenne. Sie haben ihnen vierzig Jahre lang ein Auskommen ermöglicht. Aber sie haben ihnen viel Lebenskraft genommen. Dad mag sich darüber aufregen, dass er verkaufen muss, aber ich halte es für das Beste, was ihnen seit langer Zeit passiert ist. Sofern er einen vernünftigen Preis für den Laden bekommt.« Bonnies Stimme klang hart. Im kalten Licht der Sonne konnte Becky die Fältchen um ihre Augen erkennen.
Sie trat von einem Bein aufs andere. Das Geschäft, auf das sie so stolz war, der Handel, der sie zu einem Mitspieler in der Conservancy und der nationalen Umweltbewegung machte, war der Grund dafür, dass ihr Vater Castle Logging verkaufte. Sie wollte alles, was dieser Handel ihr bot, aber gleichzeitig wollte sie, dass ihre Eltern gesund waren und solvent und im selben Haus lebten, in dem sie immer gelebt hatten, und nicht aufs Altenteil gezwungen wurden. »Es tut mir leid«, sagte sie, nicht sicher, wofür sie sich entschuldigte.
Patrick stürzte aus dem Haus. »Geh zurück und zieh eine Jacke an«, rief seine Mutter. Bonnie seufzte ungeduldig. »Mach dir keine Sorgen. Es liegt an mir. Es war – in letzter Zeit hatten wir ein paar Spannungen. Alles wird gut.«
Weil sie es wollte, versuchte Becky ihr zu glauben.
8:45 Uhr
Russ war auf den Anblick Haudenosaunees vorbereitet. Er kannte die Geschichte des Camps, und obwohl er nie dort gewesen war, hatte er Schwarzweißfotos der Gebäude aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs gesehen, die in einer Ära, in der es an Arbeitskräften und Material mangelte, bewusst einfach gehalten worden waren. Er war auf die sagenhafte Aussicht auf die Berge vorbereitet, wo man Bäume und Büsche entfernt hatte, um die sich bis zum nordwestlichen Horizont erstreckenden Gebirgsketten zu enthüllen. Nicht vorbereitet war er auf die Anzahl der Fahrzeuge, die an der Zufahrt parkten.
»Was, zum Teufel, ist denn hier los?«, fragte Ed Castle verwundert, als er aus dem Geländewagen stieg. Sie hatten in der Nähe der Ausfahrt am Wegrand geparkt, in der Absicht, sich bei Eugene van der Hoeven für die Jagderlaubnis zu bedanken und ihm den großartigen Sechsender zu zeigen, der an einem altem Fahrradhalter baumelte, der an der Ladefläche von Eds Explorer verschraubt war.
Russ ging an seinem Jagdgefährten vorbei zu der Reihe der Lastwagen. Er zeigte auf den am nächsten parkenden, einen Pick-up mit breiter Ladefläche, der am Heck mit Zwillingsreifen zur Abstützung der metallenen Gewehrkästen ausgerüstet war. »Der gehört John Huggins.« Er musterte den nächsten Truck. »Hm. Und hier klebt eine Plakette des Such-und Rettungsdienstes.« Er drehte sich zum Blockhaus. »Schauen wir mal nach, was der Rettungsdienst hier will, ja?«
Russ ließ Ed den Vortritt. Der ältere Mann klingelte an der Tür. Sie mussten so lange auf eine Reaktion warten, dass sich Ed schon mit besorgter Miene zu Russ umdrehte, als sich die Tür endlich öffnete und
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