Das Dunkle Netz Der Rache
dran«, sagte Clare. »Da ruft jemand in der Auffahrt.« Als sie Eugene gefragt hatte, ob sie sein Telefon benutzen dürfte, hatte er sie zu einem kleinen Büro auf der anderen Seite der Eingangshalle gegenüber des Wohnzimmers geführt. Er hatte die Tür geschlossen, damit sie ungestört blieb, aber John Huggins, dessen Vorstellung von Umgangsformen sich irgendwie von der van der Hoevens unterschied, hatte seinen Kopf durch die Tür gesteckt und Clare in deutlichen Worten ermahnt, nicht den ganzen Morgen am Telefon zu verplaudern. Als er ging, stand die Tür weit offen. Wenn sie das Kabel bis zum Zerreißen spannte, konnte sie durch das Fenster auf die Auffahrt blicken. Ihre Sicht auf die Veranda war eingeschränkt; sie konnte Eugene nicht sehen, aber sie konnte ihn hören. Er musste die Haustür offen gelassen haben.
»Was willst du denn hier?«, fragte er.
Also war die junge Blondine in Wetterjacke und Jeans, die auf die Veranda zuging, nicht Millie. Clare seufzte. Das wäre auch zu schön gewesen.
»Reverend Fergusson?«, tönte Courtney Reid in der Nähe von Clares Brust.
Clare drückte den Hörer wieder ans Ohr, ließ aber die Menschen vor dem Fenster nicht aus den Augen. »Ja, hier.«
»Okay, was soll ich denn jetzt tun? Türkischen Nusskuchen servieren? Ich könnte eine der anderen Helferinnen noch mal zur Bäckerei schicken, um Pastetchen zu holen, aber ich weiß nicht, ob unser Budget das zulässt.«
Eugene war von der Veranda hinabgestiegen. Die junge Frau ging auf ihn zu. Sie sagte etwas, das Clare nicht verstehen konnte, dann wies sie auf die zwei, nein, drei Männer, die hinter ihr standen. Wie die Blondine trugen sie Wetterjacken und Jeans. Einer von ihnen hielt ein Klemmbrett. Ein anderer hatte eine Kamera um den Hals hängen. An allen Gürteln baumelten metallene Maßbänder.
»Sie können doch den Blätterteig für die Pasteten verwenden«, sagte sie in den Hörer. Das unhörbare Gespräch dauerte an. Die Körpersprache der Frau sagte: Ich bleibe höflich, aber ich habe hier das Sagen. Eugene war so steif wie bei seinem ersten Zusammentreffen mit Clare. Ein schüchterner Mann, der sich hinter dem Hochmut des Aristokraten verbarg. »Natürlich müssen Sie aus dem Teig erst die Pasteten herstellen.«
»Das weiß ich«, erwiderte Courtney ungeduldig. »Wir haben nicht genug kleine Backförmchen dafür.«
Clare konnte sich nicht erinnern, warum normal große, in Stücke geschnittene Quiches nicht in Frage kam. Sie nahm an, dass es vergebliche Liebesmüh wäre, diesen Punkt jetzt zu erörtern. »In Saratoga gibt es ein großes Geschäft für Küchenbedarf. Schicken Sie jemanden hin. Er soll ein paar Stapel Wegwerfförmchen kaufen.«
»Nach Saratoga?«, kreischte Courtney.
Die Frau überreichte van der Hoeven mehrere Seiten. Clare sah einen Briefkopf, konnte ihn aber nicht entziffern. Eugene beugte den Kopf über die Dokumente.
»Die Fahrt dauert nur eine Dreiviertelstunde«, sagte Clare so vernünftig wie möglich. »Sicher finden Sie jemanden, der …« Courtney unterbrach sie jammernd mit einer Reihe von Gründen, warum es unmöglich war, eine der schon jetzt zu wenigen Helferinnen auf eine Tagesreise nach Saratoga zu schicken. Clare ließ sie brabbeln. Ich habe nie aufgehört, mich zu wundern, wie viele Menschen direkt von einem »ich will es versuchen« zu einem »ich kann es nicht« übergehen, mokierte sich Sergeant Ashley »Hardball« Wright.
Eugene wandte sich ab und verschwand im Haus. Kein Abschiedsgruß, keine Rücksicht auf die Tatsache, dass die blonde Frau noch immer dort stand. Clare zwinkerte. Sie war zwar nicht gerade eine Expertin für Eugene van der Hoeven, aber das schien uncharakteristisch für ihn. Sie hörte seine Schritte auf dem Parkett, sie verschwanden in Richtung Wohnzimmer.
»… und Judy Morrison ist noch nicht mal hier, obwohl sie es versprochen hatte …«, jammerte Courtney weiter.
Die junge Frau drehte sich zu den hinter ihr versammelten Männern um und begann zu sprechen. Sie wies auf das Haus, die Garage, den Geräteschuppen. Einer der Männer löste das Maßband von seinem Gürtel, ein anderer zog ein dickes, eselsohriges Notizbuch aus der Tiefe seiner Taschen. Landvermesser? Steuerschätzer? Maler konnten sie nicht sein – es war viel zu spät im Jahr für einen Außenanstrich.
Erneut hörte sie van der Hoevens Schritte in der Eingangshalle und dann auf der Veranda. Durch die Haustür vernahm sie seine Stimme. »Hey! Sie!«
Die junge Frau und die
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