Das Dunkle Netz Der Rache
führt.«
Clare schaltete in den Leerlauf und ließ den Wagen die sanfte Neigung der Straße hinabrollen. »Rufen Sie weiter«, schrie sie.
Ein Klang wie von einem unterbesetzten Jubelchor erscholl aus dem Wald vor ihr. Von vorn und links. Er wurde lauter und lauter, während sie den zweispurigen Highway entlangrollte, bis sie an einen kaum sichtbaren Feldweg gelangten.
»Hier ist es«, sagte Lisa. »Die Holzfirma, für die mein Mann arbeitet, stellt den Sommer über ihre Maschinen hier ab. Himmel, hoffentlich sind es keine Kids, die sich verletzt haben.«
Ein einsamer Jäger stand an der Mündung des Wegs. Er schwenkte sein Gewehr durch die Luft und riss es eilends zur Seite, als Clare von der Asphaltstraße abbog.
»Gott sei Dank haben Sie uns gehört«, begrüßte er sie. »Eine halbe Meile den Weg hoch liegt ein bewusstloses Mädchen. Mein Kumpel Billy ist bei ihr. Wir wollten sie nicht bewegen. Alles ist voller Blut, und ich glaube, sie ist schwer verletzt.«
Clare und Lisa sahen sich an. »Ein Mädchen?«, fragte Clare. »Ein kleines Mädchen? Oder eine Frau?«
»Wie sieht sie aus?«, fragte Lisa, die sich an Clare vorbei zum offenen Fenster beugte.
Der Mann runzelte die Stirn. »Sie ist – ich weiß nicht, eine junge Frau. Jünger als Sie.« Er nickte Clare zu. »Sie hat lange blonde Haare. Mehr wissen wir auch nicht. Ich wollte sie nicht bewegen, für den Fall, dass sie sich am Rücken verletzt hat.«
»Glauben Sie …?«, wandte Clare sich an Lisa.
Die Haushälterin nickte. »Klingt wie sie.«
»Wie wer?« Der Jäger wechselte das Gewehr in die andere Hand und wischte sich über das Gesicht.
»Eine junge Frau ist aus dem Haus der van der Hoevens verschwunden. Eine Rettungsmannschaft sucht nach ihr.« Sie warf Lisa einen kurzen Blick zu. »Sie sagten, dies sei Haudenosaunee-Land, richtig?« Lisa nickte.
Der Jäger blickte den Feldweg hoch. »So viel kann ich Ihnen sagen, das Mädchen braucht keine Suchmannschaft, sondern einen Krankenwagen. Haben Sie Telefon? Ein Handy?«
Natürlich. Sie war eine Idiotin. Sie griff auf den Miniaturrücksitz, zerrte ihren Rucksack auf den Schoß und kramte nach ihrem Handy. Sie schaltete es ein und wurde von dem Hinweis »keine Verbindung« begrüßt. Sie zischte frustriert. Typisch für die Berge. »Hören Sie«, sagte sie zu dem Mann. »Wir fahren zurück nach Haudenosaunee und rufen von dort aus an. Dabei können wir ihrem Bruder gleich sagen, dass sie gefunden wurde. Bleiben Sie hier und warten auf den Krankenwagen?«
»Selbstverständlich. Beeilen Sie sich«, fügte der Jäger unnötigerweise hinzu.
»Festhalten«, sagte Clare zu Lisa. Sie wendete den Shelby und trat aufs Gas, fuhr schleudernd aus dem Feldweg. Sie schossen zurück über den Gebirgshighway. Rasten zwischen den Steinpfeilern hindurch, die den Eingang zu Haudenosaunee flankierten. Auf dem Weg beschleunigte sie, bis ihr kleiner Wagen rüttelte und vibrierte. Sie röhrten auf die Zufahrt und kamen in einem Schauer aus Schotter zum Stehen, wobei sie Eugene van der Hoeven erschreckten, der gerade vom Haus zu einem Pfad ging, der in die Wälder führte. Er trug einen Mantel und über der Schulter einen kleinen Rucksack. Unterwegs, um sich nach dem Tumult am Vormittag der Suchmannschaft anzuschließen.
»Reverend Fergusson?« Er eilte über die Zufahrt.
»Jäger haben Ihre Schwester gefunden«, sagte sie, während sie aus dem Shelby stürzte. »Ich brauche Ihr Telefon.«
»Was?« Er erbleichte, sein vernarbtes Gesicht verzerrte sich vor Angst. »Ist sie …?«
Sie schüttelte den Kopf so heftig, dass sich Strähnen aus dem Knoten in ihrem Nacken lösten. »Sie ist nicht tot, aber verletzt. Die Jäger, die sie gefunden haben, haben Angst, sie zu bewegen. Wir brauchen einen Krankenwagen.«
Eugene starrte sie an. »Wo war sie? Wie haben sie sie gefunden?«
»Sie ist auf einem der Zugangswege, nicht weit von hier.« Sie zeigte mit dem Daumen auf Lisa, die mit weißem Gesicht im Wagen saß. »Ihre Haushälterin sagt, dass die Holzfirma, für die ihr Mann arbeitet, dort die Maschinen abstellt.«
»Allmächtiger.« Van der Hoeven drehte sich um und musterte den Beginn des Pfades, der sich zwischen Haus und Garage öffnete. »Ist sie … bei Bewusstsein?«
»Das Telefon?«
Er schüttelte sich. »Natürlich. Gott, wo bin ich mit meinen Gedanken?« Er lief zur Veranda, nahm zwei Stufen gleichzeitig und riss die Tür auf. Er wies auf das Büro. »Rufen Sie an? Sie wissen genau, wo sie ist.«
Clare
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