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Das Dunkle Netz Der Rache

Das Dunkle Netz Der Rache

Titel: Das Dunkle Netz Der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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holte tief Luft. Natürlich war es ein Unfall gewesen. Er hatte kein Motiv, van der Hoeven umzubringen. Nicht eines.
    Natürlich wusste er jetzt mit Sicherheit, dass einer der drei Besitzer heute Abend nichts an GWP überschreiben würde.
    Und die zweite der drei Besitzer war in einem Turm gefangen. Niemand wusste, dass sie dort war. Außer Shaun.
    Was, wenn Millie van der Hoeven bei der Zeremonie heute Abend nicht erschien? Der Verkauf des Landes würde, wenn schon nicht aufgehoben, doch zumindest aufgeschoben. Eugenes Nachlass musste erst geordnet werden. Das würde Shaun Zeit verschaffen, um eine alternative Finanzierung auf die Beine zu stellen. Aktien zurückzukaufen. Vielleicht sein Angebot, eine Partnerschaft zu gründen, gegenüber Louisa van der Hoeven zu wiederholen.
    Selbstverständlich würde sie sich dafür nicht allzu empfänglich zeigen, falls man sie wegen des Todes ihres Bruders in der Zwischenzeit verhaftete. Aber darum konnte er sich kümmern, wenn es so weit war.
    In der Zwischenzeit kreisten seine Gedanken um die abendliche Zeremonie, um Millie van der Hoeven. Die Person, die in den Turm gegangen war, der Mann, der niemals jemandes Tod verursacht hatte, war zu Tode erschrocken. Was denkst du dir? Willst du sie dort lassen?
    Der alte Kinderreim ertönte in seinem Kopf. Ilse Bilse, keiner will se, kam der Koch, nahm se doch. Er sah am Turm hoch. Und wenn sie nicht gestorben sind.
    Er fragte sich, was er mit der Leiche machen sollte. Er war nicht eingebildet, aber er war stolz auf seine Haltung und Vernunft – bis er um eine Birke kam und Eugene van der Hoeven endlich aus der Nähe sah. Mit der Stellung von Eugens Gliedern stimmte etwas nicht. Wie bei einer Gliederpuppe, die man zu hastig zusammengesteckt hatte. Oder wie bei einer Marionette, von einem achtlosen Kind zur Seite geworfen. Shaun begann zu zittern. Sein Atem ging rasselnd, zu schnell, bis schwarze Punkte vor seinen Augen tanzten. Eugene war kein Mensch mehr, er war ein zerbrochenes Ding. Und Shaun hatte ihm das angetan.
    Er beugte sich vor und gab sein Mittagessen von sich.
    Er taumelte zurück zum Turm, bis er die Leiche nicht mehr sehen konnte. Er beugte sich vor, atmete tief durch, bezwang das Schwindelgefühl, die tanzenden Pünktchen. Okay, dachte er. Okay. Eugene ist tot. Er würde Eugene nicht anfassen. Aber er hatte Millie. Er musste die Gelegenheit ergreifen. Alles war eine Gelegenheit, wenn man den Nerv hatte, sie zu nutzen. Er würde Millie aus dem Turm holen und sie … irgendwohin bringen. In ein Motel. Die van der Hoevens werden heute Abend nicht erscheinen. Haudenosaunee liefert weiterhin billige Pulpe für Reid-Gruyn.
    Und was fängst du hinterher mit ihr an?, fragte der alte Shaun. Aber der neue Shaun, der Shaun, der als Gewinner aus diesem Debakel hervorgehen würde, dachte bereits darüber nach, wie er eine auf Rache sinnende, unkooperative Rapunzel aus ihrem Turm holen konnte.
    Er brauchte etwas, um sie zu befördern. Vor seinem inneren Auge blitzte die Garage auf, sein Gespräch mit Eugene, die Schubkarre auf dem dritten Stellplatz. Perfekt.
    Der Weg zurück zur Einfahrt verging wie im Flug. Bäume, das noch immer grüne Gras, die abgestorbenen Hortensien, und dann stand er vor der Garage, dankbar für van der Hoevens unmoderne, mit der Hand zu öffnende Tore. Er zog das letzte Tor auf. Da stand sie, die Schubkarre, für den bevorstehenden Winter eingelagert. Rechteckig, mit metallverstärkten Holzwänden, groß genug für eine erwachsene Frau, wenn diese sich zusammenrollte.
    Er schob sie über den Kies, um die Hausecke, den breiten Pfad entlang. Er konnte die den hinteren Rasen umgebende Steinmauer sehen und das pastellfarbene, entrindete Holzwerk an der Rückseite des Hauses. Er schob die Karre gerade um die Biegung des Pfades zum alten Camp, als er es hörte. Das Knirschen von Reifen auf Kies. Er schob hastig weiter, nur um zu stolpern und beinah zu fallen.
    Eine Tür schlug. Er erstarrte. Er hörte das Geräusch von Schritten, die über den Kies knirschten, auf der Holzveranda polterten. Dann nichts, als hätte der unsichtbare Besucher geklingelt und würde warten.
    Shaun holte tief und lautlos Luft.
    »Hallo!«, rief eine Stimme. »Jemand zu Hause?«

13:20 Uhr
    Randy hatte sich die Erklärung für seine Anwesenheit auf der Feuerwehrzufahrt 52 zurechtgelegt. Die Zufahrt von Haudenosaunee wurde nur von zwei Steinpfeilern gekennzeichnet, die man leicht übersehen konnte, wenn man nicht aufpasste. Er war

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