Das dunkle Paradies
nicht wahr?«
»Wenn du ihr ein Haar krümmst«, droht Todd, »dann bringe ich dich um.«
»Und ich dich auch«, sagt Lee.
Der Mann hört nicht auf zu lächeln. »Ich glaube, du hast einen Nebenbuhler, Todd.«
»Wer ist er?«, frage ich scharf. Der Ärger darüber, dass jeder meint, mich beschützen zu müssen, macht mich mutig.
»Con Ledger, Bürgermeister von Haven, stets zu Diensten, Viola.« Er macht eine knappe Verbeugung. »Du bist es doch, oder?« Er geht um Todd herum. »Oh, der Herr Präsident war sehr interessiert zu wissen, was für Lärm du in deinen Träumen machst, mein Junge. Sehr interessiert daran, was du denkst, wenn du schläfst. Und wie sehr deine Viola dir fehlt und was du alles tun würdest, um sie wiederzufinden.«
Ich sehe, wie Todd blutrot anläuft.
»Und mit einem Mal wurde er mir gegenüber sehr viel entgegenkommender. Er bat mich, dir gewisse Informationen zukommen zu lassen, wir wollten sehen, ob wir dich dazu bringen könnten, das zu tun, was er von dir wollte.« Bürgermeister Ledger ist eine lächerliche Erscheinung mit all den Sachen, die er bei sich trägt, in einer Hand die Pistole, den Rucksack in der anderen, unter dem Arm das Buch. Und trotzdem versucht er gefährlich zu wirken. »Ich muss sagen, es hat geklappt wie am Schnürchen.« Er blinzelt mir zu. »Jetzt, da ich weiß, wann und wo die Antwort angreifen wird.«
Lees Lärm braust auf und er macht wütend einen Schritt nach vorn.
Bürgermeister Ledger spannt den Abzug seiner Pistole. Lee bleibt stehen.
»Gefällt sie dir?«, fragt Ledger. »Der Bürgermeister hat sie mir gegeben, zusammen mit meinem eigenen Schlüssel.«
Er lächelt wieder, dann bemerkt er, wie wir ihn alle anblicken. »Ach, hört auf damit«, sagt er. »Wenn Prentiss die Antwort erst einmal besiegt hat, dann ist das alles vorbei. Die Bomben, die Einschränkungen, die Ausgangssperre.« Sein Lächeln wird jetzt etwas unsicher. »Man muss kapieren, dass man das System von innen heraus verändern muss. Wenn ich erst sein Stellvertreter bin, dann werde ich hart daran arbeiten, dass alle es besser haben.« Er nickt in meine Richtung. »Auch die Frauen.«
»Du solltest mich lieber erschießen«, sagt Todd. Der Lärm schlägt wie eine Flamme aus ihm. »Denn wenn du die Waffe aus der Hand legst, wirst du nirgendwo mehr deines Lebens sicher sein.«
Bürgermeister Ledger seufzt. »Ich werde niemanden erschießen, Todd, es sei denn …«
Plötzlich fliegt die Tür zum Nebenzimmer auf, und der Mann, der uns eingelassen hat, steht da. Die Verblüffung ist ihm ins Gesicht und in den Lärm geschrieben. »Was hast du hier zu suchen?«
Bürgermeister Ledger richtet seine Pistole auf ihn und drückt dreimal ab. Der Mann taumelt rückwärts durch die Türöffnung und fällt der Länge nach hin, nur seine Füße sind jetzt noch zu sehen.
Die Schüsse hallen von dem Marmorboden wider und wir stehen entsetzt und wie angewurzelt da.
Klar und deutlich tritt ein Bild in Bürgermeister Ledgers Lärm, ein Bild, das ihn selbst zeigt, mit einem blutunterlaufenen Auge und einer aufgeplatzten Lippe, und man sieht auch den Mann, der jetzt auf dem Boden liegt, wie er ihn schlägt.
Ledger merkt, dass wir ihn anstarren. »Was ist?«
»Bürgermeister Prentiss wird das ganz und gar nicht gefallen«, sagt Todd. »Er kennt Mr Collins noch aus dem alten Prentisstown.«
»Ich bin sicher, wenn ich ihm Viola vorführe und den Zeitpunkt des Angriffs nenne, wird ihn dies für ein paar kleine Unannehmlichkeiten voll und ganz entschädigen.« Bürgermeister Ledger blickt sich um, er sucht nach einem Platz, wo er die Sachen, die er hält, ablegen kann. Schließlich wirft er das Buch ziemlich achtlos in Todds Richtung. Ehe es zu Boden fällt, fängt Todd es gerade noch auf.
»Deine Mutter war keine große Schriftstellerin, Todd«, sagt Bürgermeister Ledger, während er zugleich mit seiner freien Hand den Reißverschluss des Rucksacks öffnet. »Sie konnte nicht mal richtig schreiben.«
»Das wirst du bereuen.« Todd blickt mich an, und da merke ich, dass ich es war, die das gesagt hat.
Bürgermeister Ledger wühlt in meinem Rucksack. »Essen!«, sagt er und seine Miene hellt sich auf. Von ganz oben zieht er einen Pinienzapfen hervor und schiebt ihn sich auf der Stelle in den Mund. Dann wühlt er weiter, findet Brot und noch mehr Früchte, beißt überall hinein. »Wie lange hattest du vor zu bleiben?«, fragt er mit vollem Mund.
Ich sehe, wie Todd langsam auf ihn zugeht.
»Glaub
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