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Das dunkle Paradies

Das dunkle Paradies

Titel: Das dunkle Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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fressen werden.« Sie lacht kurz auf. »Und dann fressen sie dich.«
    Ich muss auch ein wenig lachen. Und dann fällt mir wieder alles ein, was passiert ist.
    »Trotzdem«, sagt sie, »er ist schön, der Ozean. Unvergleichlich.«
    »Ihr vermisst ihn.« Ich trinke mein Bier aus.
    »Wer den Ozean einmal gesehen hat, der vermisst ihn immer«, sagt sie und nimmt mir das Glas aus der Hand. »Ich hole dir noch eines.«
    In dieser Nacht habe ich einen Traum.
    Ich träume von Ozeanen und von Fischen, die mich verschlingen wollen. Ich träume von Armeen, die an mir vorbeischwimmen, und Mistress Coyle führt sie an. Ich träume von Maddy, die mich an der Hand nimmt und fürsorglich davor bewahrt, ins Wasser zu fallen.
    Ich träume von einem Donnerschlag, der mit einem einzigen, lauten Rumms! beinahe den Himmel in Stücke reißt.
    Maddy lächelt, als ich bei diesem Knall erschrocken hochfahre. »Ich werde ihn sehen«, sage ich zu ihr.
    Sie schaut mir über die Schulter und sagt: »Da ist er.«
    Ich drehe mich um.
    Ich wache auf. Die Sonne muss sich geirrt haben. Ich setze mich in meinem Bett auf, mein Kopf ist schwer wie ein Felsbrocken, und ich muss die Augen wieder schließen, weil sich alles um mich herum dreht.
    »Fühlt man sich so, wenn man einen Kater hat?«, frage ich laut.
    »In dem Bier war kein Alkohol«, sagt Corinne.
    Ich reiße die Augen auf, aber das ist ein Fehler, denn vor mir tanzen schwarze Flecken. »Was machst du denn hier?«
    »Ich warte darauf, dass du aufwachst, damit dich die Männer des Präsidenten mitnehmen können.«
    »Wie?«, frage ich, als sie auch schon aufsteht. »Was ist hier los?«
    »Sie hat dich betäubt. In deinem Bier war Jeffers, außerdem Krummwurzeln, damit man das Jeffers nicht schmeckt. Das hat sie dir dagelassen.« Sie hält mir einen kleinen Zettel hin. »Du sollst ihn vernichten, wenn du ihn gelesen hast.«
    Ich nehme das Papier. Es ist eine Mitteilung von Mistress Coyle. »Vergib mir, Mädchen«, schreibt sie, »aber der Präsident irrt. Der Krieg ist noch nicht vorbei. Bleib auf der Seite des Rechts, bringe weiterhin alles in Erfahrung, was du kannst, führe ihn in die Irre. Ich werde mich wieder bei dir melden.«
    »Sie haben die Fassade eines Ladens in die Luft gesprengt und ein heilloses Durcheinander angerichtet«, erzählt Corinne.
    »Was haben sie gemacht? Corinne, was geht hier vor?«
    Aber sie schaut mich nicht einmal an. »Ich habe ihnen gesagt, dass sie ihre heiligste Pflicht verletzen, dass es unsere erste Pflicht ist, Leben zu bewahren.«
    »Wer ist sonst noch hier?«
    »Nur du und ich«, antwortet sie. »Und die Soldaten, die draußen warten, um dich zum Präsidenten zu bringen.« Sie betrachtet ihre Fußspitzen, und zum ersten Mal spüre ich ihren Zorn, merke, dass sie vor Wut kocht. »Ich nehme an, ich werde von jemandem vernommen, der weniger attraktiv ist.«
    »Corinne …«
    »Du wirst mich von jetzt an Mistress Wyatt nennen«, unterbricht sie mich. »Vorausgesetzt, es tritt der unwahrscheinliche Fall ein, dass wir beide lebendig hierher zurückkehren.«
    »Sie sind fort?«, frage ich, weil ich es immer noch nicht glauben kann.
    Corinne starrt mich wütend an und wartet darauf, dass ich aufstehe.
    Sie sind fort.
    Sie hat mich mit Corinne allein gelassen.
    Sie hat mich hier zurückgelassen.
    Sie ist fort und fängt einen Krieg an.

13
    Splitter
    [TODD]
    »Atomtreibstoff, Sir, mit zerstoßenem Ton vermengt, ergibt eine klebrige Masse.«
    »Ich weiß, wie man Brandbomben baut, Korporal Parker«, sagt der Bürgermeister, der vom Pferd aus den Schaden inspiziert. »Ich verstehe nur nicht, wie es ein paar unbewaffneten Frauen gelingen konnte, vor den Augen der Soldaten, die unter deinem Befehl standen, hier eine Bombe zu zünden.«
    Wir sehen, wie Korporal Parker schlucken muss, sehen, wie sich sein Kehlkopf bewegt. Er stammt nicht aus dem alten Prentisstown, er muss auf dem Marsch hierher zur Armee gestoßen sein. »Man geht dorthin, wo die Macht ist«, hat Ivan gesagt. Aber was tun, wenn die Macht eine Antwort haben will, man aber keine Antwort geben kann?
    »Vielleicht waren es nicht nur Frauen, Sir«, wendet Parker ein. »Die Leute tuscheln, dass …«
    »Schau dir das an, Schweinebacke«, sagt Davy zu mir. Er ist auf Deadfall/Acorn zu einem Baumstumpf geritten. Gegenüber liegen die Trümmer der gesprengten Ladenfassade.
    Ich schnalze Angharrad aufmunternd zu und gebe ihr mit meiner gesunden Hand die Zügel. Leichtfüßig steigt sie über die Überreste von

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