Das dunkle Paradies
Todd.
Und alles ist gut.
Und dann höre ich Schritte auf dem Flur.
Schritte, die genau vor meiner Türe haltmachen.
Wir beide schauen zur Tür. Ein Schatten fällt durch den Türschlitz, zwei Beine, auf der anderen Seite.
Ich warte darauf, dass es klopft.
Ich warte darauf, dass jemand ihm befiehlt, sofort herauszukommen.
Ich warte auf den Kampf, den ich mit wem auch immer aufnehmen werde.
Doch dann gehen die Füße weiter.
»Wer war das?«, fragt Todd.
»Mistress Wyatt«, antworte ich und höre die Überraschung in meiner Stimme.
»Und dann ist die Bombe hochgegangen«, beende ich meinen Bericht, »und er hat mich nur zweimal rufen lassen, ganz am Anfang, um mich zu fragen, ob ich etwas wüsste, aber ich weiß nichts, wirklich, gar nichts, und das war’s dann. Das ist alles, was ich von ihm weiß, ich schwöre es.«
»Seit die ersten Bomben hochgegangen sind, hat er so gut wie nicht mehr mit mir gesprochen«, sagt Todd und schaut auf seine Fußspitzen. »Ich hatte Angst, du hättest sie hochgehen lassen.«
Ich sehe in seinem Lärm, wie die Brücke in die Luft fliegt. Ich sehe, wie ich es getan habe. »Nein«, sage ich und denke an den Zettel in meiner Tasche. »Ich war es nicht.«
Todd schluckt, dann fragt er einfach und direkt: »Wollen wir weglaufen?«
»Ja.« Ich bin so schnell bereit, Corinne im Stich zu lassen, dass ich geradezu spüre, wie es mir die Schamesröte ins Gesicht treibt, aber ja, wir sollten weglaufen.
»Aber wohin?«, fragt er. »Wo kann man denn noch hingehen?«
Ich mache den Mund auf, zögere jedoch.
»Wo versteckt sich diese Antwort ?«, fragt er. »Können wir dorthin?«
Mir fällt auf, wie angespannt sein Lärm ist, wie missbilligend und widerstrebend.
Die Bomben. Er mag die Bomben auch nicht.
Ich sehe in seinem Lärm tote Soldaten inmitten von Trümmern. Aber da ist noch mehr …
Und wieder zögere ich. Ich frage mich einen Moment lang, nicht länger, als es braucht, eine Fliege wegzuscheuchen, ich frage mich …
Ich frage mich, ob ich es ihm erzählen soll.
»Ich weiß nicht«, sage ich dann. »Ich weiß es wirklich nicht. Sie hat mir nichts gesagt, für den Fall, dass man mir doch nicht trauen kann.«
Todd sieht mich an.
Eine Sekunde lang bemerke ich auch bei ihm den Zweifel.
»Du traust mir nicht«, platze ich heraus, ehe ich weiß, was ich sage.
»Du traust mir auch nicht«, erwidert er. »Du überlegst gerade in diesem Augenblick, ob ich für den Bürgermeister arbeite. Und du fragst dich, weshalb ich so lange gebraucht habe, dich zu finden.« Er schaut traurig auf den Boden. »Ich kann deine Gedanken lesen«, sagt er. »Beinahe so gut wie meine eigenen.«
Ich suche in seinem Lärm. »Du fragst dich, ob ich zur Antwort gehöre. Du glaubst, ich wäre zu so etwas fähig.«
Er schaut mich nicht an, aber er nickt. »Ich habe nur versucht am Leben zu bleiben, habe einen Weg gesucht, dich zu finden, habe gehofft, dass du mich nicht im Stich gelassen hast.«
»Niemals«, sage ich. »Nie im Leben.«
Er schaut hoch. »Ich würde dich auch nie verlassen.«
»Versprichst du das?«
»Ganz großes Ehrenwort«, erwidert er und grinst verlegen.
»Ich verspreche es auch«, sage ich und lächle ihn an. »Ich werde dich nie nicht verlassen, Todd Hewitt, niemals nicht.«
Sein Lächeln wird noch etwas breiter, als ich das sage, aber es verschwindet sofort wieder, und dann sehe ich, wie er seinen Lärm sammelt, um mir etwas zu gestehen, etwas Schwieriges, etwas, weswegen er sich schämt, aber bevor er es mir sagt, möchte ich, dass er Vertrauen zu mir hat, dass er mir voll und ganz vertraut.
»Ich glaube, sie sind am Ozean«, sage ich. »Mistress Coyle hat mir vom Ozean erzählt, bevor sie gegangen ist. Ich glaube, sie wollte mir damit sagen, dass sie dorthin gehen.«
Er schaut mich wortlos an.
»So und jetzt sag noch mal, dass ich dir nicht vertraue, Todd Hewitt.«
Und dann merke ich, dass ich einen Fehler gemacht habe.
»Was?«, fragt er, als er meinen Gesichtsausdruck sieht.
»Es ist in deinem Lärm, Todd. Dein Lärm ist voll davon. Ozean, Ozean und nochmals Ozean.«
»Das ist keine Absicht«, sagt er, aber er reißt die Augen auf, und ich sehe, wie die Tür zu seinem Gefängnis offen blieb, ich sehe den Mann, der mit ihm in seiner Zelle sitzt, er erzählt ihm, wo ich bin, und ich sehe die Fragezeichen in seinen Augen …
»Ich bin so dumm!«, sagt Todd und springt auf. »Ich bin so ein verdammter Idiot! Wir müssen gehen. Auf der Stelle!«
»Todd
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