Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)
drin, seit ewigen Zeiten. Warum lassen wir nicht einfach alles, wie es ist.« »Spinnst du?« Ihre Stimme klang laut und schrill. Robert Sternberg nahm eine Serviette vom Tisch und wischte sich das Gesicht ab.
»Kann es nicht einmal auch nach meinem Willen gehen?«, sagte er.
Sie lachte abfällig: »Immer wenn es nach deinem Willen geht, geht alles schief.«
Er wischte sich erneut das Gesicht ab.
»Oder sind deine Stäbchen jetzt serienreif?«
Er sah zu Boden.
»Nein, noch nicht, aber das wird schon.«
»Wann, Robert, wann? Wann wird das sein?«
In diesem Augenblick klingelte Denglers Handy.
Er zuckte entschuldigend die Schultern und nahm das Gespräch an.
»Hi! Hier ist Leopold Harder.«
Der Wirtschaftsjournalist.
Dengler sagte: »Hallo. Haben Sie etwas herausgefunden?«
»Ja. Aber nichts Besonderes.«
»Erzählen Sie.«
Dengler stand auf und verließ den Raum. Er lächelte der Sekretärin zu, die hinter dem Computer saß und mit atemberaubender Schnelligkeit Zahlen in die Tastatur hämmerte.
»Das Schlosshotel ist schuldenfrei. Keine Hypothek. Machen nicht viel Umsatz, aber es reicht gerade so, dass drei Generationen in Ruhe dort leben können. Sagen wir mal so: keine großen Sprünge, aber auch keine Sorgen.«
»Drei Generationen?«
»Das Hotel gehört einem gewissen Kurt Roth. Er lebt dort mit seiner Frau und seiner Tochter.«
»Das sind erst zwei Generationen.«
»Es gibt noch den Großvater. Den Vater von Kurt Roth. Er heißt Albert Roth und wohnt im gleichen Haus.«
War das der alte Mann mit der Schiebermütze und dem warmen Bier?
Dengler bedankte sich für die Informationen.
»Macht ein Bier. Wie versprochen. Heute Abend?«
»Ja, kommen Sie ins Basta. «
»Sind Sie auch offen für eine neue Erfahrung?«
Dengler lachte: »Sicher.«
»Dann hole ich Sie um acht ab.«
Dengler ging zurück in Ilona Sternbergs Büro.
Die beiden Geschwister saßen schweigend in ihren Sesseln. »Nachrichten vom Hotel«, sagte Dengler, »es ist schuldenfrei und macht genügend Umsatz, dass die Familie Roth davon leben kann. Keine großen Sprünge, aber ohne Sorgen, sagt mein Informant.«
»Wir wollen, dass Sie Ihre Arbeit fortführen«, sagte Ilona Sternberg.
»Vorläufig und nur ...«, sagte Robert Sternberg, aber ein strenger Blick seiner Schwester brachte ihn zum Schweigen.
Dengler schaute ihn an. Er war nun völlig nass geschwitzt und sah zu Boden. Er tat Dengler Leid.
»Die angeforderten Unterlagen erhalten Sie morgen per Mail«, sagte Ilona Sternberg. Sie lehnte sich im Sessel zurück. Die graue Strähne in ihrem Haar leuchtete.
Er verabschiedete sich.
Als er im Wagen saß, zog er sein Funktelefon heraus und
suchte die Nummer, die ihn zuletzt angerufen hatte. Er
wählte. Harder meldete sich nach dem ersten Läuten.
»Georg Dengler hier noch einmal. Herr Harder: Wollen Sie
sich ein zweites Bier verdienen?«
Der Mann am anderen Ende der Leitung lachte.
»Der Freund von Martin Klein ist auch mein Freund«, sagte
er.
»Ich brauche Informationen über eine bestimmte Firma.«
»Name?«
»Sternberg Befestigungssysteme.«
»Sitz?«
»Gündlingen.«
* * *
Den Nachmittag verbrachte Dengler bei zwei alten Damen in Gündlingen. Sie erzählten ihm von den schwierigen Zeiten nach dem Krieg. Eine hatte ihren Mann in Russland verloren und danach nie wieder geheiratet. Der Mann der anderen kam 1953 aus russischer Gefangenschaft zurück. Es sei zwischen ihnen aber nie wieder so gewesen wie vorher, sagte sie. Trotzdem, ihre Ehe habe gehalten bis zu seinem Tode sechzehn Jahre später.
Sobald Dengler aber auf Volker Sternberg zu sprechen kam, schwiegen sie alle.
Dengler war zumute, als liefe er gegen eine Mauer.
Er war kein Jota weiter als zuvor.
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32. Als er gehen wollte
Als er gehen wollte, flog die Tür des Wirtshaus Dreher auf. Zwei SS-Leute stießen Walter Aronheim und Richard Effgen heraus.
Die Menge johlte.
»Aufhängen, den Jud«, schrie einer, und viele klatschten.
Albert Roth blieb stehen.
Er kannte die SS-Leute. Es waren ein Schleifer und ein Edelsteinhändler aus Idar. Beide hatten kleine Geschäfte am Ende der Adolf-Hitler-Straße.
Walter Aronheim war leichenblass. Er blickte in die Menge, und seine Mundwinkel verzogen sich zu einem verächtlichen Ausdruck. Roth sah, dass ihm jemand ein Schild umgebunden hatte. »Rizinus-Indianer« stand darauf, in ungelenker Handschrift.
Effgens Blick war wütend. Auch ihm hatte die SS ein Schild umgehängt. »Industrieschädling«,
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