Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)
jemand zu Roth.
Jeder will es sehen.
Auch Aronheim kann es nicht halten. Kurz vor dem Bahnhof färbt sich auch seine Hose. Die Scheiße läuft ihm beide Beine hinab.
Die sollen die Straße sauber machen, schreit einer.
Effgen laufen die Tränen aus den Augen.
Aronheim geht wie in Trance weiter.
Auf dem Bahnhofplatz stehen einige feixende Polizisten.
Da bahnt sich ein Mann den Weg durch die Menge.
Roth kennt ihn.
Es ist Karl Weyand, der Betriebsleiter bei der Firma Elias Neuhäuser.
Soll ein strenger Vorgesetzter sein.
Weyand will wissen, wer verantwortlich ist. Man soll die beiden Männer sich säubern lassen.
Ein betrunkener SA-Mann tritt ihm entgegen und schreit ihn an, er sei ein Sozialist, sei noch schlimmer als der Jud. Und schlägt ihn mitten ins Gesicht. Weyand stolpert zurück. Die SS-Leute drängen Aronheim und Effgen in die Bahnhofshalle. Sie werden nach Birkenfeld gebracht, heißt es, ins Gefängnis. Der Kreisleiter Herbert Wild würde sie schon erwarten. Der macht denen richtig Feuer unterm Arsch, sagt jemand. Roth sieht, wie einer der Umstehenden zu einem SS-Mann rennt. Er sagt ihm, Weyand habe die SS- und die SA-Leute »Lumpen« genannt.
Der bespricht sich mit einem anderen SS-Mann. Und noch einem.
Dann gehen sie zu dritt zu Weyand. Der blutet aus Lippen und Nase.
Sie greifen ihn und schleppen den heftig sich Wehrenden mit in den Bahnhof hinein.
Mit dem nächsten Zug werden die drei Männer nach Birkenfeld gebracht.
Roth geht nach Hause.
Noch am Abend schrieb er einen Brief an seine Schwiegereltern in Bruchsal.
Die Antwort kam prompt. Er solle nach Bruchsal kommen. Sie würden ihm helfen. Bald, ja bald solle er kommen.
Und nun stand er an ihrem Grab.
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33. Als Georg Dengler kurz vor acht ins Basta kam
Als Georg Dengler kurz vor acht ins Basta kam, standen Martin Klein und Leopold Harder schon mit einem Glas Grauburgunder an der Theke. Er stellte sich zu ihnen. Die beiden Männer tranken den Rest ihres Weines aus. Dann gingen sie.
Es schneite schon wieder. Die Temperatur lag unter dem Gefrierpunkt. Harder führte sie an der Cantina Toskana vorbei. An der Ecke Rosenstraße blieb Martin Klein vor einem kleinen Modeladen stehen. Im Schaufenster standen einige Puppen, nur mit weiten, modernen Hosen eingekleidet, schwarzen Shirts und schwarzen Jacketts. Hier kaufst du also deine Klamotten, sagte Harder, und Klein nickte. Sie bogen in die Olgastraße und überquerten die mächtige Hohenheimer Straße, liefen durch das Gerichtsviertel zur Urbanstraße und standen dann vor einer Kneipe, die Becher hieß.
Drinnen war es brechend voll.
Harder erklärte ihnen, hier kämen die Schauspieler der nahe gelegenen Theater nach der Vorstellung zum Essen, ebenso wie die Studenten der Musikhochschule nebenan. Der Becher sei eines der wenigen Lokale in Stuttgart, in denen das Essen nicht nur gut, sondern auch für Normalverdiener, Studenten und sogar für Künstler bezahlbar sei. Er deutete auf den Nebentisch, an dem vier ältere Herren Skat spielten. Links der Mann sei der pensionierte Präsident des Oberlandesgerichts, der wohl einige Jahrhunderte Gefängnis in seiner Dienstzeit verteilt habe. Eine mittlerweile geläuterte Juristenrunde, sagte Harder.
Eine attraktive dunkelhaarige Frau brachte ihnen die Speisekarte. Es gab hauptsächlich schwäbische Gerichte: Maultaschen, Gaisburger Marsch, Zwiebelrostbraten und Linsen mit Spätzle und Saitenwürstle. Die schwäbische Weinkarte war um einige ausgezeichnete Italiener und Franzosen ergänzt.
Sie bestellten jeder ein Pils.
Ein freundlicher, südländisch wirkender Mann mit einem kleinen Pferdeschwanz brachte ihnen die Biere und nahm ihre Bestellung auf. Harder empfahl ihnen Linsen mit Spätzle.
»In Stuttgart verlangen alle Gastronomen hohe Preise, aber selten liefern sie auch die entsprechende Qualität«, sagte Harder. »Lokale mit bezahlbaren Preisen brummen dagegen, sind jeden Tag voll, stehen aber selten in der Zeitung.« Dengler wollte sich nicht über schwäbische Gastronomie unterhalten. Er bedankte sich bei Harder für die Informationen über das Gündlinger Schlosshotel.
»Ich wusste nicht mal, dass es ein Gündlingen bei Bruchsal gibt«, sagte Harder. »Geschweige denn ein Restaurant namens Schlosshotel. Ist das Essen dort gut?«
Dengler nickte. »Auch ein Geheimtipp. Sehr zu empfehlen. Gar nicht schlecht und äußerst preiswert. Mit einer Spezialität: Spießbraten. Schmeckt sehr gut. Ist aber, soweit ich weiß, keine
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