Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)
ist.
Er warf dem Tier ein drittes Stück hin.
Dann lief er hinüber zum Kuhstall.
Der Hund blieb ruhig.
Vorsichtig betrat er den Stall. Die Kühe standen dampfend da und wendeten ihm interessiert den Kopf zu. Er sah im Dunkel des Stalles eine Leiter und kletterte hinauf auf den Heuboden. Die Reste des Katzenkadavers versteckte er zwischen zwei Holzbalken. Dann ließ er sich in einer Ecke nieder, deckte sich völlig mit Heu zu.
Er dachte an Chicago.
An Koko und seinen Sohn.
Er brauchte hier nur zu warten, bis die Infanterie kam.
Dann schlief er ein.
Am Morgen wurde er wach, als die Bäuerin die Kühe molk. Die Tiere muhten und bewegten sich unruhig hin und her. Nach einer Stunde war alles wieder still.
Gegen zehn Uhr hörte er den Hund bellen, Stimmen ertönten auf dem Hof. Er schlich zu der gegenüberliegenden Seite des Scheunendaches und spähte durch einen Spalt in der Holzwand. Unten standen vier Soldaten mit geschulterten Gewehren, sie sprachen mit dem Bauern und seiner Frau. Neben ihnen in kurzen Hosen warteten die beiden Buben, die er gestern im Wald beim Cockpit angetroffen hatte.
Sie suchten ihn.
Langsam zog er sich wieder in seine Ecke am anderen Ende des Scheunenbodens zurück.
Er legte die Pistole vor sich und wartete.
Nach einigen Minuten war es auf dem Hof wieder ruhig.
Sie waren weg.
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35. Am Morgen rief er im Krankenhaus an
Am Morgen rief er im Krankenhaus an. Seine Mutter war wach, aber er konnte nicht mit ihr sprechen, da sie gerade untersucht wurde. Er bat die Schwester, ihr auszurichten, dass er sie morgen besuchen würde. Sie versprach es.
Dengler hatte kaum aufgelegt, als das Telefon klingelte. Ilona Sternberg meldete sich.
»Sie wollten doch mit meinem Vater sprechen«, sagte sie. »Ja«, sagte Dengler.
»Können Sie um 16 Uhr in der Firma sein? Wir fahren dann zu ihm.«
»Ja«, sagte er, und Frau Sternberg legte auf.
Dengler dachte nach und blätterte in seinem Notizbuch. Was wusste er über diesen Fall?
Ein Hotel wechselt kurz nach dem Krieg den Besitzer. Niemand schert sich darum. Oder doch? Der alte Besitzer hat das Objekt einem 15-jährigen Jungen übertragen. Und er hat gegenüber seiner eigenen Familie offenbar nie darüber ein Wort verloren. Nicht einmal seinen geliebten Enkeln davon erzählt. Seinem Sohn? Dem Schweiger?
Gab es eine Gegenleistung von den Roths? Wo war diese verdammte Zusatzvereinbarung? Schuldete Volker Sternberg den Roths etwas?
Niemand im Ort wollte ihm etwas darüber sagen.
Er überlegte.
Eine Person gab es, die wissen müsste, was da vorgefallen war.
Kurt Roths Vater.
Harder hatte doch von drei Generationen gesprochen, die im Schlosshotel leben: Es gibt noch den Großvater. Den Vater von Kurt Roth. Er heißt Albert Roth und wohnt in dem gleichen Haus, hatte Harder gesagt.
Der alte Mann mit der Schiebermütze.
Heute Mittag würde er wieder einen Spießbraten essen.
* * *
Maria Roth nahm seine Bestellung gleichmütig entgegen. Eine Portion Spießbraten. Gerne. Mit Rettichsalat. Gerne. Und eine Flasche Wasser. Mit oder ohne Kohlensäure. Mit, bitte. Wird gemacht.
Dengler sah sich um. Kurt Roth stand hinter der Theke und zapfte ein Bier. Dengler nickte in seine Richtung, aber Roth schien ihn nicht zu sehen. Seine Frau brachte gerade zwei Teller an einen Tisch am Fenster. Der alte Mann mit der Schiebermütze war nicht da.
»Ist Ihr Großvater heute nicht da?«, fragte er Maria Roth, als sie ihm das Mineralwasser brachte.
»Nein«, sagte sie und ging zu ihrem Vater an die Theke. Die beiden flüsterten.
Dengler trank einen Schluck.
Dann stand Kurt Roth vor ihm.
»Darf ich mich setzen?«
Dengler deutete mit der Hand auf einen Stuhl.
Roth setzte sich.
Seine Tochter brachte ihm eine Tasse Kaffee.
»Unser Spießbraten scheint Ihnen zu schmecken«, sagte Roth.
»Ausgezeichnet«, antwortete Dengler, »gibt es ein Geheimnis – wie Sie diesen besonderen Geschmack erzeugen?«
»Ein Geheimnis! Geheimnisse sind wohl Ihre Spezialität, nicht?«, sagte Roth. »Manchmal gibt es aber auch gar keine.«
»Und beim Spießbraten?«
»Kein Geheimnis. Das Fleisch muss gut abgehangen, das heißt entwässert sein. Wenn noch Wasser im Fleisch ist, bekommt der Braten niemals diesen reinen Fleischgeschmack.«
»Besondere Zutaten?«
»Nur Zwiebeln. Die Zwiebeln werden geschnitten und dann an das Fleisch angedrückt. Der Zwiebelsaft soll durch das Fleisch fließen, es tränken.«
»Mmh.«
»Salz und Pfeffer unterstützen die Wirkung der
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