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Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Titel: Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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konserviert und in seine Einzelteile zerlegt. Er wunderte sich, wie sicher und routiniert der Zusammenbau der Waffe verlief, wie sicher er noch die Handgriffe beherrschte. Der Lauf und der Verschluss rasteten in ihren Halterungen ein, die Patronen transportierten ohne Schwierigkeiten – die Waffe war schussbereit.
    Als er den Schrei der jungen Frau hörte, hatte er gewusst, dass sie die Leiche gefunden hatten. Er hatte hinter dem Steuer seines grauen Renaults gesessen, und in diesem Augenblick wurde ihm klar, dass er handeln musste.
    Ohne eine Gefühlsregung hatte er den ersten Gang eingelegt und war an der Ausgrabungsstelle vorbei nach Hause gefahren.
    Er hob die Waffe hoch und überdachte noch einmal seinen Plan, aber er fand keinen Fehler.
    Würde er schießen können?
    Er fühlte die Bilder aus der Vergangenheit in sich aufsteigen und wusste, dass er dazu in der Lage war.
    Hoffentlich war es nicht zu spät.

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    67. Dengler kletterte aus dem Graben
    Dengler kletterte aus dem Graben. Er nahm Olga in den Arm. Sie war völlig durchnässt und zitterte. Er hob den Schirm auf und führte Olga an den Straßenrand zu ihrem Klappstuhl. Sie setzte sich schluchzend, er strich ihr über die Wange und drückte ihr den Schirm in die Hand.
    »Ich bin gleich wieder da.«
    Dann stieg er wieder in die Grube und betrachtete die Fingerknochen, von denen der Regen nun immer mehr Erde abspülte. Er nahm die Schaufel und trug vorsichtig das Erdreich von oben ab. Nach und nach legte er die komplette Hand frei, bis der Ansatz des Ellenbogenknochens sichtbar wurde. Kein Zweifel: Er hatte eine Leiche gefunden.
    Dengler versuchte, seine Gedanken zu ordnen.
    Waren das die Überreste von Juniors Vater?
    Olga hatte sich noch immer nicht beruhigt. Er musste sie nach Hause bringen. Morgen würde er weitergraben. Er nahm das Flanellhemd und deckte es behutsam über die Handknochen. Dann stieg er aus dem Loch.
    Ob die Alten mir jetzt erzählen, was hier los ist?
    Wütend sah er auf die andere Straßenseite.
    Der Bürgersteig war leer.
    Langsam entfaltete er die Planen und begann die Grabstelle abzudecken.

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    68. Als sie die Pension erreichten
    Als sie die Pension erreichten, kam ihnen die junge Wirtin aufgelöst entgegen.
    »Ich muss rasch weg. Zu meiner Großtante. Mein Mann kommt gleich und holt mich ab. Sie haben sie vor einer halben Stunde gefunden, sofort in die Klinik, wahrscheinlich ein Schlaganfall. Kann sein, dass ich es morgen nicht rechtzeitig mit dem Frühstück schaffe.«
    Dann sah sie Olga an. »Geht es Ihnen nicht gut? Kommen Sie rein. Sie müssen sich umziehen, Sie sind ja völlig durchnässt. Und Sie auch.« Sie deutete auf Dengler, der den verschmutzten Schirm zusammenklappte und die Gummistiefel auszog. Sie öffnete die Eingangstür der Pension.
    Olga schluchzte auf, lief an ihr vorbei und die Treppe zum ersten Stock hinauf. Die junge Frau sah ihr nach, dann wandte sie sich an Dengler.
    »Was hat sie denn?«
    »Sie ist – überarbeitet«, sagte Dengler unruhig und blickte ihr nach. Er trat ins Haus, die junge Frau folgte ihm.
    »Dabei ging es ihr doch so gut. Meiner Großtante. Ich war heute noch kurz bei ihr. Sie hatte am Nachmittag sogar Besuch. Ganz überraschend. Einige alte Freunde aus dem Ort. Die habe ich alle ewig nicht gesehen. Haben noch über den Krieg und die Nachkriegszeit geredet. Schlimm. Ich habe gehört in der Küche, wie sie laut miteinander sprachen und über irgendwas richtig diskutierten. Ich bin dann gegangen, weil sich für heute neue Gäste angekündigt haben. Wäre ich doch nur dageblieben! War bestimmt alles viel zu anstrengend für sie. Vor einem Jahr ist ihr Mann gestorben.«
    »Tut mir wirklich Leid um Ihre Großtante. Ich hoffe, sie schafft es. Ich hatte gerade einen ähnlichen Fall in der Verwandtschaft; die Ärzte können da heute viel tun. Machen Sie sich keine Sorgen wegen des Frühstücks. Wir kommen schon zurecht.«
    Dengler wollte hinaufgehen und hatte schon den ersten Treppenabsatz erreicht, doch die junge Frau redete weiter.
    »Vor einem Jahr ist ihr Mann gestorben. Und jetzt das. War eine große Beerdigung hier im Ort. Sogar die Sternbergs waren dabei; sind alle gekommen von der Firma; Ilona Sternberg hat die Trauerrede gehalten.«
    »Die Sternbergs?« Dengler blieb stehen.
    »Ja, von der Firma Sternberg. Also die Enkel Sternberg, die die Firma heute leiten. Mein Großonkel war dort Buchhalter, viele Jahre lang. War vor dem Krieg in der Gemeindeverwaltung, dann hat ihn

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