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Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Titel: Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Lastwagen so zurück, dass der Anhänger auf dem Parkplatz zu stehen kam. Der Mann stieg wieder aus und hakte zwei Stahlrampen an der Rückseite des Anhängers ein.
    »Der wird doch nicht... der will den Bagger hier abladen!«
    Dengler wollte zu dem Mann hinrennen, aber Olga hielt ihn am Arm zurück.
    »Der Mann hilft uns«, sagte sie, »bis heute Abend ist der Asphalt weg.«
    »Olga, bist du verrückt, wer soll den Bagger denn bezahlen?«
    Sie stand so dicht vor ihm, dass er ihren Duft riechen konnte. »Georg«, sagte sie leise, »du weißt doch: Ich bin die Frau, für die Geld keine Rolle spielt. Der Bagger ist bereits bezahlt. Aus dem Rest von der Milliardärsparty. Doch ich bitte dich um einen kleinen, einen klitzekleinen Gefallen.«
    »Wir überfallen zusammen eine Bank?«
    Sie lächelte: »So etwas Ähnliches. Wir fahren zusammen nach Baden-Baden ins Casino – wenn alles vorbei ist. Ich muss die Kriegskasse dringend wieder auffüllen.«
    Er lachte und umarmte sie.
    Der Mann in dem dunklen Renault betrachtete die Szene aufmerksam.
    * * *
    Um fünf Uhr nachmittags schaltete der Türke den Bagger ab und stieg von dem Gerät herunter. Dengler besah sich das Tageswerk: Der Mann hatte nicht nur den Asphalt und den Schotter von allen vier Parkflächen entfernt und auf seinen Laster gekippt, sondern an einer Ecke bereits damit begonnen, vorsichtig Sand und Erde abzutragen. Der Mann versprach, morgen um sieben wiederzukommen, und verabschiedete sich von Dengler und Olga mit einem Handschlag.

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    65. Am nächsten Mittag
    Am nächsten Mittag hatte der Baggerführer einen halben Meter Erde abgetragen. Dengler schickte den Mann nach Hause. Von nun an wollte er Stichproben nehmen. Pro Parkplatz würde er drei Löcher graben, jedes nicht tiefer als anderthalb Meter. Das wären insgesamt zwölf Löcher. Drei bis vier Tage würde er dazu brauchen, schätzte er, aber Genaues würde er wissen, wenn er das erste Loch gegraben hatte. Er begann sofort damit. Olga saß auf ihrem Klappsessel und las derweil in dem Roman »Der Traum der Vernunft« von Michael Schneider.
    Am Nachmittag hatte er die Hälfte des zweiten Loches gegraben, als auf der anderen Straßenseite der alte Mann auftauchte, der immer noch dem Gutshof im Osten nachtrauerte. Er stützte sich auf seinen hölzernen Gehstock und bewegte sich mühsam vorwärts; sein Enkel, der zehnjährige Junge, lief ungeduldig vor ihm her und schleppte einen hölzernen Klappstuhl, ähnlich dem, auf dem Olga saß und las. Der Alte verharrte zunächst zehn Minuten lang auf dem Bürgersteig, dann entfaltete er den Stuhl und setzte sich. Als sein Enkel nach wenigen Minuten anfing zu quengeln und zu Dengler hinüber auf die andere Straßenseite laufen wollte, stand er auf, nahm den Jungen bei der Hand und ging die Straße hinauf, den Klappstuhl auf dem Bürgersteig zurücklassend. Er kam ohne den Jungen zurück, als Georg Dengler mit dem dritten Loch begann. Der alte Mann setzte sich auf den Stuhl und sah Georg Dengler über die Straßenseite hinweg bei seiner Arbeit zu.
    Hin und wieder kamen Passanten und sahen sich die Szene an, gingen dann aber weiter. Ein zweiter alter Mann gesellte sich zu dem ersten. Beide trugen graue Blousons und hellgraue Hosen. Sie unterhielten sich leise, dann redeten sie nicht mehr, sondern starrten beide zu Dengler hinüber, der mit schweißglänzendem Oberkörper Schaufel für Schaufel das Erdreich aus dem Loch wuchtete. Erst als er gegen 18 Uhr keine Kraft mehr hatte und aufhörte, gingen auch die beiden alten Männer schweigend weg.
    * * *
    Am nächsten Morgen saßen drei alte Männer auf der gegenüberliegenden Straßenseite, einer auf dem Klappstuhl, die beiden anderen hatten hölzerne Küchenstühle mitgebracht. Sie sagten kein Wort, sprachen weder miteinander noch mit Georg Dengler oder Olga.
    Sie reden nicht, sie glotzen nur, meine persönliche Muppetshow.
    Dengler stach die Schaufel in die Erde, stieß mit dem Fuß das Schaufelblech tief ins Erdreich, bog den Stiel nach unten, hob die gefüllte Schaufel an und warf die zunehmend lehmiger werdende Erde auf die Haufen, die sich rings um seine Löcher und auf dem Bürgersteig bereits auftürmten. Seine Hände schmerzten. Auf dem Daumenballen bildete sich eine Blase, die nach einer Stunde platzte. Er versuchte, den Stiel der Schaufel so zu halten, dass er die wunde Stelle nicht berührte. Aber es gelang ihm nicht. Immer wieder berührte das Holz die schmerzende Stelle. Georg Dengler merkte, dass er

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