Das dunkle Universum 04 - Evolution der Leere
abgeschwächter Form zurück. Kein Burlal?, dachte Edeard immer noch. Herrin, aber er verdient keine Vergessenheit wie Tathal. Das ist nicht richtig, absolut nicht richtig. »Das ist Kiranan, mein neuer Enkel«, gelang es ihm, ruhig herauszubringen, während er dem kleinen Kerlchen durchs Haar wuschelte.
»Großpapa!«, protestierte der Junge und sah bewundernd zu Dinlay auf. »Du bist Dinlay. Du bist mal totgeschossen worden. Großpapa hat mir alles von dir erzählt.«
»So, hat er das? Nun, du musst mich unbedingt mal besuchen kommen, und dann erzähl ich dir alles über ihn. Alles, von dem er glaubt, dass du es nicht wissen solltest.«
»Ehrlich? Versprochen?« Entzückt schaute der Knirps abermals auf zu seinem neuen Freund.
»Versprochen bei der Herrin.«
»Willkommen daheim«, sagte Macsen und ergriff herzlich Edeards Hand.
»Und wo steckt Kanseen?«, fragte Edeard.
Macsens breites Grinsen gefror. »Wir haben einen Schlussstrich gezogen«, erwiderte er in dem Versuch, eine gutgelaunte Haltung zu bewahren. »Besser für uns beide.«
»Nein! Es ... tut mir leid, das zu hören.« Herrin, das kannst du mir nicht antun. Beim letzten Mal waren sie immer noch zusammen.
»Sie hat gesagt, sie kommt später vorbei.«
»Na schön.«
»Und das hier ist Hilitte«, sagte Dinlay stolz und zog sanft das großgewachsene Mädchen nach vorn. »Wir sind seit sieben Monaten verheiratet.«
Nun, das war einfach. In jeder Zeit, die er noch einmal begonnen hatte, hatte Edeard das nun Folgende viele, viele Male getan. So wie immer bewahrte er auch jetzt eine völlig beherrschte Miene und lächelte höflich, als er dem strammen Mädchen die Hand reichte. »Meinen Glückwunsch.« Nicht das leiseste Anzeichen von Missbilligung, von Verwunderung über ihr jugendliches Alter (sie war allemal jünger als Jiska), von Verwirrung über die ihm irgendwie vertraut vorkommenden Züge, als sie kokett zurücklächelte.
Macsen trat hinter ihn, streifte wie zufällig mit dem Mund an Edeards Ohr vorbei. »Nanittes Tochter«, flüsterte er.
Edeard hustete, hoffte beim Honious, damit seinen Schock zu überspielen.
»Danke sehr, Waterwalker«, sagte sie mit rauchiger Stimme - ja, definitiv das Kind ihrer Mutter. Und das kokette Lächeln wurde noch eine Nuance koketter, neckisch, taxierend.
Rasch wandte sich Edeard zu Macsen um. »Herrin, es ist gut, wieder zu Hause zu sein.«
»Und ihr seid wirklich einmal um die ganze Welt geschippert?«, fragte Dinlay.
»Worauf du einen lassen kannst. Ach, all die Geschichten, die ich euch zu erzählen hab'.«
»Und?«
Edeard wusste genau, was mit der Frage gemeint war. »Es gibt nur uns. Sonst niemand.«
Inmitten des die Stadt entflammenden Jubels trat Dinlays Enttäuschung nur umso stärker hervor. »Aha«, seufzte er.
»Was ist da draußen vor dem Nordtor los?«, fragte Edeard.
»Diese Mistkerle!«, setzte Macsen an.
»Macsen«, sagte Dinlay betreten. »Der Waterwalker hat noch nicht mal seine Familie begrüßt - nach vier Jahren. Wir haben bis jetzt den Frieden bewahrt, da können wir auch noch einen Tag warten. Edeard, es ist nichts, weswegen du dir Sorgen machen müsstest, wir haben die Lage unter Kontrolle.«
Macsen nickte zögernd. »Ja, sicher, tut mir leid, alter Freund. Mein Fehler. Es gibt so vieles, worüber ich gern mehr hören würde.«
»Und bei der Herrin, das sollst du«, versprach Edeard.
Es sollte ein paar Tage dauern, bis Edeard Zeit fand, sich privat mit seinen alten Freunden zu treffen. Die ersten beiden Tage zelebrierte er glücklich im Schoß der Seinen und widmete sich dem Kennenlernen der jüngsten Familienzuwächse.
Alsdann verbrachte er zusammen mit den anderen männlichen Erwachsenen der Familie einen langen Tag in einem Salon im neunten Stock der Zikkurat, um sich nutzlos vorzukommen und mit einem schlechten Gewissen zu plagen, während Taralee, zwei Hebammen, mehrere Novizinnen und Kristabel und sogar Marvane den Zwillingen bei den Entbindungen halfen. Ausnahmsweise stimmten sie sich zeitlich einmal nicht vollkommen aufeinander ab; Marilee gebar ihre beiden Töchter gute fünf Minuten bevor Analee mit einem Sohn und einer Tochter niederkam. Danach stand natürlich die alte Culverit-Tradition des feierlichen Begrüßungsfrühstücks auf dem Plan, bei dem ein überwältigter Marvane wie betäubt dasaß und die Glückwünsche seiner neuen Familie entgegennahm.
Und so geschah es erst am Mittag des vierten Tages nach seiner Ankunft, dass Edeard in einer Gondel
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