Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
wie mir überhaupt Notiz nimmst.«
Kristabel schaute zu Boden. »Aber das tue ich.«
»Makkathran kann sich wirklich glücklich schätzen, dich zu haben.«
»Ich will nicht bloß eine Repräsentationsfigur für die Familie sein. Ich will mehr darstellen als ein Verwalter zwischen Papa und meinem Erstgeborenen. Ich möchte mehr sein als eine, die immer nur für das stimmt, was der Bürgermeister sagt. Ich werde etwas verändern«, stieß sie heftig hervor.
»Das wirst du, da bin ich mir ganz sicher.«
Ihre letzte gemeinsame Nacht im Strandhaus war eine, von der Edeard wünschte, sie würde niemals enden. Wieder lag er, nachdem die Kerzen längst erloschen waren, ausgestreckt auf dem Bett und starrte himmelwärts, während seine Gedanken sich ganz allmählich ordneten und um dies und jenes zu kreisen begannen. Nicht zuletzt um all das, was Kristabel ihm während dieser Woche gesagt hatte, auf so vielerlei Weise – und nichts davon hatte er vorher wirklich erkannt. Jetzt lag sie neben ihm, ihren Arm auf seiner Brust, den Kopf an seine Halsbeuge geschmiegt, ein Bein über seinem. Und hier gehörte sie hin. Für immer und ewig. »Ich liebe dich«, hörte er sich verwundert sagen.
Edeard graute vor seiner Rückkehr nach Makkathran. Ein Teil von ihm bedrängte ihn beharrlich mit der herrlichen Phantasie von einem immerwährenden Leben in dem idyllischen Strandhaus. Schuld daran war nicht allein der körperliche Aspekt, wenngleich Kristabel auch in diesem Punkt alles war, was er sich je von einer Frau gewünscht hatte. Er wollte einfach nicht, dass irgendetwas die Vollkommenheit der Woche, die sie miteinander verbracht hatten, trübte.
»Ich würde auch lieber hierbleiben«, sagte sie während des Frühstücks an ihrem letzten Tag.
»Ich schätze, wir müssen wohl zurück«, erwiderte er mürrisch.
»Ja, das müssen wir. Und jetzt zieh nicht so ein Gesicht.«
»Ich zieh kein – tut mir leid.«
»Und entschuldigen tust du dich auch zu oft.«
»Danke.«
»Ich hab ein Geschenk für dich«, sagte sie und gab einem der Ge-Affen die Anweisung, einen ihrer Koffer herbeizubringen.
Edeard hatte ihn unter all den anderen Kisten und Kästen gar nicht bemerkt. Für jemanden, der den größten Teil der Woche nackt oder in einen Hauch aus Samt und Seide gehüllt herumlief, schien sie einen ziemlich großen Kleiderschrank zu brauchen. Jetzt beugte er sich interessiert vor, während sie den Koffer öffnete und aus ihm eine Jacke hervorholte.
»Eine anständige Uniform für dich«, sagte Kristabel. »Ich kann doch nicht zulassen, dass mein Mann wie irgendein Allerweltskonstabler zur Feier erscheint, oder? Nicht an diesem Tag. Dem Tag.«
Edeard nahm die Jacke in Empfang und bewunderte den Schnitt und den tiefschwarzen Stoff. Es war eine standardmäßige Konstabler-Ausgehuniform, aber gleichzeitig um so viel eleganter. Kristabel zauberte ein Paar passende Hosen und ein weißes Hemd aus dem Koffer hervor, dann noch einen Gürtel sowie einen Schlips.
»Vielen, vielen Dank«, sagte er. Dann sank schlagartig seine Stimmung. »Ich hab nichts für dich.«
Sie sah ihn merkwürdig an, fast so, als hätte er irgendetwas Kränkendes gesagt. »Ja, weil du kein Geld hast. Und das ist gut so, denn das ist es nicht, was ich bei einem Mann suche.«
»Du bist wunderbar.« Er küsste sie.
»Wir haben keine Zeit, wir müssen bis zum Mittag wieder in der Stadt sein. Geh und zieh sie an.«
»Wir könnten ein paar Minuten abzwacken«, schlug er hoffnungsvoll vor.
Sie wies kategorisch auf die Schlafzimmertür. »Geh und zieh sie an.«
Edeard tat, wie ihm geheißen. Die Uniform passte wie angegossen, und als er sich im Spiegel betrachtete, konnte er es nicht verhindern, dass sich ein ausnehmend selbstzufriedenes Lächeln in seine Züge stahl. Er sah einfach großartig aus.
»Oh Herrin«, murmelte Kristabel heiser vom Türdurchgang her. »Da ist wirklich was dran, von wegen Männern in Uniform.«
»Der Schneider hat meine Größe perfekt eingeschätzt. Hat er mich etwa ausspioniert?«
Kristabels Augenbraue hob sich eine Winzigkeit. »Ich kenne deine genaue Größe«, gurrte sie. »Und jetzt komm, wir müssen los.«
Wider Erwarten freute er sich, als er die Stadt wiedersah. Das laute Dahingeplätscher von Gedanken und Longtalkfetzen aus den Köpfen der Menschen hatte etwas überaus Beruhigendes. Und dann war da die Vertrautheit all der Gebäude und Straßen und Kanäle. Die Art, wie niemand ihnen weiter Beachtung schenkte, als sie
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