Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
aufzuwachen.
Während er sich durch den Mix aus Nüssen und Früchten mampfte, den die Ge-Schimpansen zubereitet hatten, spielte er mit dem Gedanken, sich über Longtalk bei ihr zu melden. Es wäre ganz nett, in Erfahrung zu bringen, wann sie sich das nächste Mal würden treffen können; gestern war es so verdammt hektisch zugegangen. Er war sicher, dass sie von ihm erwarten würde, zum Culverit-Domizil zu kommen und dort mit ihr gemeinsam eine Nacht zu verbringen, obgleich es doch um so vieles bequemer in der Maisonette mit ihren umgestalteten Betten und den anderen simplen Annehmlichkeiten war, die er geschaffen hatte. Plötzlich verharrte seine Hand mit dem halb zum Mund geführten Glas Apfel-Mango-Saft inmitten der Bewegung. Ihm fiel auf, dass er sämtliche Familienmädchen, mit denen er zusammen gewesen war, mit in seine Wohnung gebracht hatte – abgesehen von den Nächten in irgendwelchen Wirtshauszimmer oder jenem Albtraumwochenende mit Ranalee. Nicht ein Mal hatte er eines der Schlafgemächer in ihren Familienresidenzen von innen gesehen.
Ist Boyd jemals mit zu Saria gegangen? Ich kann mich nicht erinnern. Herrin, ich wünschte, ich würde mich besser auskennen mit solchen Gebräuchen.
Die Großen Familien konnten ziemlich humorlos reagieren, wenn es um Formsachen ging.
Am besten frage ich Kanseen, die wird’s mir sagen können.
Bis dahin würde er auf einen Longtalk mit Kristabel verzichten. Sicher, wenn sie sich dagegen bei ihm meldete …
Am Tor der Konstablerkaserne wartete Macsen auf ihn. »Wie lief’s gestern Nacht«, fragte er.
»Nicht allzu gut. Buate war nicht sehr begeistert von der Idee, Makkathran zu verlassen.«
»Das hätte ich dir vorher sagen können.«
»Ich wusste es selber, aber ich musste ihm zumindest die Möglichkeit dazu geben.«
Macsen grinste. »Dein Gewissen bringt uns noch mal alle um.«
»Höchstwahrscheinlich. Aber du hättest Medaths Gesicht sehen sollen. Allein das war die Sache zehnmal wert. Und wie war’s bei euch?«
»Sentan und die anderen sind brav die Südstraße runtergestapft. Ein herrliches Bild, kann ich dir sagen. Wir sind dann noch über eine Stunde am Stadttor geblieben und haben einen Ge-Adler losgeschickt, um sie zu beobachten, aber sie sind nicht zurückgekommen.«
»Ah, gut. Vier weg, und vierhundert noch vor uns.«
»Und vier auf einen Streich dürfte wohl die Ausnahme bleiben. Abgesehen davon hat’s uns fünf Tage gekostet, allein dieses eine Komplott aufzudecken.«
»Ich weiß. Wir müssen einfach irgendwie die Stellung halten, bis Finitan gewählt ist.«
»Glaubst du wirklich, er wird?«
»Er muss«, erwiderte Edeard ernst. »Die meisten Menschen in der Stadt wollen, dass die Banden ausgewiesen werden. Owain hat keine Chance.«
»Das kann man nie wissen. Was, wenn er plötzlich eine noch viel populärere Maßnahme aus dem Ärmel zieht.«
»Wenn er so populär sein wollte, hätte er die Verbannung umgehend verfügt und damit aufgehört, unseren Distriktsausschlussfeldzug zu sabotieren.«
»Die Politiker in dieser Stadt sind weitaus gerissener und verschlagener, als du denkst. Du wirst schon sehen.«
Doch Edeard glaubte ihm nicht; er wusste, Finitan würde gewinnen.
Sie kamen am Arrival Canal an und gingen den erstbesten Anlegesteg hinunter, um eine Gondel heranzuwinken.
»Ich freu mich schon darauf, Rapsails Brummschädel zu sehen«, sagte Macsen.
Das Treffen mit Rapsail und Charyau verlief in nicht eben gelöster Atmosphäre.
Charyau war hin- und hergerissen zwischen seiner Dankbarkeit den Konstablern gegenüber und seiner Wut auf sich selber und Rapsail. Insbesondere Rapsail kam dabei ziemlich schlecht weg. Nichtsnutz, Schmarotzer, Tunichtgut , waren nur einige der Worte, die in diesem Zusammenhang häufiger fielen. Doch Edeard war mittlerweile recht geübt darin, unwillige Bürger einzuwickeln, vor allem die wichtigen – oder die, die sich für wichtig hielten.
Es war nicht Charyaus gegen sich selbst gerichtete Wut, die Edeard für seine Zwecke ausnutzte. Vielmehr waren es der Zorn und die Furcht, die der Kaufmann gegenüber den Banden empfand, die so dicht davorgestanden hatten, ihm alles zu nehmen, was er im Leben erreicht hatte. Letzten Endes war nicht allzu viel Beeinflussung nötig. Die ganze unerfreuliche Erfahrung brachte es mit sich, dass Charyau eine beinahe spirituelle Wandlung erfuhr. Neph würde seine erste Kaufmannsvereinigung bekommen, so hatte er beim Leben der Herrin geschworen. Er würde seine Freunde
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