Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
oder der Möglichkeit, auf der Stelle zu deiner Geliebten zu werden, ohne irgendwelche weiteren Verpflichtungen.
Du hast dich für die Woche entschieden, was mir für sich gesehen schon viel über dich verraten hat, nämlich dass du mich respektierst und nicht einfach bloß auf eine Affäre aus bist. Aber du hast nicht gewusst, worauf du dich eingelassen hast; was es bedeutete. Du hast an Hochzeit überhaupt nicht gedacht. Und das gilt für heute ebenso wie für damals. Du hast es nicht wirklich zu Ende gedacht. Glaub mir, ich schon. Und ich weiß, was ich will. Aber Edeard, du weißt von diesem Brauch erst seit … wie lange?«
»Kanseen hat’s mir eben erst erklärt«, gab er zu.
»Seit einer Stunde also.«
»Nein! So lange noch nicht. Ich bin direkt danach hierhergekommen. Ich schwör’s.«
»Na gut, dann eben seit einer halben Stunde. Edeard, eine solche Entscheidung trifft man nicht in einer halben Stunde. Du willst es aufgrund eines riesigen Missverständnisses tun, und es ist ausgesprochen nobel von dir, dass du mich nicht der Schmach überlassen willst. Was dich nur noch liebenswerter macht, aber deshalb muss es noch lange nicht das Richtige für dich sein.«
»Das ist alles nicht wahr. Ich will dich heiraten. Ehrlich, ich will.«
»Fein. Hat Kanseen dir erklärt, warum es diesen Brauch gibt?«
»Um herauszufinden, ob man körperlich zueinander passt.« Er räusperte sich verlegen. »Ich denke, wir haben diesen Test bestanden, oder?«
»Oh ja. Und wie. Aber hat sie dir auch gesagt, warum wir das zuerst herausfinden müssen?«
»Weil wir, wenn wir verheiratet sind, eine lange Zeit miteinander verbringen werden, Jahrhunderte wahrscheinlich. Alles muss perfekt stimmen.«
»Genau, und selbst dann hat man keine Garantie; besonders wenn man so jung heiratet, wie wir es sind. Ein Jahrhundert ist eine lange Zeit, um seine Liebe füreinander zu erhalten, von zwei Jahrhunderten gar nicht zu reden. Verstehst du jetzt? Ich hab von dem Moment an, in dem wir uns begegnet sind, darüber nachgedacht, und ich wusste, dass es für mich richtig war, dich zu fragen. Aber du hast das nicht. Und sieht man von diesem impulsiven Entschluss einmal ab, hast du es immer noch nicht. Edeard, ich möchte, dass du dir absolut klar darüber bist, worum du meinen Vater zu bitten vorhast. Das verlange ich von dir. Bitte.«
»Oh.« Er ließ sich auf die Fersen sinken. »Ja, natürlich«, sagte er förmlich.
Sie grinste und sah ihn aufmerksam an. »Und das heißt nicht, dass du jetzt eine Woche darüber nachgrübeln sollst, wie lange du wohl warten musst, damit es so aussieht, als hättest du dir alles gut überlegt. Klar?«
»Ja.« Edeard spürte, wie seine Wangen heiß wurden. »Herrin, wie wird das Leben mit dir sein?«
Sie erwiderte sein Lächeln und küsste ihn auf die Nase. »So schwer, wie ich es dir nur machen kann.«
»Das ist nur gerecht.« Er nahm ihren Kopf in seine Hände, damit er sie richtig küssen konnte.
Lange verharrten sie so in einer sanften Umarmung, bevor sie sich schließlich wieder voneinander lösten. Edeards Fernsicht zeigte ihm einen höchst aufgeregten Lorin, der gerade Homelt und vier bewaffnete Wachen die dritte Treppe hinauftrieb. Trotzdem sie in ausgezeichneter Form waren, keuchten sie schwer.
»Dein Onkel ist unterwegs«, flüsterte Edeard.
»Und Mirnatha ist auch wieder da«, stellte sie fest.
Edeard drehte sich um und sah, wie das kleine Mädchen gegen das Glas drückte und ins Zimmer zu spähen versuchte. Dann nahm seine Fernsicht Julan wahr, der über den Hauptflur heraneilte.
»Oh Herrin«, stöhnte er.
»Ich kümmer mich um Papa«, sagte Kristabel und wandte sich im selben Moment per Longtalk an ihren Vater.
Edeard erlaubte es der Glastür, sich wieder zu öffnen.
»Tut es dir leid?«, fragte Mirnatha.
»Sehr leid«, versicherte Edeard ihr. »Deine Schwester und ich haben uns gerade wieder vertragen.«
»Ich hab gewusst, dass ihr das würdet.«
»Ich wünschte, ich auch.«
Sie legte den Kopf schief, um ihn forschend zu mustern. Als er sich unter ihrem Blick wand, wusste er auf einmal, was mit altklugen Kindern gemeint war.
»Wenn ich schon größer wär, würde ich dich zum Mann nehmen«, befand Mirnatha.
»Äh … das ist schön.«
Kristabel gab ihrer Schwester einen Kuss auf die Stirn. »Los, noch eine Runde um die Terrasse.«
»Aber Krissy!«
»Ab mit dir. Aber schnell.«
Missmutig sah Mirnatha sie an und stapfte sodann hinaus.
Lächelnd sah Kristabel ihr nach.
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