Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
oder?« Sie kam sich schäbig dabei vor, jetzt die emotionale Keule zu schwingen, aber sie wollte einfach nur weg von ihm. Dabei war das völlig falsch. Dies war immerhin der Mensch, den sie zu heiraten vorhatte. Wenn sie ihm nicht vertraute, wem dann? Und doch konnte sie es bei etwas von dieser Größenordnung einfach nicht riskieren, ihm zu vertrauen. Er hatte beschlossen, ein Mädchen zu ehelichen, das im Begriff stand, es zu einer ordentlichen Bauunternehmerin zu bringen, nicht zu einer wandelnden galaktischen Katastrophe.
»Natürlich verstehe ich das«, erwiderte er widerstrebend. »Aber sie haben den gesamten Kapselverkehr eingestellt. Etwa die Hälfte meiner Ichs steckt irgendwo in der Stadt fest.«
Araminta begann sich anzuziehen. Ein ganzer Wandschrank in dem Badezimmer gehörte ihr, also konnte sie praktischerweise in ihre dunkle Jeans und einen blauen Pulli schlüpfen. »Mein Trikepod steht in der Garage. Ich hab ihn vor ein paar Wochen da abgestellt.« Rasch checkte ihr U-Shadow die Reisebeschränkungen in Colwyn City. Das Verkehrsleitungsnetz hatte mit Rückendeckung durch die Stadtverwaltung und die Viotia Federal Transport Agency ein Totalverbot für sämtliche zivilen Luftfahrzeuge erlassen. Bodenverkehrsmittel hingegen waren innerhalb der Stadtbezirke noch immer erlaubt, allerdings unter der dringenden Empfehlung, sie nur für die allernotwendigsten Fahrten zu benutzen. Eine Unmenge von Links führte zu den offiziellen Regierungserklärungen, in denen Viotia den Beitritt in die Freihandelszone mit dem Rang eines Kernplaneten bekanntgab. Auch versprach man, dass nach einer kurzen Übergangszeit alles wieder seinen normalen Gang nehmen und ein starkes Wirtschaftswachstum einsetzen würde, das für jedermann einen immensen Aufschwung mit sich brächte. Augenblicklich musste Araminta an Liken und seine großen Pläne für die Freihandelszone denken, doch sie verbannte diese Gedanken sofort.
»Lass ein paar meiner Ichs gehen«, schlug Mr Bovey vor. »Ich kann für dich nach dem Rechten sehen.«
»Ich werde unser gemeinsames Leben nicht damit beginnen, dass ich mich von dir abhängig mache«, sagte sie und hasste sich im gleichen Moment dafür.
Er sah nun sogar noch unglücklicher aus. »Na schön. Bei Ozzie, du bist wirklich stur.«
»Nennen wir es lieber beharrlich und freuen uns darüber, wie gut dir genau das im Bett immer gefällt.«
»Ozzie stehe den Paramilitärs bei, sollten sie dir in die Quere kommen.« Doch sein verständnisvolles Lächeln kam nicht von ganzem Herzen. »Ich nehme nicht an, dass dich eins meiner Ichs begleiten soll?«
»Hast du ein Bodenfahrzeug?«, fragte sie zurück.
»Nein.«
»Du bist wirklich süß. Willst du mich immer noch heiraten?«
»Ja.«
»Auch wenn es dann noch mehr von meiner Sorte gibt?«
»Pass bloß auf.«
Es versammelte sich gleich eine ganze Mannschaft seiner Ichs, um ihr hinterherzuwinken, als sie auf ihr Trikepod kletterte. Überrascht stellte sie fest, dass die Energiezelle immer noch halb aufgeladen war. All seine vertrauten Gesichter zeigten den gleichen kummervollen Ausdruck, als sie sorglos zurückwinkte. Dann fuhr sie los, steuerte den schmalen Schotterweg hinunter, der die Außenanlagen durchschnitt und auf die Straße hinausführte. Es gab einen Moment, als sie gerade an dem letzten seiner Ichs vorbei war, da dachte sie, sie würde einknicken und zu ihm umkehren und alles gestehen. Ein Moment, gepaart mit der plötzlichen Angst, ihn nie wiederzusehen, und dem Gefühl, dass, egal, wie entschlossen sie auch sein mochte, diese Sache eine Nummer zu groß für sie war.
Wenn es wirklich so ist, dann kann ich ihn erst recht nicht mit hineinziehen.
Also steuerte sie ihr Trike ruhig und stur geradeaus und durchquerte den Garten, der immer noch vom Regen der letzten Nacht glitzerte. Das alte Eisentor am Ende des Schotterwegs quietschte, als seine Aktuatoren es für sie aufschwingen ließen. Dann war sie draußen auf der verlassenen Straße. Eine Allee, von hohen Lackfolbäumen gesäumt, deren rotgrüne Blätter in der sanften Brise zitterten, die unter der Kraftfeldkuppel der Stadt verlief.
Der schlimmste Teil der Fahrt war die Überquerung der einbogigen Norduferbrücke. Angesichts der großen Kapseln, die zu beiden Seiten der Brücke durch die Luft glitten, kam sie sich vor wie auf dem Präsentierteller. Es war absonderlich, die Stadt ohne den üblichen umherschwirrenden Kapselverkehr zu sehen, es wirkte, als wäre die Metropole irgendwie
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