Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
machen, bevor Oscar nicht den Zweiten Träumer für uns erwischt hat.«
»Wie Sie möchten.«
Paula schaute hinauf zu den stürmischen Wolken, wünschte, sie könnte die Sterne sehen. »Irgendetwas Neues hinsichtlich der Expansionsphase?«
»Noch nicht.«
»Werden Sie in der Lage sein, sie zu überleben?«
»Ich weiß es nicht. Was werden Sie tun?«
»Letzten Endes? Wenn sie nicht gestoppt werden kann? Ich bin mir nicht sicher. Der High Angel nimmt mich mit in eine andere Galaxis, wenn ich will. Aber im Augenblick müssen wir unsere geschätzte Spezies erst mal davon abhalten, alles nur noch schlimmer zu machen.«
Araminta hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan. Wie auch?
Denn sie hatte nein zu ihm gesagt.
Nein zu dem Skylord. Nein zu der Entität, die sich erbot, einen Gutteil der Menschheit dorthin zu führen, wo sie sich ihr Nirvana zu finden erhoffte.
Nein hatte sie gesagt, weil: Ich bin der Zweite Träumer.
Ich bin es. Ich!
Oh, Ozzie, ich bitte dich, hilf. Das kann einfach nicht sein.
Ich , immer wieder drehte und wendete sie es um und herum. Wie kann es sein, dass ich es bin? Wegen irgendeiner entfernten Vorfahrin, von der sie bis vor Kurzem noch nie etwas gehört hatte. Wegen dieser Melanie und ihrer Freundschaft zu den Silfen. All das, all diese Unbekannten aus vergangenen Jahrhunderten, hatte sich erhoben und drückte sie nun nieder, hatte sie ihrer Bestimmung, ihrer Selbstbestimmung beraubt. Das Schicksal hatte sie auserwählt.
Mich!
Und jetzt würden die Millionen, die Milliarden von Living-Dream-Anhängern auf sie schauen, um ihr zu helfen, sie mit dem Skylord zu vereinen. Und sie hatte nein gesagt.
Der Skylord war überrascht gewesen. Geschockt geradezu. Sie hatte sein verletztes Erstaunen nachklingen gespürt, als sie ihren Geist von dem Kontakt zurückzog. Es war eine Antwort, die nicht in seine Wirklichkeit passte. Genauso gut hätte sie auch zu den Gesetzen der Schwerkraft nein sagen können, bei allem Sinn, den sie ergaben.
Es erschreckte sie, was sie getan hatte. Aber es war eine instinktive Reaktion gewesen. Sie wollte nicht der Zweite Träumer sein. Nur Stunden vor dem Kontakt hatte sie nach Tagen des In-sich-gehens und der Selbstfindung über ihre Zukunft entschieden. Sie würde Mrs Bovey(s) werden. Sie würde sich mehr Körper zulegen und eine Multiple werden. Und sie würden hier in diesem großartigen Haus leben oder in einem neuen, das sie bauen würde, mindestens ebenso herrlich und prächtig. Und die Hälfte ihrer Körper würden die ganze Zeit miteinander im Bett verbringen. Sie würde ihn ebenso glücklich machen wie er sie. Und die Zukunft wäre strahlend und schön und voller Verheißung. Vielleicht würden sie Kinder haben. Was für Kinder bekamen Multiples? Wollte er überhaupt welche? Bis jetzt hatten sie noch nie über solche Dinge gesprochen. So vieles wartete dort draußen in den kommenden Jahren auf sie, so viele Entdeckungen. So viel Freude.
Natürlich hatte sie nein gesagt. Was denn auch sonst?
Ich will kein Teil davon sein. Das bin ich nicht.
Doch Milliarden wollten es sein. Und sie würden nicht lockerlassen.
Aber sie werden niemals erfahren, wo ich bin. Ich werde nie wieder mit dem Skylord sprechen.
Das war die Entscheidung, zu der sie gelangt war, als draußen die Morgenröte am Himmel erschien. Sie war elendig müde, und sie fror. Auf ihren Wangen schimmerten die getrockneten Tränen, die sie geweint hatte während der einsamen Stunden, in denen der sanfte Regen gegen ihr Fenster geprasselt war. Doch jetzt wusste sie, was sie zu tun hatte. Und sie würde sich von niemandem darin beirren lassen.
Auf dem großen Bett neben ihr lag der blonde Teenager-Mr-Bovey mit leicht gerunzelter Stirn auf dem Rücken, seine Mundwinkel zuckten, als hätte er einen unerfreulichen Traum.
Nicht so schlimm wie meiner , sagte sie in Gedanken zu ihm. Auch er würde es niemals erfahren, beschloss sie, die Last wäre zu viel für ihn. Es wird vorbeigehen. Irgendwann. Ich werde es aushalten und überstehen.
Araminta beugte sich zu ihm herüber und küsste den jugendlichen Körper. Sacht zuerst. Die Stirn. Die Wange. Seinen Mund.
Er bewegte sich. Das Stirnrunzeln verschwand. Sie lächelte und küsste seinen Hals. Ihre Hände streichelten seine geschmeidige Brustmuskulatur, während das Melange-Programm aus ihren Lakunen aufstieg. Langsam und bewusst atmete sie tief ein und aus, folgte ihrem eigenen unergründlichen Rhythmus, um zu der Gelassenheit zu finden, nach der
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