Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
Hitze der Flammen seinen Schild durchdrungen hatte. Überall auf seinem Rücken spürte er Prellungen. Helles Licht zwang seine tränenverklebten Augen zum Blinzeln.
Langsam wälzte er sich herum und setzte sich auf, bei jeder Bewegung gequält zusammenzuckend. Es war sehr still, dort, wo er war. Er schaffte es, seinen Blick zu klären. Was er sah, ergab wenig Sinn.
Er lag auf dem Boden eines großen Tunnels. Nicht so breit wie jene, die Makkathrans Kanäle widerspiegelten, aber absolut rund. Auch gab es hier kein Wasser, das am Boden entlangsickerte. Die Wände waren so glatt wie Glas, woraus sie, dem ersten Eindruck nach, durchaus geschaffen sein mochten. Ganz sicher war sich Edeard jedoch nicht, da sie in einem schmerzhaften hellen Licht erglühten. Ein richtiges weißes Licht obendrein, nicht Makkathrans übliches Orange. Tatsächlich war das Weiß mit einem leichten Violettton durchmischt, was der Grund dafür war, dass seine Augen nicht aufhörten zu tränen.
In der oberen Krümmung der Wand befanden sich eine Reihe roter Punkte, die mit gleicher Intensität strahlten. So weit das Auge reichte, erstreckten sie sich zu jeder Seite. Und das war das Problem: Weder in der einen noch der anderen Richtung konnte er ein Ende des Tunnels erkennen.
Mühsam richtete sich Edeard auf, ein ums andere Mal zischend die Luft einziehend, als er seinen Rücken abtastete. Seinen Mantel konnte er vergessen, das Leder war steif und rissig, und an einigen Stellen waren sogar ganze Streifen herausgefetzt, als wäre ihm jemand mit einem Messer zu Leibe gerückt. Auch seine Stiefel befanden sich in einem bemitleidenswerten Zustand, die Dro-Seidenharzsohlen waren vollkommen aufgeweicht und geschwärzt. Dort, wo er im Tunnel gelegen hatte, war der Boden von Ölflecken verschmiert. Er befreite sich von seinem Mantel und klopfte die Dro-Seidenweste darunter ab. Das Gewebe wies mehrere leichte Vertiefungen auf. Vermutlich hatte sie ihm das Leben gerettet, nahm er an. Als er seinen Hinterkopf abtastete und seine Finger die Beule berührten, keuchte er vor Schmerz auf.
»Ich danke dir«, sagte er laut zu der Stadt und ließ sich wieder sacht auf den Boden sinken. Ihm war klar, dass er sich eine Weile würde ausruhen müssen. Seine Fernsicht vermochte kaum weiter als ein paar Zentimeter durch die Tunnelwand zu dringen. Offenbar befand er sich jetzt in einem der äußerst tiefen Stollen, die weit unterhalb der Kanaltunnel lagen, die er normalerweise benutzte. Wenn dem so war, dann war er wirklich auf eine Art und Weise allein wie noch niemals zuvor. Niemand war seit den Tagen, als die Stadt erbaut worden war, hier unten gewesen, und er hatte nach wie vor keine Ahnung, welche Art von Wesen das gewesen sein mochten. Doch wer sie auch waren, sie hatten das Ganze ausgesprochen gut konstruiert. Aber was auch immer der Grund dafür gewesen sein mochte, einen erleuchteten Tunnel wie diesen anzulegen, es entzog sich Edeards Begriffsvermögen. Aber andererseits galt dies für die gesamte Stadt.
Er versuchte, sich zu entspannen, auch wenn es ihm schwerfiel. Ohne das übliche Longtalk-Hintergrundgemurmel der Stadt, das er stets ignorierte, war die Abgeschiedenheit ziemlich erdrückend. Außerdem ärgerte er sich maßlos über sich selbst und das, was im House of Blue Petals geschehen war. Natürlich war abzusehen gewesen, dass Ivarl über kurz oder lang den Dingen auf den Grund gehen würde. Verstohlenheits-Tarnung war kein Geheimnis in dieser Stadt, nicht unter den Meistern und etlichen anderen. Die Fähigkeit hingegen, die Ivarl besaß, dieses leuchtende Glühen, das sowohl ihn wie Tannarl umgab, war etwas, von dem Edeard noch nie vorher gehört hatte. Obgleich es ihn auch nicht ganz und gar wunderte, nicht seit jener letzten gemeinsamen Nacht mit Ranalee.
Wie alle Töchter der Großen Familien war Ranalee ein bezaubernd aussehendes Mädchen. Sie hatte rabenschwarzes Haar, das sie (nun ja, eigentlich eher ihre Zofen) jeden Morgen ausgiebig striegelte und glattbürstete, sodass es ihr anmutig den halben Rücken hinabfloss. Auch ihr Gesicht war anmutig, mit schmalen Augen und einer niedlichen kleinen Nase. Für sich betrachtet lauter hübsche Eigenheiten und Merkmale, bis auf den Umstand, dass sie in Kombination den Eindruck von Kälte hervorriefen. Dies schien eine weitere unvergängliche Besonderheit von Makkathrans Adelsschicht zu sein, je wohlhabender oder einflussreicher die Familie, umso weniger Lachen war in ihrem Leben zu Haus. Im Bett
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