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Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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ich, dass er eine Windjacke trug, Handschuhe und Ohrenschützer.
    Ich nahm meine Jacke aus dem Schrank, zog Handschuhe an, stülpte mir eine Strickmütze über und steckte Fächer und Messer ein.
    »Du musst dir unbedingt ein besseres Messer besorgen«, sagte Kaylin. »Lass uns morgen oder übermorgen eins kaufen gehen.« Er winkte mich zum Bett, und wir legten uns hin.
    »Weiß jemand, was wir vorhaben?«
    »Nein, und ich denke auch nicht, dass es jemand wissen muss. Warte ab, bis du es gesehen hast.« Er streckte seinen Arm aus, und ich rollte mich an ihn und wartete. Und dann begannen unsere Konturen zu verschwimmen, wir verschmolzen miteinander, und wir drifteten ins Universum.
    Traumwandeln. Wie soll ich’s erklären? Es ist, als schmelze man von außen nach innen. Von den Zehen bis zum Scheitel hinauf. Alles löst sich auf, und leicht verliert man das Gespür für die Grenzen seines eigenen Ichs und der Umgebung. Finger und Zehen quellen in die Beine, und Arme verschwimmen zu nebulösen Energieschwaden vor einer Welt ohne klare Umrisse. Plötzlich bin ich Teil des Bettlakens, des Bettes, der Luft, des Bodens. Die Atmung hört auf, und sofort setzt der Überlebensreflex ein, doch wenn man sich daran erinnert, dass der Körper hier nicht atmen muss, kommt die Ruhe … und dann beginnt man traumzuwandeln.

    Ich schlug die Augen auf, setzte mich und schwebte über dem Windschatten. Kaylin war neben mir, und nun konnte ich erkennen, wie stark der Einfluss des erwachten Dämons in ihm war: Während seine Aura schon vorher stark und leuchtend gewesen war, strahlte sie jetzt wie mit Neon versetztes Slush. Er war bis zum Anschlag aufgeladen. Da ich nicht wusste, wie sich das in der Praxis auswirken würde, beschloss ich, es erst einmal nicht zu erwähnen. Das erste Mal, als ich mit ihm auf diese Art unterwegs gewesen war, war ich vor Panik kaum ansprechbar gewesen. Dieses Mal war ich vorbereitet.
    Nach ein paar Minuten konnte ich endlich mein eigenes Schatten-Ich erkennen und mich bewegen, ohne das Gefühl zu haben, einfach davonzufließen. In meinem Zimmer wirkte alles diesig, doch dort, auf meiner Kommode, wo meine magischen Werkzeuge lagen, befand sich ein sehr klarer Bereich, in dem es blitzte und funkelte.
    Auf geht’s. Kaylin winkte mir, und ich folgte. Ich war mir nicht sicher, wie wir aus dem Haus gelangten, aber für uns existierte das Haus nicht mehr wirklich, und wir drifteten durch die funkelnden Atome, aus denen die materielle Hülle bestand. Als wir über dem Schnee draußen schwebten, drehte ich mich um.
    Das Haus der Schleier. Oh, das Haus der Schleier! Über der Struktur lag ein Netz aus Energie, das so fest gewoben war, dass ich die mir bekannten Umrisse fast nicht mehr ausmachen konnte. Und darunter verlief ein Kanal, den ein anderer kreuzte. Das Haus der Schleier stand exakt auf zwei sich kreuzenden Ley-Linien! Das mächtige Land, uralt wie die Berge, war wie ein Reaktor.
    Ich schnappte nach Luft, doch meine Lungen nahmen keine auf, und wieder wallte Panik in mir auf. Doch Kaylin legte mir eine Hand auf die Schulter, und seine Aura mischte sich mit meiner und beruhigte mich.
    Das Land hier … das Land ist ein wahres Kraftwerk …
    Das Land, aber nicht das Haus. Dennoch kann es nicht schaden, sich bewusst zu machen, dass ihr auf einem der stärksten Verbindungspunkte dieser Gegend wohnt. Aber jetzt komm – wir müssen eine weite Strecke zurücklegen. Wir schaffen sie ziemlich schnell, aber du solltest meine Hand nehmen, um nicht versehentlich in astralen Turbulenzen verlorenzugehen.
    Ich griff nach seiner Hand. Als ich das letzte Mal auf astraler Ebene gewesen war, hatte ich mich fast vom wilden Tier der Träume verschlingen lassen. Aber das hier war nicht dieselbe Ebene – hier waren wir nicht am Hof der Träume –, und ich hatte Kaylin bei mir. Als meine Hand seine berührte, vermischten sich unsere Finger, und dann waren wir schon unterwegs, so schnell, so frei, und wir rasten durch Laub und Gehölz und Schnee, rasten durch die Nacht, ohne eine Spur zu hinterlassen.
    Hier und da erhaschte ich einen Blick auf Schattenjäger auf Beutesuche, aber sie bemerkten uns nicht, und ich fragte mich, ob Grieve unter ihnen war. Doch dann verblassten alle Gedanken an Myst und ihre Leute, denn wir kamen an eine Lichtung. Es fühlte sich an, als wären wir außerhalb der Grenzen des Goldenen Waldes, aber ich hatte beim besten Willen keine Ahnung, wo wir uns befanden.
    Mitten auf der Lichtung im Schnee

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