Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)
aber notwendig. Du hast also mein kleines Geheimnis aufgedeckt und bist jetzt neugierig. Haben Myst und ich uns geliebt? Nein. Hat das Schicksal uns auseinandergerissen? Nein. Waren wir Geliebte? Ja.« Er nahm das Bild und warf die Tüte zur Seite. »Sie war so schön. Du siehst ihr übrigens ähnlich, weißt du das?« Seine jetschwarzen Augen fixierten mein Gesicht, und seine Nasenflügel blähten sich.
Ich wich einen Schritt zurück. »Sie haben versucht, sie zu verwandeln, aber es ist nicht so geschehen, wie es in den Geschichtsbüchern steht, richtig? Sie waren ein Paar, und sie wollte es …«
»Wir wären zu einer Macht verschmolzen, der sich niemand hätte widersetzen können. Wir hatten vor, gemeinsam die Welt zu regieren. Wenn alles wie geplant funktioniert hätte, hätten wir zahlreiche Länder erobern können. Aber die Verwandlung änderte sie grundlegend. Sie wurde zu der, die sie nun ist, und wollte die Macht nicht mehr teilen.« Er blickte auf. Seine Miene war finster. »Sie hat mich verraten, und ich habe versucht, sie zu vernichten.«
»Und deswegen herrscht Krieg? Die anderen Vampire glauben, sie sei nur wütend, dass sie verwandelt worden ist, aber in Wirklichkeit will sie Ihren Kopf. Sie will Sie in den Staub treten.«
»Und dich. Wir sitzen im selben Boot, meine Liebe. Du warst ihre Tochter und hast sie verraten. Ich war ihr Liebhaber und habe ihr den Schlüssel zu ihrem Königreich geschenkt. Jetzt braucht sie niemanden mehr …« Er brach ab. »Und genau hier kommen meine Pläne in Bezug auf dich ins Spiel. Cicely, bevor ich dir deinen gepeinigten Liebhaber hereinbringen lasse – und ja, wir haben ihn kuriert –, will ich dir eine Chance bieten, die du mit niemand anderem haben wirst.«
Etwas in seinem Blick, seiner Stimme erschreckte mich mehr als alles, was er je getan oder gesagt hatte. »Was … was wollen Sie?« Ich stolperte rückwärts, als er einen Schritt auf mich zukam.
»Nimm Mysts Platz ein, Cicely. Führe ihren ursprünglichen Plan aus. Lass mich dich verwandeln und werde meine Partnerin. Du wirst Teil des Indigo-Hofs sein, aber mehr noch. Du bist zur Hälfte Magiegeborene, und das wird dir dabei helfen, deine grausame Natur unter Kontrolle zu halten. Wenn du die Macht willst, können wir gemeinsam Myst niederschlagen und dieses Land im Sturm erobern. Ich weiß, dass du kein skrupelloses Wesen bist, und das musst du auch nicht sein; du könntest gerecht und gut herrschen. Und deinen Feenprinzen kannst du als Liebhaber durchaus behalten – ich habe nichts dagegen.«
Ich konnte ihn nur anstarren. Das Glimmen in seinen Augen sagte mir, dass der Kriegsherr noch immer in ihm steckte. Vielleicht stimmte es ja, was man so sagte: Man konnte einen Kriegstreiber aus dem Dunklen Zeitalter nehmen, nicht aber das Dunkle Zeitalter aus dem Kriegstreiber.
»Ich kann nicht glauben, dass Sie mich das wirklich gerade gefragt haben.«
»Du warst Mysts Tochter. Wenn sie sieht, dass du dich als Gleichgestellte, als Königin, gegen sie wendest, ist das ein Schlag, den sie kaum ignorieren kann. Es würde sie aus der Bahn werfen, so dass sie Fehler macht.«
»Sie wollen mich zur psychologischen Kriegsführung einsetzen und in die Kreatur, die sie ist, verwandeln? Mit dem kleinen Unterschied, dass Sie mich zu kontrollieren hoffen, weil ich nur eine Halbfee bin? Was würde Lainule dazu sagen, wenn sie es wüsste?« Ich stolperte rückwärts zur Tür, weil ich beinahe befürchtete, dass er mich packen und aussaugen würde.
Doch in diesem Augenblick tauchten hinter einem Paravent im hinteren Teil des Raumes Lainule und Anadey auf. Lainule wirkte gepeinigt, Anadey trotzig.
»Ich habe dir doch gesagt, dass du sie nicht darauf ansprechen sollst, bevor wir ebenfalls hier sind und ihr die Sache erklären können.« Lainule schüttelte den Kopf. »Du solltest dich beeilen. Regina war gerade im Korridor und kommt vielleicht rein. Du willst doch nicht, dass sie erfährt, was du vorhast, bevor du Zeit gehabt hast, dich vorzubereiten.«
Es dauerte eine Weile, bis ihre Worte einsanken und mir dämmerte, dass sie von Anfang an von Geoffreys Vorhaben gewusst hatte. Aber hatte etwa auch sie hinter Anadeys kleinem Stunt gesteckt?
»Lainule, Ihr wisst, was Geoffrey von mir verlangt? Das könnt Ihr doch nicht gutheißen! Ich bin Cambyra-Fee, nicht vom Dunklen Hof. Wie könnt Ihr auch nur in Erwägung ziehen, dem zuzustimmen? Und wo ist Grieve? Wart Ihr diejenige, die Anadey dazu gebracht hat, das Ritual,
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