Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)
und daran werden wir nichts ändern – und sie werden wir auch nicht ändern. Sie werden immer wieder versuchen, zu dem anderen zu gelangen, weil sie durch mehr aneinander gebunden sind als ein simples Versprechen. Also werden wir uns wohl damit beschäftigen müssen. Und selbst wenn Grieve verrät, dass er Cicely gesehen hat – na und? Was soll er Myst denn erzählen? Dass wir im Wald waren? Oh, wirklich bedeutend! Sie hat doch keine Ahnung, was wir dort getan haben. Also würde ich vorschlagen, dass wir jetzt nach Hause fahren und uns verdammt noch mal darauf konzentrieren, Kaylin zu helfen!«
Rhiannon blinzelte, nickte aber. »Gute Argumentation.«
Chatter ließ sich zurückfallen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Grieve wird niemals aufgeben. Er hat schon immer bekommen, was er wollte, und jetzt will er wieder bei Cicely sein. Ich denke immer noch, dass sie in großer Gefahr ist.«
»Wir sind alle in großer Gefahr«, sagte ich, um diese Diskussion zu beenden. »Sicherheiten gibt es im Augenblick für niemanden von uns.« Und damit ließen wir das Thema fallen.
Zu Hause trafen wir auf einen kochenden Leo. »Ich kann nicht fassen, dass ihr einfach so abgehauen seid, ohne mir etwas zu sagen. Geoffrey wollte wissen, wo zum Teufel du warst, und Lannan genauso.«
Ich piekte ihm in die Brust. Fest. »Die Vampire haben mich vielleicht vertraglich an sich gekettet, aber sie werden mir nicht zu jeder Tageszeit sagen, was ich zu tun und zu lassen habe. Kaylin brauchte Hilfe. Du warst unterwegs, um irgendetwas Dringendes zu erledigen, und hast nichts Produktives beigetragen. Aber vor allem solltest du immer daran denken, dass ich nicht daran denke, nach deiner Pfeife zu tanzen. Du bist weder mein großer Bruder noch mein Vater oder mein Onkel. Also reg dich ab, okay, Kumpel?«
Leo sah aus, als wollte er zuschlagen, aber ich ging einfach um ihn herum und hinauf zum Dachzimmer, ein gemütlicher Raum, in dem Kaylin sich eingerichtet hatte. Ich hockte mich neben sein Bett und holte den Fetisch hervor.
»Kaylin? Kannst du mich hören? Wir helfen dir. Wir holen dich jetzt da raus.« Ich schaute auf und winkte Rhiannon, die mir gefolgt war, näher heran. Ich war zu Tode erschöpft, aber der Schamane hatte mich gewarnt, dass uns nur sehr wenig Zeit zur Verfügung stand, um das Ritual zu vollziehen; Kaylin würde sich noch weiter in seinen Verstand zurückziehen, wenn wir ihn nicht sehr bald zu retten versuchten und den Nachtflor in ihm weckten.
»Was brauchst du? Und bist du sicher, dass du das ausgerechnet jetzt machen willst? Du siehst fix und fertig aus«, sagte Rhiannon und presste besorgt die Lippen zusammen.
»Wir müssen es tun. Aber könntest du mir vielleicht vorher noch ein Sandwich bringen? Außerdem brauchen wir ungefähr ein Pfund Meersalz, genug Belladonna, um einen Kreis damit zu bilden, und ein Dutzend Quarzsplitter, die mindestens fünf Zentimeter lang sein müssen.«
Ich ließ mich neben Kaylins Bett zu Boden sinken und wünschte mir nichts mehr, als mich in mein eigenes Zimmer zu schleppen, ins Bett zu kriechen und eine Woche lang nur zu schlafen, aber natürlich war das nicht möglich. Als ich mich gegen das Bett lehnte, den Kopf zurück auf die Matratze legte und die Augen schloss, sah ich einen Wirbel von fließenden Farben. Ich ließ ihn auf mich einströmen, folgte den Bewegungen auf dem Schirm meiner geschlossenen Lider und sah ihrem Blubbern und Abtauchen, Aufblitzen und Verlöschen zu. Rot und Grün, ein Spritzer Gelb … und dann nahmen sie Gestalt an.
Eine geflügelte Kreatur tauchte aus dem Farbenspiel auf und nahm Kurs auf mich. Panik überkam mich. Ich wollte mich bewegen, aber ich konnte nicht, und das Wesen landete auf meinem T-Shirt, hielt sich mit den Krallen fest und begann, sich am Stoff hinaufzuarbeiten. Ich konnte die Augen nicht öffnen, aber ich sah es dennoch, und ich wusste, dass es auf dem Weg zu meinem Gesicht war … und zu meinem Verstand.
Was tust du? Was willst du? Wer bist du, Cicely Waters? Weißt du noch, wer du warst?
Die Worte strömten in meinen Geist, und ich versuchte stammelnd zu antworten, aber ich verstand die Fragen nicht. Wer bist du? Was machst du mit mir?
Bist du bereit, mich zu befreien? Bist du wirklich darauf vorbereitet, die Folgen dessen, was du zu tun vorhast, zu tragen? Und dann war es plötzlich auf einer Höhe mit meinem Gesicht und kam näher heran. Ich sah nur noch Lichtblitze.
Ulean, hilf mir! Was ist das für ein Ding? Ich
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