Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)
einem Parkplatz herumlungert.
Spiel nicht mit ihr, und bedroh sie nicht, Mädchen. Du weißt sehr gut, dass das gefährlich ist.
Das ist mir egal, Ulean. Drei Parteien spielen mit uns, als seien wir Schachfiguren, und ich denke gar nicht daran, mir alle Macht aus den Händen nehmen zu lassen. Wir werden hier wenigstens etwas erreichen, und das ist Peytons Befreiung.
Das Flüstern des Windhauchs wurde zu einer eiskalten Bö, als sich das Schilf teilte. Lainule, flankiert von zwei Männern, die mich an Grieve und Chatter aus alten Zeiten erinnerten, trat aus den Büschen.
»Du wagst es, mich mit Drohungen und in einer solchen Sprache zu rufen?« Ihre Stimme war leise, aber die Kraft darin ließ mich zurücktaumeln. Ich plumpste in Kaylins Arme, und er richtete mich wieder auf.
Lainule mochte in der Nacht wunderschön sein, aber am Tag war ihre Erscheinung blendend. Selbst unter dem zerschlissenen Mantel des Sommers überstrahlte sie alles. Ihre Augen waren vom klaren Blau des Morgenhimmels, und das Haar hatte die Farbe gesponnenen Platins, in das man Bernstein gewebt hatte. Sie betrachtete Kaylin, dann Leo, dann wieder mich.
»Was willst du, Cicely? Und du solltest etwas Wichtiges wollen, wenn du einen solchen Auftritt wagst.« Die Königin teilte das Schilfrohr und forderte uns auf, einzutreten.
Ich zögerte eine Sekunde, dann trat ich hindurch. Kaylin und Leo folgten mir etwas langsamer. Sobald wir durch die Büsche waren, hatten wir den Winter hinter uns gelassen und standen am sommerlichen See. Die Bäume waren voll belaubt, die Sonne schien warm und golden, Eis und Schnee waren fort, und das Wasser bewegte sich sanft in der milden Brise, die über die Oberfläche strich.
»Wir sind … wo sind wir?« Die jähe Veränderung hatte mir den Wind aus den Segeln genommen, und die Sonne, die mich wärmte, brachte mich zum Lächeln. Nach der bitteren Winterkälte fühlte es sich so gut an, dass ich mir eigentlich nur ein schönes Plätzchen suchen, mich hinlegen, schlafen und träumen wollte.
»Du willst mich sprechen, aber ich werde nicht auf dem Parkplatz vom Dovetail Lake herumstehen, wo mich alle Welt sehen kann. Also habe ich euch in mein Reich gebracht. In das, was davon übrig ist.« Sie seufzte tief, und erst jetzt sah ich, dass ihre Augen rot vom Weinen waren.
»Was ist los?«
»Ich bin müde, Kind. Erschöpft und voller Kummer. Aber so ist das nun einmal, wenn man zu den Unsterblichen gehört. Komm, setz dich, ruh dich aus. Hier hast du die Zeit dazu. Sag mir, was so dringend ist, dass du mich aufgesucht hast.«
Ihre Wachen eskortierten sie zu einem provisorischen Thron – ein Zedernstumpf, der hastig zu einer königlichen Sitzgelegenheit mit Armlehnen und Höckerchen für die Füße verarbeitet worden war. Als sie hinaufstieg, um ihren Platz einzunehmen, durchfuhr mich plötzlich die Erkenntnis, was sie zurückzulassen gezwungen gewesen war. Man hatte ihr nicht nur Besitz und Wald genommen, sondern sie auch ihrer Wurzeln beraubt. Lainule war die Königin von Schilf und Aue, Herrscherin über New Forests Waldgebiete, und nun musste sie sich in einem provisorischen Lager verstecken und von dort aus versuchen, Myst irgendwie einen Schritt voraus zu bleiben.
Ich stieß den Atem aus. »Habt Ihr Euch mit dem Vampir Lannan Altos verschworen, um mich zu infizieren, so dass ich durch Grieve den Indigo-Hof mit einem Virus kontaminiere?«
Sie sah mich ruhig und klar an. »Nicht nur einen Virus, Cicely, eine Pest. Und ja, ich kenne Altos und seine blutdürstigen Gefährten. Es ist keine Zeit, um an alten Fehden festzuhalten. Wir haben einen gemeinsamen Feind. Es obliegt uns, zusammenzuarbeiten, um Myst und ihr Gewürm zu beseitigen. Und wenn man eine Bedrohung vernichten will, nimmt man kein Zuckerwasser, sondern Gift.«
Ich hätte mich fast an meiner Zunge verschluckt. »Gift? Aber Grieve – Ihr habt einen Eurer Prinzen eingesetzt, um das Toxin in den Hof einzuschleusen?«
»Hin und wieder müssen Opfer gebracht werden. Und da er nicht in den Indigo-Hof hineingeboren wurde, stehen die Chancen gut, dass er es überlebt. Ich tue, was immer ich muss, ich gehe die Risiken ein, die ich eingehen muss. Und was dich betrifft … Auch wenn ich gesagt habe, dass du mir gehörst, habe ich keine Probleme damit, dich mit den Vampiren zu teilen, um unsere Ziele zu erreichen.«
Mich zu teilen? Ein plötzlicher Gedanke kam mir, und ich starrte sie an. Konnte es sein? Nein. Aber andererseits …
»Wart Ihr die
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