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Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)

Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)

Titel: Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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Eis.
    Rhiannon war immer die Stillere gewesen, immer mehr darauf bedacht, die Dinge zu durchdenken, bevor sie handelte. Sie war nicht wirklich schüchtern, aber sie wirkte fragil auf mich, und häufig drängte sich mir der Vergleich mit Schilfrohr auf.
    Aber Schilf ist zäh, wie du weißt, wisperte Ulean mir zu. Es biegt sich im Wind, statt zu brechen.
    Ich blinzelte. Schon, aber Schilf trägt kein Haus.
    Dafür lässt sich ein großartiges Floß damit bauen, also urteile nicht zu schnell.
    Während ich den Gedanken an Rhiannon als Rettungsfloß abzuschütteln versuchte, ging ich hinunter und fand sie in der Küche, wo sie gerade mit dem Aufräumen fertig geworden war. Der Raum sah makellos aus.
    Ich gähnte, als ich mich an den Küchentisch setzte.
    »Also? Was machen wir als Nächstes? Wir …« Ich brach ab. »Verdammt. Was machen wir denn nun als Nächstes?«
    »Ja, ich weiß«, sagte Rhiannon leise. »Ich habe gerade dasselbe gedacht. Meine Mutter ist verschwunden, und vielleicht sehe ich sie nie wieder. Ja, wir hatten unsere Meinungsverschiedenheiten, aber sie war immer für mich da und stand auf meiner Seite. Ich liebe sie, und ich weiß nicht, was ich tun soll, wenn sie wirklich nicht mehr zurückkommt.«
    »Sag so was nicht. Wir finden sie. Wir holen sie zurück.«
    Aber ich war mir selbst nicht sicher, ob das der Wahrheit entsprach.
    »Lass uns jetzt nicht intensiver darüber nachdenken, das schaff ich nicht. Erzähl mir lieber, wie die Begegnung mit Grieve war.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Da gibt es nicht viel zu sagen. Er ist gefährlich, und ich liebe ihn immer noch. Das sind zwei Dinge, die sich ausschließen, oder? Aber ich denke, ich habe wohl nie aufgehört, ihn zu lieben. In den vergangenen neun Jahren hat es keinen Mann gegeben, der mehr als ein One-Night-Stand gewesen ist. Oder ein Kumpel. Jetzt ist mir klar, warum.«
    Rhiannon schlang die Arme um mich und drückte mich fest. »Ich weiß, dass es weh tut, aber wenn er eine so deutliche Warnung ausspricht, dann muss es einen Grund dafür geben.« Einen Blick in mein Gesicht, und sie sank auf den Stuhl neben mir. »Oje. Es hat dich schlimm erwischt, richtig?«
    »Als ich beim letzten Mal hier war, war ich noch nicht bereit zu bleiben. Ich war noch nicht so weit, mich wirklich auf ihn einzulassen, zumal Krystal mich brauchte. Jetzt bin ich es, und jetzt ist es zu spät. Jetzt gehört er dem Feind.«
    Sie rieb mir die Schultern. »Lass gut sein. Was geschehen soll, geschieht. Und vielleicht … vielleicht ist er ja doch noch der, den du kanntest. Vielleicht kann er die Wandlung irgendwie rückgängig machen. Immerhin ist er nicht tot, zumindest nicht, wenn stimmt, was in dem Buch steht.«
    In diesem Moment hörten wir ein Geräusch wie ein Klopfen. Ich warf meiner Cousine einen Blick zu, doch sie schüttelte den Kopf. »Bin ich nicht«, sagte sie.
    Langsam bewegte ich mich auf die Eingangstür zu und öffnete sie. Niemand da. Ich trat hinaus auf die Veranda, sah nach links und rechts und spürte, wie sich fast augenblicklich aus der Klamm ein Blick auf mich richtete. Hinten am Ende des Pfads entdeckte ich einen Wolf, der halb auf dem Weg stand.
    Grieve.
    Zögernd setzte er sich in Bewegung, dann schneller, und schon hastete ich über den Rasen, dem herankommenden Wolf entgegen. Seine smaragdgrünen Augen leuchteten, und das silberne Fell glänzte.
    Ich streckte die Hand aus, und er berührte sie mit seiner Nase. Ein Funken schoss durch meinen Arm und das Rückgrat hinab, breitete sich in meinem Bauch aus und drang vor bis in meine Wolfstätowierung. Eine Antwort kitzelte vibrierend in meinem Unterbauch und sang durch die Tinte. Ich schnappte nach Luft, als der Wolf sich vor mir aufrichtete, mir die Vorderpfoten auf die Schultern legte und in die Augen blickte. Und dann war das Tier verschwunden, und Grieve zog mich in die Arme und legte seine Lippen auf meine.
    »Lass mich los.« Er hielt mich so fest, dass ich kaum atmen konnte. Ich drückte mit den Ellbogen gegen ihn, versuchte freizukommen.
    »Hör auf, dich zu winden«, flüsterte er. »Das macht mich wahnsinnig, und ich könnte dir weh tun.« Und endlich hörte ich ihn wieder in seiner Stimme, diesen hypnotischen Klang. Und die tödliche Bedrohung, die unter dem Verlangen lauerte.
    »Grieve, bitte hör auf damit.«
    Ich hatte genug Situationen mit cracksüchtigen Junkies erlebt, die unbedingt Geld auftreiben mussten oder einen schnellen Fick suchten, um zu wissen, dass man selbst möglichst

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