Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Dunkle

Das Dunkle

Titel: Das Dunkle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
Vom Netzwerk:
nennenswertes Metall mitgebracht, weil sie mit einer menschlichen Bedrohung gerechnet hatten. Nicht mit einer Darkling-Hausparty.
    Rex fluchte. Die furchterregende Macht des Flammenbringers hatte ihn leichtsinnig werden lassen.
    Der Reißverschluss des Matchsacks verklemmte sich zwischen seinen nervösen Fingern, trotzdem gelang es ihm, ihn aufzureißen. Eine große Plastiktaschenlampe, nutzlos ohne Jessica, die sie entzünden konnte. Ein Kugelhammer, der Arachnophobie hieß. Eine Tüte mit einem Schrauben- und Nägelsortiment zum Werfen. Und ein Reifenmontierhebel mit dem Namen Stratokumulus, von dem Rex jetzt allerdings einfiel, dass er ihn schon einmal benutzt hatte, um Gleiter abzuwehren. Seine Kraft war möglicherweise zu nichts zusammengeschmort. Melissa hatte ihn bloß im Kofferraum, um damit Reifen zu wechseln. Er machte sich mit Stratokumulus hinten links an der Radkappe des Fords zu schaffen, so war er wenigstens zu etwas zu gebrauchen. Während er zog, gönnte sich Rex ein selbstzufriedenes Lächeln. Dess und er hatten hart daran gearbeitet und sich darauf geeinigt, sie nur im äußersten Notfall einzusetzen.
    Was jetzt der Fall war.
    Die Radkappe sprang ab und fiel scheppernd zu Boden. Um den inneren Rand waren eine Unmenge winziger Symbole zu sehen, Steinzeitpiktogramme, neununddreißig an der Zahl, von Dess nach Rex’ Anweisungen angebracht. Sie hatte aus der Schulwerkstatt eine Bohrspitze aus einer Wolframlegierung entwendet, mit der man Stahl wie weichen Klebstoff bearbeiten konnte.
    Rex schob die Radkappe in die Tasche, in der Hoffnung, dass sie reichen würde.
    Dann rannte er zur offenen Eingangstür zurück und brüllte die Treppe hinauf.
    „Melissa!“
    Sie antwortete nicht.
    „Komm schon!“
    Dann hörte er von oben ein Geräusch.
    Sie wimmerte.

    Rex fand sie auf Knien vor der Frau. Ihre Finger hielt sie noch immer im Gedankenlesergriff gespreizt, sie schüttelte den Kopf und stöhnte.
    „Da kommt etwas …“
    „Wie ich gesagt habe. Weg hier!“
    „Es ist so krank, Rex …“
    Er schluckte. Es passte nicht zu Melissa, wegen Darklinggedanken auszuflippen. Sie behauptete immer, deren altertümliche, karge Gehirne wären hundertmal leichter zu ertragen als die menschlichen.
    „Komm schon.“ Er zerrte Melissa auf die Füße und schleppte sie in Richtung Treppe. Sie wehrte sich nicht, ließ sich einfach hinterherziehen, wobei sie Schluckaufgeräusche von sich gab wie ein Kind, das versuchte, nicht zu weinen.
    Rex wollte nicht darüber nachdenken, was sie gesehen haben könnte.

    Die Eingangstür war noch immer angelehnt, und er kickte sich seinen Weg frei. Das Haus auf der anderen Seite sah bezogen aus, hoffentlich voller glänzender Metalle und moderner Geräte. Rex hatte noch einen Trick im Ärmel – oder besser in der Schnalle seines rechten Stiefels versteckt.
    Melissa rannte mit ihm über den Asphalt. Endlich hatte sie ihre Panik abgeschüttelt. Aber als er sich nach ihr umsah, schimmerte im kalten Licht des blauen Mondes eine einzelne Träne auf ihrer Wange.
    Sie weinte. Melissa weinte.
    Rex schluckte heftig. Wir sind tot.
    Die Eingangstür war abgeschlossen, also schleuderte er Stratokumulus durch das kleine Buntglasfenster in der Mitte, steckte seinen Arm hinein und suchte nach dem Knauf auf der anderen Seite. Glassplitter stachen ihn in die Ellenbogenbeuge, aber seine Finger fanden die Verriegelung und drehten daran.
    Als die Tür aufschwang, hörte Rex, wie der Stoff an seinem Ärmel riss.
    „Küche“, sagte er. Da gab’s immer die besten Hilfsmittel.
    Melissa rannte vor, während Rex stehen blieb, um nach seinem Arm zu sehen. Unter dem Stoff entdeckte er eine Fleischwunde. Als das Blut aus der Wunde herausquoll, blich die rote Farbe aus und verwandelte sich vor seinen Augen in ein blaues Stahlgrau.
    „Hier rein!“, rief Melissa aus dem Inneren des Hauses. Er riss seinen Blick von dem Schnitt los und rannte, wobei er sich kurz fragte, ob Darklinge irgendwelche Ähnlichkeiten mit Haien hätten. Würden sie durchdrehen, wenn sie Blut rochen?
    Die Küche war riesig, größer als Rex’ Wohnzimmer zu Hause, mit großzügigen Arbeitsflächen und zwei Theken über die ganze Breite des Raumes. Das blaue Licht der geheimen Stunde leuchtete von Metallgeräten und einem Messerblock.
    Rex grinste. Sie waren doch noch nicht tot.
    Er öffnete Schubladen, bis er das Besteck gefunden hatte, und hielt sich einen Löffel vor die scharfen Augen.
    „Koreanischer Edelstahl“, las er begeistert

Weitere Kostenlose Bücher