Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Dunkle

Das Dunkle

Titel: Das Dunkle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
Vom Netzwerk:
einem Stapel geologischer Berichte von Aerospace Oklahoma vorbeigekommen, in dem sich auch eine detaillierte Karte der geplanten Notlandebahn befand. Während der Lernstunde am Morgen war Dess plötzlich klar geworden, dass sie Jessicas Informationen mit dem hiesigen Archiv vergleichen sollte.
    Vielleicht war es aber Madeleine gewesen, die ihr diese Inspiration eingeflößt hatte, genau so wie sie Jonathan den Weg zu Constanza gezeigt hatte.
    Dess runzelte die Stirn. Wenn das hier ein Schachspiel war, dann war sie gerade zum Bauernopfer erklärt worden. Was zum Kotzen war. Sie hatte nur deshalb so hart an den Koordinaten und der Midnight gearbeitet, weil sie auch etwas haben wollte, ein Stück Midnight ohne die anderen, so wie sie alle ihre privaten Pärchenbeziehungen hatten.
    Sie nahm einen großen Schluck Tee, der Geschmack passte zu ihrer Laune.
    „Manipuliert ihr Gedankenleser alle so viel?“
    Madeleine hob eine Augenbraue. „Manipulieren?“
    „Doch, ja. Vielleicht machen sich die Darklinge gar nichts mehr aus Ihnen. Vielleicht hängen Sie nur noch hier oben rum, weil es Ihnen Spaß macht, andere Leute herumzuschieben. Und gelegentlich – ungern – die Hände nach uns auszustrecken, um uns aus der Klemme zu helfen.“
    „Euch helfen? Ich helfe euch nicht nur, junge Dame. Ich habe euch gemacht.“
    Dess blinzelte. „Wie meinen Sie das?“
    Madeleine setzte ihre Teetasse energisch auf dem Tablett ab und sah dabei so beängstigend aus, dass Dess auf ihrem Kissen herumrutschte. Konnte ihr die Gedankenleserin wirklich etwas tun, wenn sie sie berührte? , fragte sie sich. Madeleine hatte mit einem Fingerstrich eine mentale Blockade in ihr Hirn gepflanzt – konnte sie einfach über das Tablett greifen, auf „Entfernen“ drücken und eine sabbernde Idiotin aus ihr machen? Dess’ Finger krampften sich zusammen und um-schlossen die tröstliche Form des GPS-Empfängers in ihrer Jackentasche.
    „Wie viele Sekunden hat ein Tag, Dess?“, fragte Madeleine sanft.
    „Sechsundachtzigtausendvierhundert“, antwortete sie ohne nachzudenken.
    „Und wie viele neue Schüler hat die Bixby Highschool in den letzten drei Jahren aufgenommen?“
    Dess zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht … zehn?“
    „Und wie viele davon waren zufällig Midnighter?“
    Dess lief es eiskalt den Rücken hinunter. Zwei … Jessica und Jonathan.
    „Oh mein Gott.“ In ihrem Kopf drehte es sich, als sie zwei und zwei zusammenzählte. Alles hing davon ab, wie nah an Punkt Mitternacht man geboren war, um die geheime Stunde zu sehen. Aber selbst wenn jemand, der eine volle Minute vor oder nach Mitternacht geboren war, Midnighter werden würde, dann war das nur jeder Siebenhundertzwanzigste, und nicht zwei von zehn Leuten. Und wenn man innerhalb einer Sekunde davor oder danach geboren sein musste, dann kam dabei einer unter etwa vierzigtausend raus, womit die Chance, dass zwei Midnighter nacheinander auftauchten, bei eins zu rund 1,6 Billionen stand, und damit waren zwei von zehn …
    reichlich unwahrscheinlich.
    Dess wurde mit zunehmendem Entsetzen bewusst, dass sie das getan hatte, was sie am meisten hasste und worüber sie permanent schimpfte, wann immer sie potenzielle Zuhörer fand …
    Sie hatte ihre Matheaufgaben nicht gemacht.
    „So viel zu meinem viel gerühmten Sinn für das Offensichtliche“, murmelte Dess.
    Sie dachte an Jessicas Mutter und ihr Glück mit dem neuen Job bei Aerospace Oklahoma, an Jonathans Vater und seinen Ärger mit der Polizei, der ihn dazu zwang, von Pittsburgh wegzuziehen … als ob jeder, der vor den Bullen abhauen wollte, nach Bixby ziehen würde.
    Sie blickte über das Teetablett hinweg. „Sie haben Leute herumgeschubst.“
    Madeleine lächelte.
    „Und was ist mit uns dreien?“, fuhr Dess fort. „Alle innerhalb eines Jahres in Bixby geboren? Das muss ungefähr so ein Zufallstreffer sein, wie wenn die Dinosaurier von einem Meteoriten eins auf die Birne bekommen hätten!“
    „In der blauen Zeit muss ich mich sehr still verhalten“, sagte Madeleine leise. „Aber vor vielen Jahren konnte ich tagsüber ungehindert senden. Wenn eine Frau in den Wehen liegt, ist ihr Bewusstsein sehr offen für Suggestion. Wenn sie im richtigen Moment presst …“
    Dess wurde schlecht. Bauernopfer wurde der Sache nicht gerecht. Sie nahm jeden einzelnen schlechten Gedanken über Melissa zurück, denn genau hier, gerade jetzt, saß sie mit der größten Hure aller Zeiten beim Tee.
    „Es funktioniert in einem von hundert

Weitere Kostenlose Bücher