Das Echo aller Furcht
gut ist wie er selbst.«
Ausgeschlossen, dachte Ricks.
Vielleicht sogar noch besser, dachte Mancuso.
»Nun denn«, wandte sich der Commodore an die versammelte Besatzung der Zentrale. »Gehen Sie Ihre eigenen Daten durch. In dreißig Minuten halten wir dann die Schlußbesprechung.«
Ricks sah, daß Mancuso und Chambers beim Hinausgehen miteinander lachten. Mancuso mochte ein geschickter und tüchtiger U-Boot-Fahrer sein, aber er hatte die Mentalität eines U-Jägers und war als Commodore eines Geschwaders strategischer Boote am falschen Platz. Natürlich hatte er einen Kumpel von der Atlantikflotte hinzugezogen, auch so ein Unterwasser-Cowboy, aber das war eben der Brauch. Ricks war davon überzeugt, richtig gehandelt zu haben.
Die Übung war unrealistisch gewesen, fand Ricks. Hatte Rosselli nicht gesagt, Maine sei so lautlos wie ein schwarzes Loch im Wasser? Verflucht, das war seine erste Chance gewesen, dem Commodore sein Können zu beweisen. Ein fauler Trick und die Fehler der Besatzung, auf die Rosselli so stolz gewesen war, hatten ihm die Möglichkeit genommen, bei diesem künstlichen und unfairen Test einen guten Eindruck zu machen.
»Mr. Shaw, zeigen Sie mir Ihre Unterlagen.«
»Hier, Sir.« Shaw, der seine theoretische Ausbildung erst vor zwei Monaten in Groton abgeschlossen hatte, stand in der Ecke und hatte die Karten und seine Aufzeichnungen fest an die Brust gepreßt. Ricks entriß sie ihm, breitete sie auf einem Tisch aus und musterte sie kurz.
»Schlamperei. Das hätten Sie mindestens eine Minute schneller schaffen können.«
»Jawohl, Sir«, erwiderte Shaw. Er hatte zwar keine Ahnung, wie die Aufgabe rascher zu erledigen gewesen wäre, aber der Captain hatte gesprochen, und der Captain hatte immer recht.
»Das hätte das Blatt wenden können«, sagte er in einem gedämpfteren, aber noch immer häßlich scharfen Ton.
»Das tut mir leid, Sir.« Ensign Shaw hatte zum ersten Mal einen richtigen Fehler gemacht. Ricks richtete sich auf, mußte aber trotzdem aufschauen, um Shaw in die Augen zu sehen. Auch das verbesserte seine Laune nicht.
»Mit Entschuldigungen ist es nicht getan, Mister. Entschuldigungen gefährden das Schiff und kosten Menschenleben. Entschuldigungen hört man nur von inkompetenten Offizieren. Haben Sie mich verstanden, Mr. Shaw?«
»Jawohl, Sir.«
»Bestens.« Das kam heraus wie ein Fluch. »Sorgen Sie dafür, daß so etwas nicht wieder vorkommt.«
Den Rest der halbstündigen Pause verbrachte man mit dem Studium der bei der Übung angefallenen Daten. Dann gingen die Offiziere in einen größeren Raum, um die Übung zu analysieren und zu erfahren, was die Mannschaft »Rot« gesehen und getan hatte. Lieutenant Commander Claggett hielt Ricks auf.
»Skipper, Sie sind ein bißchen zu streng mit Shaw gewesen.«
»Was soll das heißen?« fragte Ricks gereizt und überrascht.
»Shaw hat keine Fehler gemacht. Ich selbst hätte das kaum dreißig Sekunden schneller erledigen können. Der Maat, den ich ihm zur Seite stellte, hat fünf Jahre Erfahrung und ist Ausbilder in Groton. Ich behielt die beiden im Auge. Sie haben sich ordentlich gehalten.«
»Wollen Sie etwa behaupten, der Fehler sei meine Schuld?« fragte Ricks täuschend sanft.
»Jawohl, Sir«, erwiderte der IA ehrlich, wie er es gelernt hatte.
»Ach, wirklich?« versetzte Ricks und ging ohne ein weiteres Wort hinaus.
Die Behauptung, Petra Hassler-Bock sei unglücklich, war ein Understatement von epischem Ausmaß. Die Enddreißigerin war seit fünfzehn Jahren auf der Flucht und hatte sich schließlich, als es im Westen für sie zu gefährlich wurde, in die DDR abgesetzt – in die ehemalige DDR, dachte der Ermittlungsbeamte des BKA mit einem zufriedenen Lächeln. Erstaunlicherweise aber war es ihr trotz des Drucks offenbar prächtig gegangen. Jedes Foto in der dicken Akte zeigte eine attraktive, vitale, lächelnde Frau mit einem mädchenhaften faltenlosen Gesicht und wuscheligem braunem Haar. Diese Person hatte kaltblütig beobachtet, wie drei Menschen gestorben waren – nachdem man sie mehrere Tage lang mit Messern gefoltert hatte. Die Morde hatten ein politisches Signal sein sollen – damals stand die Entscheidung über die Stationierung amerikanischer Pershing 2 und Cruise Missiles in der Bundesrepublik an, und die RAF wollte die Bevölkerung durch Terror auf ihre Seite bringen. Der Erfolg war natürlich ausgeblieben, aber man inszenierte den dritten Mord wie einen Horrorfilm.
»Sagen Sie, Frau
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