Das Echo aller Furcht
täuschte über ihre eigentlich gute Stimmung hinweg. »Klar, jede Nacht so um zwei. Bis Montag dann.«
Goodley setzte sich wieder, nachdem die beiden anderen gegangen waren. »Okay, jetzt können Sie mich zur Sau machen.«
Ryan winkte ab. »Wieso denn?«
»Weil ich eine blöde Theorie zur Sprache gebracht habe.«
»Unsinn, Sie haben Ihre Zweifel nur als erster ausgesprochen. Das war gute Arbeit.«
»Ich habe nicht die Bohne gefunden«, grollte der Harvard-Akademiker.
»Gewiß, aber Sie haben an allen richtigen Stellen gesucht.«
»Wie stehen die Chancen, SPINNAKERs Meldungen aus anderen Quellen zu bestätigen – vorausgesetzt, er hat recht?« fragte Goodley.
»Fünfzig Prozent, bestenfalls sechzig. Mary Pat hat recht. Dieser Mann liefert uns Informationen, die wir nicht immer auch anderswo bekommen. Aber auch Ihr Standpunkt ist korrekt: Wenn er recht hat, kann er selbst von der Situation profitieren. Ich muß mit diesem Fall noch vor dem Wochenende ins Weiße Haus. Dann rufe ich Jake Andrews und Eric Kantrowitz an, lasse sie anfliegen und das Material betrachten. Haben Sie am Wochenende etwas Besonderes vor?«
»Nein.«
»Na, dann haben Sie ab sofort Pläne. Gehen Sie alle Ihre Notizen durch und verfassen Sie ein gutes Positionspapier.« Ryan klopfte auf den Tisch. »Montag früh will ich es auf dem Schreibtisch haben.«
»Warum?«
»Weil Sie unvoreingenommen sind, Ben. Wenn Sie etwas untersuchen, schauen Sie genau hin.«
»Aber mit meinen Schlußfolgerungen sind Sie nie einverstanden!« wandte Goodley ein.
»Gewiß, ich gehe nicht oft mit Ihnen konform, aber die Daten, mit denen Sie Ihre Analysen untermauern, sind immer erstklassig. Niemand kann immer recht haben. Und niemand liegt immer falsch. Wichtig ist der Prozeß selbst, die intellektuelle Disziplin, und da stehen Sie ziemlich gut da, Dr. Goodley. Hoffentlich gefällt es Ihnen in Washington. Ich habe nämlich vor, Ihnen eine feste Anstellung anzubieten. Wir stellen eine neue Gruppe in der DI auf, deren Aufgabe es ist, Gegenpositionen zu beziehen, eine B-Mannschaft sozusagen, die dem DDI direkt unterstellt ist. Sie sollen der zweite Mann der Rußlandsektion werden. Trauen Sie sich das zu? Überlegen Sie sich das gut, Ben«, fügte Jack hastig hinzu. »Sie müssen mit viel Druck vom A-Team, langer Arbeitszeit, mittelmäßiger Bezahlung rechnen und werden abends nur selten mit dem befriedigenden Gefühl heimgehen, etwas bewirkt zu haben. Aber Sie bekommen viel interessantes Material zu sehen, und hin und wieder wird man auch einmal auf Sie hören. Wie auch immer, das Positionspapier, um das ich Sie gebeten habe, stellt Ihre Aufnahmeprüfung dar – vorausgesetzt, Sie sind interessiert. Zu welchem Ergebnis Sie kommen, ist mir egal, aber ich will etwas sehen, das im Kontrast zu allen anderen Analysen steht. Nun, haben Sie Lust?«
Goodley rutschte auf seinem Sessel herum und gab erst nach einigem Zögern eine Antwort. Was er nun sagen mußte, konnte seine Karriere torpedieren. Aber es ging nicht, daß er es einfach verschwieg. Er atmete aus und sagte: »Ich muß Ihnen erst etwas gestehen.«
»Gut, schießen Sie los.«
»Als Dr. Elliot mich hierherschickte...«
»Sollten Sie mich kritisieren, ich weiß.« Ryan war sehr amüsiert. »Aber ich habe Sie geschickt umgedreht, nicht wahr?«
»Jack, das war nicht alles... sie wollte, daß ich Sie durchleuchtete, nach Belastungsmaterial suchte, das sie gegen Sie einsetzen kann.«
Ryans Miene wurde eiskalt. »Und?«
Goodley wurde rot, redete aber rasch weiter. »Ich tat auch wie geheißen. Ich fand in Ihrer Akte Unterlagen über die Ermittlungen der Börsenaufsicht und gab Informationen über Ihre finanziellen Transaktionen weiter – im Fall Zimmer zum Beispiel.« Er hielt inne. »Dafür schäme ich mich jetzt sehr.«
»Und haben Sie hier etwas gelernt?«
»Über Sie? Ja, daß Sie ein guter Chef sind. Marcus ist stinkfaul, Elizabeth Elliot ein zimperliches, gehässiges Biest, das zu gerne andere manipuliert. Mich hat sie auf Sie angesetzt wie einen Spürhund. Dabei habe ich in der Tat etwas gelernt: So etwas tue ich niemals wieder. Sir, so wie jetzt habe ich mich noch nie bei jemandem entschuldigt. Aber ich fand, daß Sie Bescheid wissen müssen. Sie haben ein Recht darauf.«
Ryan schaute dem jungen Mann lange in die Augen, wartete, daß er seinem Blick auswich, fragte sich, was in ihm steckte. »Schon gut, Ben. Liefern Sie mir ein anständiges Positionspapier.«
»Ich gebe mein Bestes,
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