Das Echo aller Furcht
einen Angriff durch amerikanische Truppen.«
»Das ist ja Wahnsinn!«
Und die Meldung kam keine fünf Minuten nach der Versicherung meines Freundes Fowler, er werde nichts Provokatives unternehmen, dachte Narmonow. »Fassen Sie sich kurz. Ich habe hier schon genug zu tun.«
»Präsident Narmonow, vor zwei Wochen landete eine Staffel F-117A Stealth auf dem Stützpunkt Ramstein und sollte angeblich den Nato-Alliierten vorgeführt werden. Die Amerikaner behaupten, sie verkaufen zu wollen. Jedes dieser Flugzeuge kann zwei Bomben mit einer Sprengleistung von je einer halben Megatonne tragen.«
»Und?«
»Ich kann sie nicht orten. Für unseren Radar sind sie praktisch unsichtbar.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Nachdem sie ihren Stützpunkt verlassen haben und in der Luft betankt worden sind, können sie in weniger als drei Stunden über Moskau sein. Wir würden genauso überrascht wie die Iraker.«
»Sind sie wirklich so effektiv?«
»Wir ließen deshalb soviel Personal im Irak zurück, um die Wirkung der amerikanischen Waffen genau beobachten zu können. Diese Flugzeuge erschienen nie auf den Radarschirmen – weder auf unseren noch den französischen, die Saddam hatte. So gut sind sie.«
»Warum sollten die Amerikaner so etwas tun?« fragte Narmonow.
»Warum sollten sie unser Regiment in Berlin angreifen?«
»Ich dachte, dieser Bunker sei vor allem, was sie in ihrem Arsenal haben, sicher.«
»Gegen eine mit großer Zielgenauigkeit abgeworfene Kernwaffe nützen auch die hundert Meter Erde über uns nichts«, erklärte der Verteidigungsminister und fügte in Gedanken hinzu: Den alten Wettstreit zwischen Geschoß und Panzer gewinnt immer das Geschoß ...
»Zurück zu Berlin«, meinte Narmonow. »Wissen Sie, was sich dort zugetragen hat?«
»Nein. Meldungen kamen bisher nur von Offizieren niederer Ränge.«
»Lassen Sie jemanden vor Ort erkunden. Weisen Sie unsere Leute an, sich zurückzuziehen, falls es ihre Sicherheit erlaubt, und ausschließlich Defensivmaßnahmen zu ergreifen. Irgendwelche Einwände?«
»Nein, das halte ich für klug.«
Das National Photographic Intelligence Center (NPIC) befindet sich auf der Marinewerft Washington in einem von mehreren fensterlosen Gebäuden, in denen hochgeheime Aktivitäten der Regierung stattfinden. Im Augenblick waren zwei mit Kameras bestückte Aufklärungssatelliten KH-12 und zwei Radarbilder aufnehmende Trabanten KH-12 »Lacrosse« in der Umlaufbahn. Um 00:26:46 Uhr Zuluzeit kam ein KH-1 1 in Sichtweite von Denver. Alle Kameras an Bord wurden auf die Stadt und besonders auf die südlichen Vororte gerichtet. Die Bilder sandte der Späher in Echtzeit nach Fort Belvoir in Virginia; von dort aus gingen sie über Glasfaserkabel ans NPIC, wo sie auf Zweizollvideoband aufgenommen wurden. Mit der Analyse begann man sofort.
Die Maschine war eine DC-10. Kati und Ghosn, die über ihr Glück erfreut und überrascht waren, gönnten sich wieder Sitze in der ersten Klasse. Bekanntgeworden war die Nachricht erst wenige Minuten vor Aufruf ihres Fluges. Nachdem Reuters die Meldung verbreitet hatte, war die Katastrophe nicht mehr geheimzuhalten.
AP und UPI, die natürlich auch alle Fernsehstationen mit Nachrichten versorgten, hatten sie sofort aufgegriffen. Bei den Lokalsendern war man überrascht, daß die drei großen Netze keine Sondersendungen brachten, und unterbrach die Programme mit der Sensationsmeldung. Kati hingegen war bloß überrascht von der Stille. Als sich die Nachricht wie eine Woge im Terminal ausbreitete, hatte es weder Geschrei noch Panik gegeben, sondern nur ein gespenstisches Schweigen, das einem auf einmal erlaubte, die sonst vom Stimmengewirr übertönten Hintergrundgeräusche zu vernehmen. Also so reagieren die Amerikaner auf Tod und Tragik, dachte der Kommandant. Der Mangel an Leidenschaft überraschte ihn.
Nun, bald hatte er das Ganze ja sowieso hinter sich. Die DC-10 beschleunigte und hob ab. Wenige Minuten später schwebte sie über internationalen Gewässern einem neutralen, sicheren Land entgegen. Nur noch ein Anschlußflug, dachte jeder für sich. Noch einmal umsteigen, und dann waren sie ganz untergetaucht.
Wer hätte mit soviel Glück gerechnet?
»Die Infrarot-Emissionen sind bemerkenswert«, dachte der Fotoanalytiker laut. Er wertete zum ersten Mal die Nachwirkungen einer Kernexplosion aus. »Schäden und Sekundärbrände bis zu einer Meile vom Stadion, von dem nicht viel zu sehen ist. Zuviel Rauch und IR-Störungen. Beim
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