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Das Echo aller Furcht

Das Echo aller Furcht

Titel: Das Echo aller Furcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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können abwarten, bis ich mir die Zähne geputzt habe.«
    »Gut, in fünf Minuten, Sir.«
    Die Verbindung wurde unterbrochen. Elliot legte langsam den Hörer auf. Fünf Minuten reichten ihr nicht. Hastig holte sie ihr Kosmetiketui aus einer Schublade und eilte zur Toilette. Ein rascher Blick in den Spiegel ... nein, erst eine Magnesiumtablette, um den Magen gegen die Auswirkungen des Kaffees zu schützen. Dann richtete sie Frisur und Make-up ... gut so. Noch die Rouge-Akzente korrigieren ...
    Dr. phil. Elizabeth Elliot marschierte steif in ihr Arbeitszimmer zurück, blieb noch eine halbe Minute stehen, um sich innerlich zu sammeln, griff dann nach der Presseschau und ging zum Aufzug, der schon da war. In der offenen Tür stand ein Mann vom Secret Service, der ihr freundlich lächelnd einen guten Morgen wünschte – aber nur, weil er grundsätzlich höflich war, selbst zu einem arroganten Biest wie E. E.
    »Wohin?«
    Dr. Elliot schenkte ihm ihr charmantestes Lächeln. »Nach oben«, antwortete sie dem verdutzten Agenten.

5
Ablösungen und Wachen
    Ryan saß im VIP-Raum der US-Botschaft und beobachtete, wie der Zeiger übers Zifferblatt kroch. Er sollte an Dr. Aldens Stelle nach Riad, aber weil er einem Prinzen einen Besuch abstattete und sich auch Prinzen ihren Terminkalender nur ungern durcheinanderbringen lassen, mußte er sich genau an die Zeit halten, zu der Alden in Saudi-Arabien angekommen wäre. Nach drei Stunden hatte er auf Satellitenfernsehen keine Lust mehr und machte in Begleitung eines diskreten Sicherheitsbeamten einen Spaziergang. Normalerweise hätte Ryan sich von dem Mann die Touristenattraktionen zeigen lassen, aber heute wollte er sein Gehirn im Leerlauf lassen. Er war zum ersten Mal in Israel und wollte seine eigenen Impressionen sammeln, während das, was er im Fernsehen gesehen hatte, vor seinem inneren Auge noch einmal ablief.
    Es war heiß in Tel Aviv, wenn auch nicht ganz so heiß wie in Riad, der Stadt, die Ryan als nächstes besuchen sollte. Auf den Straßen wimmelte es von Menschen. Wie erwartet, war viel Polizei zu sehen. Beunruhigend dagegen fand Ryan die mit Uzi-Maschinenpistolen bewaffneten Zivilisten, Männer wie Frauen, die offenbar auf dem Weg von oder zu einer Reserveübung waren. Diejenigen in den Staaten, die für eine Schußwaffenkontrolle waren, mußte dieser Anblick erschüttern, während die Gegner sich freuen würden. Fest stand, daß Handtaschenräuber und anderes Straßengesindel hier kaum eine Chance hatten. Überhaupt gab es in Israel nur wenig »zivile« Kriminalität, dafür aber zunehmend mehr Bombenanschläge und andere terroristische Akte.
    Israel war für Christen, Moslems und Juden das Heilige Land und hatte während seiner ganzen Geschichte unter seiner Lage als Scheideweg der römischen, griechischen und ägyptischen Imperien sowie der Reiche der Babylonier, Assyrer und Perser zu leiden gehabt; eine Konstante in der Militärgeschichte ist die Tatsache, daß solche Randgebiete immer umkämpft sind. Der Aufstieg des Christentums und siebenhundert Jahre später das Auftauchen des Islam hatten nur wenig verändert. Andere Gruppierungen hatten sich gebildet und dem seit dreitausend Jahren umkämpften Gebiet eine größere religiöse Bedeutung gegeben, die alle Kriege noch bitterer machte.
    Es war leicht, die Sache mit Zynismus zu betrachten. Beim ersten Kreuzzug – 1096, wenn Ryan sich recht entsann – war es vorwiegend darum gegangen, den überzähligen Nachwuchs des Adels zu beschäftigen, der mehr Kinder hervorbrachte, als seine Burgen aufnehmen konnten. Schließlich konnte der Sohn eines Ritters nicht einfach Bauer werden, und Sprößlinge, die nicht von Kinderkrankheiten weggerafft worden waren, mußten irgendwo untergebracht werden. Papst Urbans Botschaft von der Eroberung des Heiligen Landes durch die Ungläubigen eröffnete auf einmal die Möglichkeit eines Angriffskrieges  – nicht nur, um die heiligen Stätten zu sichern, sondern auch, um neue Lehnsgüter zu erobern, mit Bauern, die man unterdrücken konnte, und sich auf den Handelswegen in den Orient auszubreiten und Wegezoll zu kassieren. Die Prioritäten variierten von Fall zu Fall, aber über die Optionen waren die Kreuzritter alle miteinander informiert gewesen. Jack hätte gerne gewußt, wie viele Menschen verschiedener Nationen über diese Straßen gegangen waren und wie sie ihre persönlichen, politischen und wirtschaftlichen Ziele mit ihrer religiösen Mission in Einklang gebracht hatten.

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