Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
in der Roly-Poly über dem Bermudadreieck. Man hatte noch versucht der Maschine einen entsprechenden Funkspruch zu übermitteln, aber die erlösende Nachricht erreichte nie den Empfänger.
    Später dann hatten Jonas’ Eltern nach einer Möglichkeit geforscht die Welt Azon wieder zu verlassen. Doch die Nachkommen von Keldins Schar kannten keinen Weg zurück. Es gab nur das Echo der Flüsterer. Von einer Heimkehr irgendwelcher Wanderer zur Erde berichteten weder die Chroniken noch die alten Legenden.
    Diese Nachricht machte Jonas betroffen. Bisher war es für ihn keine Frage gewesen, dass er irgendwann wieder in seine Welt gelangen würde, und auch jetzt wollte er sich ganz und gar nicht mit der Erklärung seines Vaters abfinden. Hilfe suchend blickte er in die Runde seiner Freunde. Kraark sah ihn gar nicht erst an, sondern tat so, als sei er von einer Beere auf Sams Teller hypnotisiert worden. Lischka und Ximon zuckten mit den Schultern: Ihnen sei kein einziger Bericht von einer »Umkehrung des Echos« bekannt. Selbst Darina hielt sich bedeckt: Der Kristall berge viele Geheimnisse, die selbst ihr verborgen seien. Jonas war eine Zeit lang wie betäubt. Sein Verstand weigerte sich zu akzeptieren, was alle anderen offenbar als Tatsache ansahen. Vielleicht gab es doch einen Weg heim…
    Das wunderbare Gefühl endlich bei seinen Eltern zu sein half ihm schließlich die nagenden Gedanken zu vertreiben. Allmählich nahm er wieder an den Gesprächen der Freunde teil. Außerdem gab es noch mehr, was ihn beschäftigte. Jetzt war eine gute Gelegenheit diesen Punkt zu klären.
    Jonas sprach noch einmal die Erkundungsflüge der Air Force an. Er hatte noch nie davon gehört, dass die Vereinigten Staaten Spionageflugzeuge über fremde Länder aussandten. Sam Chalk dachte erst, ihm ginge es nur um das Wie und beschrieb detailliert die U-2-Aufklärungsflugzeuge, die aus großer Höhe Luftaufnahmen von bestechender Brillanz schießen konnten. Aber Jonas hatte etwas ganz anderes beunruhigt. Wann immer er die Nachrichten in Rundfunk, Fernsehen und Presse verfolgt hatte, waren die Vereinigten Staaten stets als stolze und starke Nation beschrieben worden, die den kleineren Ländern schützend wie ein großer Bruder zur Seite stand. Jetzt hatte er erfahren, dass diese »tugendhafte« Nation einen Nachbarstaat auf eine besonders verschlagene Art und Weise bespitzelte.
    »Ist denn das… ich meine, dürfen wir denn das?«, fragte er in die Runde.
    Lischka grinste. Sein Mund glänzte noch vom Fett eines mit Käse überbackenen Gemüseauflaufs. »Der Adler hat noch nie danach gefragt, wohin er fliegen darf, Jonas. Dein gesunder Menschenverstand sagt dir, dass es Unrecht ist, einfach ungebeten über den Zaun von Nachbars Garten zu steigen. Auf der Erde gibt es eine allgemein verbindliche Regelung, die ›Völkerrecht‹ genannt wird. Für den Adler scheint dies aber ein Fremdwort zu sein; er verstößt mit seinen U-2-Flügen dagegen, wann immer es ihm passt.«
    Jonas sah den stämmigen Bonka ungläubig an. »Du meinst, sie kümmern sich einfach nicht um das Gesetz?«
    »Genauso ist es. Schon am 1. Mai 1960 haben die Russen über Swerdlowsk eine U-2 abgeschossen. Chruschtschow explodierte zunächst regelrecht. Als dann die Amerikaner ihren Ausrutscher ungeschickt zu verschleiern suchten, rieb er sich schadenfroh die Hände. Endlich konnte er vor aller Welt mit dem Finger auf sie zeigen. Was meinst du wohl, warum?«
    »Weil sie beim Kirschenklauen erwischt worden waren?«
    Ximon steckte sich eine große rote Frucht in den Mund und grinste.
    Am späten Nachmittag saßen wieder alle hinter der blauen Kristallscheibe. Nur wenige Augenblicke nachdem Robert seine Gedanken auf Ray Cline konzentriert hatte, wurde das Büro des CIA-Beamten sichtbar. Unter den Augen eines Raben, eines Keldinianers, von vier Menschen und fünf Bonkas ging er seiner alltäglichen Arbeit nach, etwa eine halbe Stunde lang. Er telefonierte, kritzelte auf einem Block herum, telefonierte erneut, vergraulte eine Sekretärin namens Betty mit plumpen Komplimenten, telefonierte noch einmal, las eine Akte… Dann klingelte das Telefon.
    »Ja…? Was haben Sie… ? Und Sie sind sich ganz sicher? Gut, warten Sie, ich… ich werde sofort Direktor McCone informieren. Bleiben Sie in der Nähe des Telefons. Ich rufe gleich zurück.«
    Cline unterbrach die Verbindung mit dem Zeigefinger und wählte eine neue Nummer.
    »Hallo, Anne, ich muss John McCone sprechen, sofort! Was? Nicht da? Aber

Weitere Kostenlose Bücher