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Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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einschlafen.«
    »Soll ich dir eine Geschichte vorlesen?«
    Sie nickte erneut.
    »Dann hol schnell dein Märchenbuch.«
    Caroline überließ Ted der Obhut des Präsidenten und sauste wie ein Wirbelwind aus dem Zimmer. Nur kurze Zeit später saß sie wieder auf dem Schoß ihres Vaters.
    »Also dann«, begann Jack mit ruhiger Stimme. »Es war einmal…«
    Ein leises Klopfen unterbrach den Märchenerzähler.
    Jonas war genauso überrascht wie Jack, als plötzlich ein anderer Mann im Zimmer stand. Offenbar kam das aber in den Privaträumen des Präsidenten öfter vor, denn Jack begrüßte den Besucher ganz ungezwungen.
    »Dave, ich habe Sie gar nicht kommen hören.«
    »Entschuldigen Sie, Mr. President. Hier wäre noch eine Akte…«
    »Legen Sie sie da drüben auf den Tisch, Dave. Ich sehe sie mir später an. Momentan bin ich gerade in einer wichtigen Besprechung von nationaler Bedeutung.« Jack lächelte seinem Mitarbeiter verschmitzt zu und deutete mit dem Kopf viel sagend auf seine schon ungeduldig wartende Tochter.
    »Natürlich«, erwiderte Dave mit großem Ernst. Jonas konnte sehen, wie gerührt der Beamte von dem Anblick des fürsorglichen Vaters und seiner Tochter war. Dave schluckte einen Kloß hinunter und fügte entschuldigend hinzu: »Ich hörte nur Ihre Stimme und dachte, Sie würden telefonieren. Lassen Sie sich nicht stören. Ich bin schon weg.«
    »Schon gut, Dave. Sie sollten auch ins Bett gehen. Uns allen steht ein schwerer Tag bevor.«
    Dave verabschiedete sich mit einem Winken, das hauptsächlich für Caroline bestimmt war, und verschwand aus dem Kristalloval.
    »Wo waren wir stehen geblieben, Caroline?«
    »Da!«, antwortete das Mädchen und stach ihren knubbeligen Finger in das Bild eines hässlichen kleinen Entleins.
    »Oh ja. Jetzt weiß ich es wieder.« Der mächtigste Mann der Welt räusperte sich und begann von neuem: »Es war einmal…«
     
     
    Am nächsten Morgen brachen die Spiegel-Gucker schon früh zum Hafenviertel auf, um von dort aus den Facettensprung zur Flüstererhöhle zu unternehmen. Jonas begleitete seine Eltern und die drei Bonkas. Etwas später stieß auch noch Goldan hinzu.
    Auf dem ganzen Weg gingen Jonas ständig die Bilder der vergangenen Nacht durch den Kopf. Was er in Keldins Spiegel gesehen hatte, rührte noch jetzt an sein Herz. Sein Flüstern hatte nur aus wenigen Worten bestanden, aber die Wirkung war phänomenal gewesen! Wahrscheinlich hatte er eine Saite in Kennedy zum Klingen gebracht, die schon immer da gewesen war, aber die sonst kaum jemand spielte. Während Trojan seinen Reiter zum Hafen hinuntertrug, versuchte Jonas die Eindrücke zu verarbeiten. Es war so schwer, die Menschen zu verstehen! Im Allgemeinen neigte man dazu, eine Person als gut oder schlecht zu beurteilen. Aber so einfach war es nicht. Das hatte Jonas in der vergangenen Nacht gelernt. Nachdem sein Bild von John F. Kennedy in den letzten Tagen gründlich demontiert worden war, hatte er nun wieder eine ganz neue Seite dieses Menschen kennen gelernt, eine Seite, die ihn mit Hoffnung erfüllte.
    Der Facettensprung brachte Jonas’ Gedanken in andere Bahnen. Es war schon ein merkwürdiges Gefühl, am Strand in einen Felsspalt zu reiten und unter den Hängenden Bergen – zig Meilen vom Meer entfernt – wieder herauszukommen. Jonas und seine Begleiter waren nicht die Einzigen, die sich an diesem Morgen zur Höhle der Flüsterer begaben. Hunderte von anderen Flüsterern hatten sich ebenfalls auf den Weg gemacht.
    »Fast wie Arbeiter, die morgens in eine Fabrik strömen«, bemerkte Jonas.
    »Die Flüsterer bekommen keinen Lohn im eigentlichen Sinn für das, was sie tun«, erklärte Ximon ernst.
    »Ihr seid so etwas wie ein Orden, stimmt’s?«
    »So könnte man sagen, ja. Jeder, der reinen Herzens ist, kann den Kristallrat darum bitten, in die Gemeinschaft der Flüsterer aufgenommen zu werden. Wird er zugelassen, dient er entweder für einige Jahre oder sogar das ganze Leben lang in der Höhle. Die Arbeit der Flüsterer wird sehr von den Bonkas geschätzt. Deshalb sorgen sie auch für den Orden. Wir Flüsterer bekommen von unseren Brüdern alles, was wir zum Leben brauchen: Essen, Trinken, Kleidung, eben alles.«
    Jonas musste an die Mönche und Nonnen in den Klöstern denken. »Dürft ihr auch heiraten?«
    Lischka grinste. »Mich hätte man nicht mal mit zehn Schelpins in diese Höhle schleifen können, wenn das verboten wäre.«
    Jonas lachte, er konnte sich lebhaft vorstellen, wie der kräftige

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