Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
Jack Kennedy, sein Bruder Bobby, sein »anderes Ich«, Ted Sorensen, und Kenny O’Donnell noch eine Weile im Oval Office miteinander. Der Präsident brachte dabei auf den Punkt, was auch Jonas immer stärker empfand.
    »Die große Gefahr bei dem Ganzen ist eine falsche Beurteilung – ein Fehler im Kalkül.«
    Oder ein Irrtum, weil man nicht alles weiß, was man eigentlich wissen müsste, dachte Jonas und hoffte, dass so schnell keine neuen Hiobsbotschaften von Sabotageteams oder ähnlich riskanten Unternehmen auftauchten.
    Jonas wollte schon den Heimweg antreten, da rief Lischka das Bild Dobrynins in den Spiegel. Der Sowjetbotschafter betrat gerade sein Washingtoner Domizil, als ihm eine Nachricht von Generalleutnant Wladimir A. Dubovnik übergeben wurde. Dubovnik hatte früher schon auf die zahlreichen sowjetischen Schiffe hingewiesen, die Kurs auf Kuba hielten.
    Im Laufe des Tages hatte TASS nun gedroht, US-Schiffe, die sowjetische Schiffe angriffen, würden versenkt werden. Dubovnik empfahl in seiner Notiz an Dobrynin die Kapitäne der eigenen Schiffe anzuweisen der amerikanischen Blockade zu trotzen. Dobrynin schüttelte verständnislos den Kopf. »Er ist der Militär, nicht ich. Er weiß, was die Navy tun wird, nicht ich.«
     
     
    Als Darina am nächsten Morgen fragte, ob Jonas sie zu Syrda begleiten wolle, sagte er begeistert zu. Die zurückliegenden Tage hatten ihm mehr und mehr zugesetzt. Einerseits war es aufregend, die mächtigsten Männer der Welt bei ihrem Ringen um eine Lösung der Krise zu beobachten. Durch die Kristallfacetten war man imstande die Worte der handelnden Personen gewissermaßen von der Quelle ihres Entstehens zu schöpfen. So konnte Jonas selbst Menschen verstehen, die in Russisch, Spanisch oder einer anderen ihm fremden Sprache redeten. Andererseits offenbarten diese tiefen Einblicke auch persönliche Schwächen, die in ihm ein Gefühl der Hilflosigkeit hinterließen. Politiker und Militärs waren keine Übermenschen. Sie standen nicht wirklich über den Dingen. Auch sie waren nur ganz normale Erdenbürger, die Fehler machten. Sie lavierten durch eine Krise katastrophalen Ausmaßes und bemerkten nicht einmal, wie oft sie nur um Haaresbreite einem verhängnisvollen Fehltritt entgingen. Bei einem solchen »Ausrutscher« allerdings würden sie Millionen Unbeteiligter, Nichtgefragter in den Untergang mit hineinreißen. Diese unzähligen Kleinen hatten keine Wahl – auch nicht in den Vereinigten Staaten, dem »Land der unbegrenzten Möglichkeiten«.
    »Meinst du, sie kommen ohne uns zurecht?«, fragte Jonas, während er an Darinas Seite durch die Straßen von Laomar wanderte. Auf seiner Schulter lastete Kraarks Gewicht. Zu Darinas Linken ging Numin.
    »Natürlich werden sie das, Jonas. Du solltest für den Moment einmal etwas anderes tun, als unablässig in den Spiegel zu starren.«
    »Ich muss zugeben, auch mich hat das Ganze sehr verwirrt«, bemerkte Numin. Er warf bei diesen Worten die Arme in die Luft, so überschäumend wie eh und je. »All diese Menschen beobachten und dann im richtigen Augenblick den rechten Rat zu geben, ohne aus dem bereits bestehenden Problem ein noch viel größeres Unheil zu machen – irgendwie habe ich mir die Arbeit der Flüsterer einfacher vorgestellt.«
    »Wenn du in die Gemeinschaft eintrittst, wirst du dich wohl oder übel daran gewöhnen müssen«, konterte die Wissende.
    »Du bist hart, Darina.«
    Sie lächelte verschmitzt. »Hart, aber gerecht. Du wirst sehen, Numin, es ist gar nicht so schwer, wie du jetzt denkst.«
    Im Laufe des Gesprächs gingen Jonas und seine beiden Begleiter durch einige sehr außergewöhnliche Straßen. Jonas hatte bis zu diesem Tag nie viel Gelegenheit gehabt sich die Häuser der Farbenstadt in Ruhe anzusehen. Jetzt holte er dieses Versäumnis nach.
    Zu seinem Erstaunen gab es Gebäude, die vier oder sogar fünf Stockwerke hoch waren und dennoch nur aus Muschel- und Schneckengehäusen zu bestehen schienen. Die meisten Häuser von Laomar fielen jedoch eher niedrig aus und hatten in der Regel nicht mehr als ein bis zwei Etagen. Jonas entdeckte die verschiedensten Formen. Einige Gebäude sahen aus wie Schiffe, nur dass ihnen die Masten fehlten, andere hielten sich streng an geometrische Grundrisse. Da gab es Würfel, längliche Quader, Pyramiden, flache Zylinder. Und sogar eine Kugel!
    »Möchte mal wissen, wie man darin seine Möbel unterbringen soll«, murmelte Jonas im Vorbeigehen.
    Kraark stieß ein knarrendes Lachen aus.

Weitere Kostenlose Bücher