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Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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McCone berichtete dem Kriegsrat, gegenwärtig seien noch keine ernsthaften Reaktionen aus Kuba gemeldet worden. Weder dort noch sonst irgendwo auf der Welt sei das Militär in Alarmbereitschaft versetzt worden. Dennoch habe man beobachtet, dass die Russen nun ihre Raketenanlagen zu tarnen begännen. Niemand konnte sich erklären, warum sie das erst jetzt taten.
    Kennedy wollte trotzdem sichergehen und für jeden Fall gewappnet sein. Deshalb ordnete er vorbereitende Maßnahmen gegen eine mögliche Blockade Berlins durch die Sowjets an. Diese Vorsicht speiste sich aus der Vorgeschichte. Feklisow, der KGB-Chef in Washington, hatte einmal unmissverständlich mit sowjetischen Aktionen in Berlin gedroht. Dies war auch der Grund, weshalb Kennedy die Stadt im weit entfernten Deutschland namentlich erwähnt hatte, als er sich am vergangenen Abend an die Nation wandte. »Jedem feindseligen Vorgehen«, so hatte er ernst verkündet, »irgendwo in der Welt gegen die Sicherheit und die Freiheit von Völkern, für die wir Verpflichtungen eingegangen sind – einschließlich insbesondere der tapferen Bevölkerung Westberlins –, wird mit allen erforderlichen Maßnahmen begegnet werden.« Jack hoffte, dass Chruschtschow verstanden hatte, was er meinte.
    Als die Sitzung des Exekutivkomitees sich ihrem Ende näherte, wies Jack darauf hin, dass ein Angriff auf die russischen Militäranlagen auf Kuba leicht eine gleich geartete Reaktion gegen den Südosten der Vereinigten Staaten nach sich ziehen könne.
    Fidel Castro, der Moskitoführer, wie ihn Quitu scherzhaft genannt hatte, war einigermaßen erbost über die Verlautbarung der Vereinigten Staaten. Aber noch mehr ärgerten ihn die schleppenden Reaktionen aus Moskau. Nachmittags um fünf Uhr vierzig – Ximon, Lischka und Quitu waren inzwischen wieder zu den anderen gestoßen – kündigte er an, die kubanischen Truppen würden nun in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Ein Heer von zweihundertsiebzigtausend Mann werde zu den Waffen greifen, und dies sei erst der Beginn des kubanischen Widerstandes.
    Am Abend, ungefähr eine halbe Stunde nach acht, schwor Castro dann das kubanische Volk auf die bevorstehende Auseinandersetzung ein. Wofür Kennedy sich in seiner Fernsehansprache gerade siebzehn Minuten Zeit genommen hatte, dem widmete Castro ganze anderthalb Stunden. Danach stand fest, dass Kuba weder der Entsendung von UN-Inspektoren auf die Insel noch einer Entwaffnung zustimmen würde.
    Etwas früher am Abend, so etwa gegen sechs, hatte sich noch einmal das Exekutivkomitee im Weißen Haus getroffen. Gemeinsam freute man sich über den OAS-Beschluss. Die Organisation Amerikanischer Staaten hatte sich in seltener Einmütigkeit für die Quarantänepolitik entschieden. Sogleich wurde eine Regierungsnote ausgearbeitet, damit die Seeblockade am folgenden Morgen um zehn Uhr in Kraft treten konnte. Genau um sieben Uhr sechs setzte Kennedy in einer kleinen Zeremonie seine Unterschrift unter das Dokument mit dem offiziellen Titel Proclamation 3504.
    Im Laufe der abendlichen ExComm-Sitzung wurde auch an einem Antwortschreiben an Chruschtschow gearbeitet. Darin brachte Jack unmissverständlich zum Ausdruck, wie wichtig die Beachtung der Blockade sei. Andernfalls könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein amerikanisches Kriegsschiff das Feuer auf einen sowjetischen Frachter eröffnen müsse. Die abschließenden Worte in dem Schreiben ließen keinen Zweifel an der amerikanischen Entschlossenheit. »Es ist von größter Bedeutung, dass wir beide mit Besonnenheit handeln und alles unterlassen, was eine Bereinigung der Lage noch schwieriger als im jetzigen Moment schon gestalten würde.«
    Nach diesem Paukenschlag widmeten sich der Präsident und seine Berater wieder Detailfragen. Es war zwar verhältnismäßig leicht, eine Seeblockade zu verkünden, aber wie sollte man im Einzelnen reagieren, wenn sich tatsächlich ein verdächtiges Schiff der unsichtbaren Grenze näherte? Man konnte es ja wohl kaum sofort und ohne angemessene Vorwarnung versenken. Während man noch über diese und ähnliche Schwierigkeiten diskutierte, überbrachte John McCone eine neue alarmierende Nachricht: Mehrere russische U-Boote seien auf dem Weg in die Karibik entdeckt worden. Die Situation wurde immer unübersichtlicher. Wie konnte man nun die eigenen Flugzeugträger und andere Schiffe ausreichend schützen, ohne die Unterseeboote des Kontrahenten zu unbedachten Reaktionen zu reizen?
    Nach der Sitzung unterhielten sich

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