Das Echo der Flüsterer
davon hatte abhalten lassen, Darina zu begleiten.
Die Wissende führte ihre beiden Gefährten zum Palasteingang.
Es war schon spät in der Nacht und nur wenige Wachen standen vor der verschlossenen Tür. Jonas und Bergalf wiederholten ihren Kanthelm-Überrumpelungstrick und schon sanken die Wachposten in tiefe Bewusstlosigkeit.
Mit einem dicken Schlüsselbund in der Hand schlichen Bergalf, Jonas und Darina durch die riesigen Palastflure. Bald lenkte Bergalf mit einer Luftspiegelung eine Wache ab, damit die Eindringlinge an ihr vorbeischleichen konnten, dann wieder schickte Jonas alias Hauptmann Klimith zwei Bewaffnete in einen anderen Teil des Gebäudes.
»Hinter dieser Tür bewahrt Kanthelm den Spiegel auf«, sagte Darina, als sie den Eingang zum Thronsaal beinahe erreicht hatten. Die drei Gefährten standen im Schatten einer Nische, von der eine Tür in einen Nebenraum führte.
»Und wie entledigen wir uns diesmal der vier Wachen?«, erkundigte sich Jonas.
»Ich glaube, jetzt wird es Zeit, ein richtiges Feuerchen zu machen«, sagte Bergalf. »Wartet einen Moment.«
Der Fährtensucher verschwand hinter der Tür, die in das Nebenzimmer führte, und war wenige Augenblicke später wieder zurück.
»Lasst uns ein anderes Versteck suchen. Hier wird es gleich ungemütlich werden.«
Bergalf erschuf vor den Wachen des Palastsaals eine verblüffende Spiegelung. Die Soldaten glaubten weiterhin, in den langen hohen Flur zu blicken, in Wirklichkeit aber war dieses Bild nur eine Illusion. Hinter dem Trugbild schlichen sich drei geduckte Gestalten heran und verschwanden dicht vor den Posten in einer weiteren Nische. Die Luftspiegelung verschwand genauso unmerklich, wie sie entstanden war.
»Da hinten qualmt es«, sagte mit einem Mal einer der bewaffneten Männer.
»Wie das?«
»Weiß ich doch nicht. Schau doch mal nach.«
»Wieso denn ich? Du willst doch Rauch gesehen haben.«
Der Wachmann stieß einen unverständlichen Fluch aus und stapfte den Säulengang hinunter. Wenig später gellte seine Stimme durch den Flur.
»Feuer! Feuer!«
Die anderen drei Posten tauschten unschlüssige Blicke. Da quoll eine dicke schwarze Rauchwolke aus der Tür des brennenden Nebenzimmers.
»Feuer!«, brüllten nun auch die übrigen Wachen und rannten in verschiedene Richtungen davon.
»Gleich wird hier alles drunter und drüber gehen«, sagte Bergalf. Er sprach ungewöhnlich schnell. »Darina, bring uns zu dem Spiegel. Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
Darina nickte und lief voraus. Sie öffnete einen der schweren Türflügel, vor denen eben noch die vier Wächter gestanden hatten, und eilte dann nach rechts.
Im Amtssaal Kanthelms brannten nur zwei dickleibige Kerzen, die zu beiden Seiten des Obsidianthrons aufgestellt waren. Keldins Spiegel hing in seinem Gestell. In Form und Größe glich er den beiden anderen, die der sagenhafte Schmied geschaffen hatte.
»Er ist ja völlig unbewacht«, staunte Jonas.
Bergalf rüttelte an dem ovalen Goldrahmen, um ihn aus der Halterung zu befreien. »Du vergisst die vier Posten, die wir gerade zum Wasserholen geschickt haben«, sagte er mit verkniffenem Gesicht.
»Außerdem ist er für Kanthelm nichts mehr wert«, setzte
Darina hinzu, um sich dann ungeduldig an Bergalf zu wenden. »Was ist? Hängt er fest?«
»Ja, ich weiß auch nicht, wie man das Ding hier rausbekommt.«
»Warte!«, rief Jonas. Er griff in seine Jacke nach Keldins Dolch. »Wollen doch mal sehen, ob er auch was anderes als Kristall schneiden kann.« Er setzte das Stilett an die Halterung, unmittelbar neben den Goldrahmen, und drückte. Die Klinge drang durch das Metall wie durch warmes Wachs. Im Nu hatte Jonas den Spiegel aus seiner Verankerung gelöst.
»Jetzt aber nichts wie weg«, meinte Bergalf.
Jonas klemmte sich den Spiegel unter den Arm. Dann eilten die drei Freunde zur Tür zurück. Der Fährtensucher streckte seinen Kopf hinaus und zog ihn dann schnell wieder zurück.
»Das hat uns gerade noch gefehlt.«
»Was ist?«, fragte Jonas.
»Wir waren wohl zu langsam.«
Jonas lugte selbst durch den Türspalt. Weiter unten im Gang schlugen helle Flammenzungen aus dem Nebenzimmer. Zwanzig oder mehr Soldaten rannten schreiend durcheinander. Ein Hauptmann versuchte verzweifelt Ordnung in das Chaos zu bringen.
»Da durchzukommen dürfte schwierig sein«, stellte Jonas fest.
Bergalf nahm Darina bei den Schultern und blickte ihr fest in die Augen. »Gibt es noch einen anderen Ausgang?«
»Ich…« Sie stockte. Der
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